
Eine junge Frau mit einem strahlenden Lächeln ist das neue Gesicht des THW-Ortsvereins Haßfurt auf dessen Facebook-Seite. Patricia Will ist nicht nur eine sehr aktive THWlerin, sondern sie ist auch zusammen mit ihrem Bruder Frederic die vierte Generation der Familie Will im Technischen Hilfswerk. Eigentlich wollte das THW in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen mit einem großen Fest auf dem Marktplatz feiern. Dieses Fest musste verschoben werden, aber diese Redaktion unterhielt sich mit drei Generationen Will über das THW und ihre Motivation, sich dort zu engagieren.
Schon die vierte Generation ist beim THW
"Blaues Blut", THW-blau, das muss es wohl sein, vermutet Klaus Will. Der Opa von Patricia und Frederic war bereits die zweite Generation Will, als er 1962 ins THW eintrat. Sein Vater Nikolaus Will war bereits bei der Gründung des Ortsverbandes Haßfurt zwei Jahre zuvor dabei. Damals war das THW bundesweit zehn Jahre alt. Am 22. August 1950 wurde das Technische Hilfswerk in Bonn als ziviler Ordnungsdienst gegründet. Heute ist die Bundesanstalt eine weltweit tätige Hilfsorganisation. Damals war diese Organisation eine entscheidende Neuerung im Zivil- und Katastrophenschutz. Geblieben ist der Leitgedanke: sich ehrenamtlich für den Schutz der Bevölkerung zu engagieren.
Diesen Gedanken nahmen in Haßfurt beziehungsweise im Altlandkreis Haßfurt zunächst die Handwerksmeister auf. Kreisbaumeister Karl Fleischmann rief die Meister zusammen, um in der damaligen Schneiderei Mantel in der Zwerchmaingasse das THW in Haßfurt zu gründen. Nikolaus Will war als Baufachmann gleich dabei, den Sohn motivierte er dann auch zum Mitmachen.

Klaus Will erinnert sich gut an die Anfangszeit. Mit einfachsten Mitteln begannen die THWler mit der Ausbildung. Mit viel Erfindergeist und handwerklichem Geschick richtete man sich eine erste "Heimat" auf dem Gelände der Fabrik Mölter in der Bamberger Straße ein. Mit ein paar Leitern und Sägen ging es los, das nächste finanzielle Großprojekt war der erste Lkw.
Ende der Wehrpflicht war eine Herausforderung
Klaus Will ging nicht zum THW, weil das sein Vater so wollte, er engagierte sich gleich stark, übernahm binnen weniger Jahre das Amt des Gruppenführers, um dann zum Zugführer aufzusteigen. An vorderster Stelle war er aktiv, bis er 1982 als "Althelfer" in die zweite Reihe zurücktrat.

