Selten ging es bei einer Veranstaltung im Umweltbildungszentrum in Oberschleichach (UBIZ) heißer zu als bei diesem Seminar zum Thema „Terra Preta“. Klimaschützern und Gartenfreunde ist dieser Stoff gleichermaßen ein Begriff und so kamen über 30 Interessierte zu diesem Seminar ins UBiZ.
Zwar war das Wetter nicht gerade freundlich, aber immerhin regnete es nicht und das war wichtig, da man ja als Höhepunkt der Veranstaltung ein Feuer entzünden wollte. Soweit nichts Ungewöhnliches, aber bei diesem Feuer mit einer Temperatur von etwa 700° C waren das Wärmen der klammen Finger und die Zubereitung köstlicher Bio-Bratwürste nur netter Nebeneffekt. Der eigentliche Zweck waren die „Hinterlassenschaften“ des Feuers – die zurückbleibende Holz- oder Bio-Kohle. Um nämlich möglichst viel dieser außerordentlich segensreichen Substanz zu erhalten, wurde ein spezielles Behältnis verwendet - ein sogenannter „KON TIKI“.
Der eine oder andere Teilnehmer grübelte, als er den schwarz bedruckten Metallzylinder im Hof stehen sah. Hieß so nicht dieses weltberühmte Floß, mit dem der Norweger Thor Heyerdahl vor vielen Jahren über den Pazifik gesegelt ist? Der Referent, Sitki Kurhan aus Fürth, bestätigte diese Vermutung dann auch, erläuterte jedoch ebenfalls, dass KON TIKI die Bezeichnung der Polynesier für ihren „Schöpfer-Gott“ ist und sich aus den Worten für Sonne und Feuer ableitet. Und damit war der Zusammenhang mit dem Titel der Veranstaltung hergestellt: „Terra Preta – Supererde für Garten und Klima“.
Von Menschenhand gemacht
Die Pflanzen holen mit Hilfe des Sonnenlichts Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre und bauen den Kohlenstoff in ihre Blätter, Stängel und Stämme ein. Bei einer gezielten Verbrennung von kohlenstoffhaltiger Biomasse – der Fachmann spricht hier von Pyrolyse – bleibt der Kohlenstoff als Bio-Kohle zurück. Und diese Bio-Kohle bildet nicht nur den wichtigsten Inhaltsstoff, sondern liefert auch die Farbe für die „Terra Preta“. Terra Preta ist portugiesisch und heißt nichts anderes als „schwarze Erde“. Die „Terra Preta do Indio“ ist eine Entdeckung der 90-er Jahre, auch von deutschen Wissenschaftlern, die im Amazonas-Urwald Bereiche außerordentlich fruchtbarer Flächen mit bis zu zwei Meter mächtigen tiefschwarzen Bodenschichten gefunden haben. Dies ist ungewöhnlich, da der Urwaldboden unter der Laubschicht aufgrund der extrem hohen Niederschläge normalerweise vollkommen ausgewaschen und unfruchtbar ist. Zunächst vermutet als natürliches Phänomen, stellte sich im Laufe genauerer Untersuchungen heraus, dass diese Böden von Menschen gemacht sind. Das Geheimnis und der Garant dafür, dass diese Fruchtbarkeit über Jahrhunderte und sogar Jahrtausende erhalten blieb, ist die offensichtlich gezielt eingebrachte Bio-Kohle.
Offenbar baut sich Terra Preta – anders als normaler Kompost – im Boden nicht ab, kann durch die poröse Struktur hervorragend Nährstoffe und Wasser speichern und bietet den kleinsten Lebewesen im Boden einen tollen Lebensraum.
Forschung hat Interesse
Um nun auch in unserer Zeit die Erkenntnisse der Indianerkulturen aus dem Amazonasbecken zu nutzen, gibt es mittlerweile eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern und Laien, die sich der Terra-Preta-Forschung und Anwendung verschrieben haben. Dabei ist mittlerweile klar, dass die Bio-Kohle tatsächlich der Schlüssel ist und in einer gewissen Konzentration in den Boden eingebracht werden muss. Das „Rezept“ für ein modernes Terra-Preta-Substrat besteht dabei aus etwa zehn Volumenprozent Bio-Kohle, einem Nährstofflieferanten, wie Mist oder Gülle – je nach Verfügbarkeit – zum „Aufladen“ der Kohle sowie Grünschnitt, Kompost und holziges Material als Nährstoffergänzung und für die Struktur. Alles intensiv vermischt, ergibt dann nach einigen Monaten ein fruchtbares dunkles Erdsubstrat als Basis für gesundes Pflanzenwachstum und außerordentlich hohe Erträge.
Einige Teilnehmer der Veranstaltung, die schon erste Erfahrungen mit gekaufter oder selbst hergestellter „Terra Preta“ gesammelt hatten, konnten diese Wirkungen eindrucksvoll bestätigen „Die Zucchini-Pflanzen waren noch nie so groß und ertragreich wie auf Terra Preta“ lautete ein Kommentar – dabei genügen oft ein paar Handvoll ins Pflanzloch, um solche Effekte zu erzielen, besonders auffällig bei stark zehrenden Pflanzen. Gleichzeitig bleiben die Pflanzen durch die optimale Nährstoff-und Wasserversorgung gesund und bieten Schädlingen kaum Angriffsmöglichkeiten.
Durch die vielen angeregten Gespräche und Diskussionen kam die praktische Seite des Aufsetzens einer Terra-Preta-Kompostmiete leider etwas kurz – wurde jedoch zumindest theoretisch erklärt und wird vom UBiZ-Team nachgeholt, sodass es im nächsten Jahr im UBiZ-Garten in bislang unbekannter Fruchtbarkeit wachsen und gedeihen soll.
Beitrag zum Klimaschutz
Ebenfalls noch weiter vertieft werden soll der zweite Teil des Veranstaltungsthemas – der Klimaschutz durch Bio-Kohle. Diese bietet nach Meinung einiger prominenter Vertreter – darunter der frühere MdB Hans-Josef Fell – eine, wenn nicht die einzige praktikable Möglichkeit, den Klimawandel nicht nur aufzuhalten, sondern vielleicht sogar wieder ein Stück weit zurückzudrehen. Kann man doch der Atmosphäre auf dem Weg über das Pflanzenwachstum und dann die Einbringung der Pflanzenkohle in die Böden große Mengen CO2 entziehen und gleichzeitig die Böden fruchtbarer und weniger anfällig gegen Wetterextreme machen und so zur Verbesserung der Welternährung beitragen.
Dass die Bio-Kohle-Herstellung nicht durch Abholzen von Wald geschehen darf, wie einer der Teilnehmer befürchtete und auch nur völlig unbelastetes Material verwendet werden darf, verstand sich für den Referenten und alle Zuhörer von selbst.