„Tracht ist nicht nur ein Gewand, sondern das Tragen wird mit Stolz und Ehre verbunden“, betonte Renate Ortloff, die Kulturbeauftragte des Landkreises Haßberge. Mit Stolz und Ehre haben 44 Models im Innenhof von Schloss Oberschwappach ihre maßgeschneiderten Haßberge-Trachten präsentiert.
Seit eineinhalb Jahren läuft das Projekt „Gemeinsamkeit vollenden – Neue Haßberge-Tracht“, das nun erfolgreich zum Abschluss gebracht wurde: Höhepunkt war die Modenschau am Freitagnachmittag im Beisein von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung vor der Kulisse des Schlossinnenhofes.
„Wenn man uns anschaut, so Frau für Frau, egal ob rot, grün, gelb oder blau, es sind alle Trachten, jede für sich gelungen, einfach ein Gedicht“. So brachte es Gerlinde Wagner aus Eschenau, eine der „Haßberg-Tracht-Models“ in ihrem Gedicht auf den Punkt, in dem sie sich im Namen aller Beteiligter bedankte. Jedes Gewand ist einzigartig und beeindruckte bei der Trachtenschau mit seiner persönlichen Note.
Die Grundlage des Projekts war es, von historischer Kleidung aus den drei Altlandkreisen Haßfurt, Hofheim und Ebern, Merkmale herauszuarbeiten, diese in einer Kleidung zu vereinen und eine zeitgemäße, tragbare Tracht daraus zu gestalten, erläuterte Renate Ortloff. Für die Kulturreferentin steht der Begriff Tracht für Bekenntnis zu einer Gemeinschaft, Identifikation mit seiner Herkunft und Ausdruck der Liebe zu einer bestimmten Region. Kurz auf den Nenner gebracht: „Textile Wurzeln in einer globalen Welt“.
Den „Trägerstolz“ kennt Ortloff aus ihrer Heimat Rhön. Dafür, dass es diesen Stolz auch in den Haßbergen gibt, hat sie beharrlich gearbeitet: Erst recherchierte sie ausführlich, dann folgte die Designarbeit und die Begutachtung durch Fachleute. Viererlei kennzeichnet nun die Haßberge-Tracht: Die Bluse ist hoch geschlossen, mit Stehkragen oder halsnahem Ausschnitt, der Arm wird nicht geknöpft, sondern gebunden. Der Rock ist gestiftelt und mit einem Kittelblech versehen. Die Schürze ist schmal gehalten, wird seitlich geknöpft und hat einen Volant. Das Mieder ist eng und glatt. Als besondere Ausschmückung wird der Rautenkranz aus dem Landkreiswappen auf das Mieder gestickt. Zudem sollten die Landkreisfarben rot, grün, schwarz und gelb die vorherrschenden Farben bei dieser Tracht sein.
Zwei Modelle hat die Haßberge Tracht: Die Festtags- und die Werktagstracht. Diese unterscheiden sich in Stoff und Ausführung. Bei der Festtagstracht sind Rock und Mieder einzeln. Das Mieder ist aus Seide, der Rock aus Wolle, die Schürze aus Seide, die Bluse aus Bio-Baumwolle. Bei der Werktagstracht sind Mieder und Rock als Kleid zusammengenäht. Die Machart ist wesentlich schlichter gehalten, wie Renate Ortloff den Gästen erklärte. Als Stoffe wurde Leinen und Baumwolle verwendet.
Nach all den Planungen und Ausarbeitungen habe man mit Hilfe des Bauernverbandes und der Presse die Werbetrommel gerührt und 44 Frauen aus dem gesamten Landkreis für das Projekt begeistern können. Es gab vier Gruppen für die Nähkurse: In Untersteinbach, Untermerzbach und zwei in Haßfurt. Am Freitag war es dann endlich so weit: Die Trachten wurden präsentiert, die Damen hatten ihren persönlichen Fanclub mitgebracht und wurden mit kräftigem Applaus belohnt. Als sie zum finalen Ende auf der Bühne standen, flogen ihnen allesamt die Herzen der begeisterten Gäste zu.
Es schien nicht immer die Sonne über dem Projekt, wie sie es am Freitagnachmittag tat. Auf dem Weg zu einer neuen Tracht galt es, Hürden zu bewältigen, wie Renate Ortloff erläuterte. Da das Projekt von Leader gefördert wurde, musste man Bedingungen erfüllen: Die Teilnehmerinnen sollten ihre Tracht unter Anleitung einer fachkundigen Schneiderin selbst nähen. Es galt, die Vorgaben zu berücksichtigen, so durften nur bestimmte Stoffe, Farben und Schnitte verwendet werden.
Die gesteckten Ziele, wie eine Identifikation mit der Region zu schaffen, das bürgerschaftliche Engagement stärken oder eine generationenübergreifende Zusammenarbeit zu vollenden, habe man erfüllt, stellte Renate Ortloff stolz fest. Dies konnte Leaderkoordinator Wolfgang Fuchs in seinen Grußworten bestätigen. Leader, ein EU-Förderprogramm, stand an erster Stelle. Finanzielle Zuwendung gab es zudem seitens der Kulturstiftung des Bezirkes Unterfranken und der Stiftung der Sparkasse Ostunterfranken, denen Landrat Wilhelm Schneider besonders dankte.
Schneider dankte auch Anita Wozniak für das ansprechende Design, Anna Ernst für die professionelle Anleitung der Nähkurse, Manuela Müller als Fachfrau vor Ort in Untermerzbach und Christa Lampert. Ihr war es zu verdanken, dass die Werktagstracht noch vor dem offiziellen Startschuss vorgestellt werden konnte.
Für die vier Nähkurse wurden übrigens 142 Nähstunden abgehalten. Im Durchschnitt arbeitete jede Teilnehmerin 30 Nähstunden unter Anleitung und 20 Stunden zu Hause. Den größten Teil dieser Zeit hatte das Sticken des Rautenkranzes auf dem Mieder in Anspruch genommen.