
Jeder kennt das Ende der Geschichte von David und Goliath: Der schwache Kleine besiegt den starken Großen. Doch in diesem Fall wird David alias Johannes Wicht gegen Goliath alias T-Systems wohl unterliegen. Denn nach einem längeren bundesweit geltenden Transformationsprozess gibt es für die Telekom-Tochter kein Zurück mehr: Der Standort an der Bamberger Gutenbergstraße 13 wird zum 31. Dezember 2021 geschlossen.
Das will Johannes Wicht, Ortsvorsitzender der Kommunikationsgewerkschaft DPV (Deutscher Post Verband), nicht einfach so hinnehmen: „Es geht um Menschen und um Menschlichkeit“, sagt er im Blick darauf, dass von der Standortschließung 102 Beschäftigte betroffen sind. Außerdem „gehen damit hochqualifizierte Arbeitsplätze für Bamberg für immer ersatzlos verloren“, beklagt Wicht.
Brandbriefe an hochrangige Politiker verschickt
Er hat Brandbriefe an den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, an Oberbürgermeister Andreas Starke, an Bundestags- und Landtagsabgeordnete, sogar an Erzbischof Ludwig Schick geschrieben. In einer konzertierten Aktion aller Adressaten soll der tödliche „Steinwurf gegen die Stirn“ noch verhindert werden.
„Ich sehe angesichts der aktuellen Beschlusslage zur Standortschließung realistischerweise nur geringe Chancen“, bedauert dagegen Stefan Goller, Wirtschaftsreferent der Stadt Bamberg. Diese habe mit der Geschäftsführung der T-Systems International GmbH in den vergangenen Jahren bereits mehrfach Kontakt aufgenommen, um einen drohenden Stellenabbau in Bamberg zu verhindern, so Goller. Und „auch jetzt werden wir uns für den Standort Bamberg nochmals intensiv einsetzen“, verspricht der Wirtschaftsreferent. Denn die Schließung sei für den Wirtschaftsstandort Bamberg „ein herber Verlust“.
Zudem bedeute es für die betroffenen rund 100 IT-Spezialisten, dass sie künftig nach Nürnberg oder in Telearbeit von ihren Wohnorten aus für die T-Systems in Nürnberg arbeiten werden, fährt Stefan Goller fort. Es sei bedauerlich, dass die T-Systems nicht die „hervorragenden Rahmenbedingungen am Standort mit 16 IT-Lehrstühlen an der Uni Bamberg, dem Digitalen Gründerzentrum und dem begonnenen Smart City Projekt nutzt“. Der Wirtschaftsreferent bleibt dennoch nüchtern: Man müsse einfach feststellen, dass „wir auf kommunaler Ebene selbst bei optimalen Rahmenbedingungen leider nur sehr begrenzte Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Standortentscheidungen großer Konzerne haben.“
Gewerkschaftler Wicht spricht von „knallharter Sanierung zulasten der Angestellten“. Von Kündigung sei in Bamberg zwar niemand bedroht, wohl aber von einer Änderungskündigung: „Wer nicht fliegen will, muss das mitmachen!“
"Reiner Kostengedanke steht im Vordergrund"
Einer der Betroffenen, der wohl oder übel mitmachen will, ist Thomas Rübensaal. Der 50-jährige IT-Fachmann ist verheiratet, hat zwei Kinder. Er kann einem Telearbeitsplatz sogar etwas Positives abgewinnen, da er mit seiner Familie in Lichtenfels wohnt und sich den sonst künftig notwendigen 100 Kilometer langen Weg nach Nürnberg sparen kann. „Ich bin jetzt in der Corona-Zeit auch im Homeoffice“, führt Rübensaal eine gewisse Einübung in geänderte Arbeitsbedingungen an.
Gleichwohl sei es „schade, dass der Standort Bamberg nach 20 Jahren zugemacht wird“, so Thomas Rübensaal. Er gehe davon aus, dass der „reine Kostengedanke bei meinem Arbeitgeber im Vordergrund steht“, da zum Beispiel die hohen Mietkosten für die Immobilie an der Gutenbergstraße nicht mehr getragen werden sollen. Erbost ist der Mann über die Informationspolitik der Telekom-Tochter T-Systems. Denn von der Standortschließung hätten er und seine Kollegen lediglich durch das Intranet erfahren. Allerdings habe sich eine Neuorganisation von T-Systems schon länger abgezeichnet.