Regelmäßig Zulauf hatte das THW über Jahrzehnte, weil es möglich war, hier zehn Jahre Ersatzdienst zu leisten anstelle des Wehrdienstes. Viele Helfer blieben auch über diese zehn Jahre hinaus. Als die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, waren viele THWler skeptisch, ob sich die Situation nicht rasant verschlechtern würde. Nachwuchsarbeit und die Öffentlichkeitswirkung des THW bekamen einen neuen Stellenwert – und die gewachsenen Strukturen, denn wer als Kind oder Jugendlicher in einer THW-Familie aufgewachsen ist, geht meist auch später dazu. Weil das THW eine große Familie ist, auf Geselligkeit, gemeinsame Grillabende oder Ausflüge schon immer großer Wert lag.
Und man hat gemeinsam angepackt, denn nach Mölter schuf sich der Ortsverband eine neue Unterkunft beim Schützenverein – und schließlich konnte die bis heute bestehende Unterkunft an der Augsfelder Straße errichtet werden. "Das hätten wir uns in den 60-er Jahren nicht träumen lassen, sagt Klaus Will, der mittlerweile auch seinen Sohn Nico motiviert hatte, sich mit seinen Fähigkeiten als Maurer und Kfz-Meister im THW einzubringen, zumal er zuvor schon beim Katastrophenschutz am Landratsamt tätig war. 30 Jahre Dienst unter anderem als Bergeräum-Geräteführer hat er mittlerweile hinter sich.
Beim THW die Energien gebündelt
"Und der Funke ist noch weiter übergesprungen – und wie!" freuen sich Klaus und Nico, denn "Frederic und Patricia können bald ihre Betten in der Unterkunft aufschlagen". Wie kam es dazu? "Die Mama ist schuld, weil der Sohn genervt hat", sagt Frederic. "Der hat dringend ein Hobby gebraucht", grinst Patricia. Beim THW konnte er seine Energie und sein technisches Interesse sinnvoll einsetzen und so traten die Geschwister 2011 im Alter von elf und 13 Jahren in die Jugend-Ausbildung beim THW ein. Heute ist Frederic Truppführer der Fachgruppe "Räumen", kommt also immer zum Einsatz, wenn schweres Gerät gefordert ist. Wie seine Schwester ist er Atemschutzgeräteträger. Er fährt alles, was beim THW Räder hat, auch den Teleskop-Lader – und der Schreiner hat ein Faible für Renovierungen, Umbauten, Reparaturen, die natürlich rund um die Unterkunft ständig anfallen.
Die "Schlumpfine" unter den Männern
Patricia war anfangs das einzige Mädchen in der Jugend, hat sich selbst gerne "Schlumpfine" genannt. Als sie mit 14 Jugendsprecherin wurde, war ihr Weg quasi vorgezeichnet. Ihre Freizeit als Schülerin hat sie ab 16 gerne eingebracht, um die erwachsenen Jugendbetreuer zu unterstützen. Zeltlager hat sie mit organisiert und die nötigen Ausbildungen absolviert, heute leitet sie die Jugendarbeit und zwar auch durch die Grundausbildung, bis die jungen Helfer in den Erwachsenen-Dienst integriert werden. Das bedeutet, dass Patricia schon mal drei feste Abende pro Woche an der Augsfelder Straße verbringt. Daneben macht sie ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin, ist Übungsleiterin, tanzt, ihr Bruder gibt Schwimmkurse und nicht zuletzt hat die Familie Will mehrere Pferde, die versorgt werden müssen.

Die Aufgaben des THW sind mit den Jahren deutlich gewachsen – auch durch die engere Zusammenarbeit mit den Feuerwehren – und zuletzt durch Corona. Während Klaus und Nico Will früher hauptsächlich mit Hochwassereinsätzen beschäftigt waren, für echte Katastrophen zwar vorbereitet waren, "aber verschont blieben", gab es in den letzten Jahren einige richtig große Einsätze, erst zuletzt einige große Brände. 14 Stunden dauerte beispielsweise der THW-Einsatz beim Brand bei Koppitz in Knetzgau.
Eine ganz andere "Feuerprobe" hat Patricia in den letzten Monaten im Rahmen der Corona-Pandemie bestanden, denn das THW koordinierte die Verteilung von Material, das von Bund und Land den Kreisen zugewiesen wurde. Anfangs kamen die Lieferungen gerne mal morgens um 2.00 Uhr. Das THW erstellte Listen und organisierte Fahrtrouten zu Arztpraxen, Krankenhäusern und Altenheimen. Zeitweise waren drei Fahrzeuge im Einsatz, die in 2600 freiwilligen Stunden 3000 Kilometer durch den Landkreis fuhren.

Patricia wurde von ihrer Schule großzügig freigestellt, während andere Helfer beim Arbeitgeber irgendwann an Grenzen stießen – also hat sie die Möglichkeiten der Freistellung maximal genutzt, ist Routen gefahren, beim Aufbau und Umzug der Teststation geholfen, das Materiallager für die Schutzausstattung mit errichtet.
Die Zahl der Helferstunden wird vierstellig
Die über 1000 Helferstunden vom letzten Jahr werden die Geschwister Will sicherlich heuer wieder erreichen – aber sie strahlen beide, denn Herausforderungen sind da, um gemeistert zu werden. Das ist offenbar ihr Lebensmotto. Gerne würden sie nächstes Jahr das THW-Jubiläum nachholen und auf dem Marktplatz einer breiten Bevölkerung zeigen, wie das Technische Hilfswerk heute arbeitet und hilft.
