Not macht erfinderisch. Kein Job. Kein Geld. Aber eine geniale Idee. Um ihre Geldsorgen los zu werden und die Schließung ihres Lebensmittelladens zu verhindern, bieten Maria, Waltraud und Lena mit einer Sex-Hotline ihre Dienste am Telefon an.
Mit dem Theaterstück „Eine ganz heiße Nummer“ hat die Hofheimer Theatergruppe „TheatrHOH“ eine außergewöhnliche Inszenierung auf die Bühne gebracht. Die Theatercrew um Regisseurin Annette Dornberger wagte sich an ein Werk, das Kinobesucher bereits von der Leinwand kennen. Die Theaterfassung der Komödie von Autorin Andrea Sixt bietet auf der Bühne herrlich komische Szenen und drei wunderbare Frauenrollen.
Konkurrenz vom Discounter
Seit der Schließung der Glashütte „Mariental“ ist es wirtschaftlich um die kleine Dorfgemeinde schlecht bestellt. Auch der Tante-Emma-Laden von Waltraud und Maria steht kurz vor dem Aus. Zusammen mit der jungen Verkäuferin Lena warten die beiden Ladeninhaberinnen oft vergeblich auf Kundschaft. Die zieht es eher zum Discounter in die nahe gelegene Stadt. Zu allem Übel kündigt die Bank den Geschäftskredit mit einer Frist von vier Wochen.
Ein falsch verbundener Herr mit einem obszönen Anliegen bringt die Damen auf die rettende Idee: Auf Flugblättern werben „Maja“, „Sarah“ und „Lolita“ mit dem Slogan „Liebesgeflüster aus der Heimat“ für ihre Telefonsex-Hotline. Dass die drei experimentierfreudigen Damen damit im streng katholischen Mariental einen handfesten Skandal heraufbeschwören, liegt auf der Hand.
Gekonnt bringen die Hofheimer eine Mischung aus ernsten und humorvollen Szenen auf die Bühne. Dank ausgezeichneter schauspielerischer Leistungen meistern die Akteure den permanenten Wechsel zwischen amüsanten und anrührenden Dialogen mit Bravour.
Glanzleistung in den Hauptrollen
Allen voran liefern die perfekt besetzten Hauptdarstellerinnen Glanzleistungen ab: Kathrin Schüll überzeugt als besonnene Ladenbesitzerin Marie mit einem großen Herzen, die ihren Optimismus auch in Notlagen nicht verliert. Geradeheraus, mit einer gehörigen Portion trockenem Humor, macht Alexandra Neumeier als Waltraud die Angst davor spürbar, die Arbeit zu verlieren und die Hypothek für das Haus nicht mehr zahlen zu können. Herrlich naiv gewinnt Melanie Saal in der Rolle der Auszubildenden Lena die Sympathien des Publikums. Ob ratlos und verzweifelt, ob bei zaghaften ersten erotischen Übungsversuchen oder professionell stöhnend – das Dreiergespann sorgt immer wieder für beeindruckende und urkomische Szenen.
So etwa mit der Yogastunde. Gemeinsames Atmen schadet auch dem Publikum nicht. Begeistert stimmen alle mit einem kräftigen „Om“ in die „allumfassende Vibration des Universums“ ein. Zum Brüllen komisch ist auch die Putzorgie, die von den drei Damen – mittlerweile bereits geübt und abgebrüht – auf der Bühne veranstaltet wird. Ausgestattet mit Headsets, säuseln und stöhnen sie was das Zeug hält, während sie mit Gummihandschuhen, Putzeimern und Wischlappen dem Dreck zu Leibe rücken.
Kein Halten gibt es mehr, als ein Herr am Telefon den ausgefallenen Wunsch nach einer Henne äußert. Mitten hinein ins ausgelassene Gackern platzt die Bürgermeistersgattin. Die Erklärung „Chicken-Yoga“ scheint der ohnehin misstrauischen Gerti suspekt und sie setzt alles daran, hinter die Ursache für den plötzlichen Geldsegen der drei Frauen zu kommen. Ulrike Betz – ein Urgestein des Bundorfer Faschings – passte perfekt in die Rolle der intriganten und scheinheiligen Sauberfrau. Sie ist mit dem frommen Pfarrer Grandl, gespielt von Johannes Schmied, im Kampf gegen die Sünde im Bunde.
Sex-Hotline als Kummerkasten
Axel Neumeier beeindruckt als gebrochener Mann, für den mit dem Verlust des Arbeitsplatzes eine Welt zusammenbricht. Wandlungsfähig zeigt sich Axel Klimach der in einer Doppelrolle zugleich den altersschwachen Vater von Maria und den Banker Stefan Sonnleitner spielt. Dieser ist häufiger Nutzer von „Majas“ Telefonleitung, die sich hier immer mehr zum Kummertelefon wandelt.
Schauspieler Daniel Burger hatte es an diesem Abend vielen Zuschauern ganz besonders angetan. Sie waren bereits mit Fähnchen, Fotos und Plakaten, auf denen der ehemalige Star der Theatergruppe „Wässernachstadl“ abgebildet war, angereist. Seine ehemaligen Mitspieler und weitere Fans der Truppe bejubelten die Auftritte des „Fremdspielers“. Dem entkam bei solch unverhohlener Begeisterung in der Rolle des verständnisvollen Willi Strobl immer wieder das ein oder andere Lächeln. Einen kurzen, aber optisch umso beeindruckenderen Auftritt, hatte Neueinsteigerin Sabrina Buchinger als Verkäuferin in einem Erotikladen.
Blick für Details
Mit einem guten Blick für Details studierte Regisseurin und Souffleuse Annette Dorn mit den Darstellern ein in sich stimmiges, vergnügliches und hintersinniges, modernes Heimatstück ein. Schenkelklopfhumor und Verwechslungsturbulenzen sind in dieser Komödie ebensowenig zu finden, wie einfältige Bauern, schlaue Mägde oder keifende Hausdrachen. Zugegeben, die Sprache ist bisweilen derb und für die meisten Ohren ungewohnt. Aber das liegt nun mal in der Natur der Sache.
Die häufigen Szenen- und Ortswechsel haben die Hofheimer findig gelöst. Kurz das Licht aus, Kirchenbank oder Sessel auf die Bühne geschoben, und auf eine weiße Fläche eine Straße oder ein Kirchenfenster projiziert. Für Technik und Bühnenbau zeichneten Benjamin Stahl, Vorsitzender des „TheatrHOH“, und sein Team verantwortlich. Reichlich Szenenapplaus und begeisterter Beifall am Ende des Stückes belohnten den Wagemut und die Leistung der Truppe.
Wer das aktuelle Theaterstück noch sehen will, hat Glück: Es gibt eine Zusatzvorstellung am Samstag, 24. November, um 19.30 Uhr in der Sporthalle in Bundorf.