Die Gesellschaft braucht Menschen, die sich in den sozialen Berufen für andere einsetzen – Menschen, die mit dem Herzen dabei sind. Mit dem Theaterstück „Herzwerker“ wollen die Wallburg-Realschüler aus Eltmann junge Menschen für einen sozialen Beruf begeistern. Die Aufführung von acht Jugendlichen zusammen mit vier Fachleuten aus der Praxis war das Ergebnis eines mehrtägigen Projekts, das die Bedeutung sozialer Berufe mittels Theater darstellen will. Mit großer Begeisterung nahm das Publikum diese „unterhaltsame Berufsberatung“ oder auch diesen neuen Weg intelligenter Berufsberatung auf.
Hintergrund dieser Kampagne der Bayerischen Staatsregierung ist die Tatsache, dass in einer älter werdenden Gesellschaft die Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die „Herzwerker-Kampagne“ soll helfen, das Image des Altenpflegeberufs zu verbessern und die Ausbildungszahlen zu steigern. Aktuell sind rund 7600 Jugendliche in der Ausbildung – ein Drittel mehr als im Jahr 2010. Die Bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml führt diesen Anstieg auf dieses Theaterprojekt der weiterführenden Schulen zurück, das inzwischen auf weitere soziale Berufe ausgedehnt wurde.
Seit 2011 haben 400 Jugendliche im Alter zwischen 14 bis 16 Jahren an einer solchen Aufführung mitgewirkt. Unter den Zuschauern waren 25 000 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 17 Jahren.
Alljährlich erarbeitet Theaterpädagoge Jean-Francois Drozak an einer Schule eines jeden Regierungsbezirkes ein solches Theaterprojekt, das schließlich vor der gesamten Schule aufgeführt wird. In diesem Jahr wurde die „Wallburg-Realschule Eltmann“ als einzige in Unterfranken ausgewählt. Sie nahm die sozialen Einrichtungen aus der Umgebung mit der Altenpflege (Seniorenhaus St. Stephanus, Senivita Eltmann), der Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfe St. Josef, Eltmann), der Kindertagesbetreuung (Kindergarten St. Johannes Stettfeld) und die Behindertenhilfe (Rummelsberger Diakonie, Ebelsbach) mit ins Boot. Deren Vertreter und Mitarbeiter ließen ihre Erfahrungen mit einfließen und so bekamen die Schüler authentisch viele Informationen.
Tipps vom Theaterprofi
In einem Auswahlverfahren, das die Pädagogen Amrie und Hanns-Karl Zwinscher leiteten, mussten sich die Schüler für eine Rolle im Theaterstück bewerben. Die Umsetzung des Themas in ein Theaterstück gelang mithilfe des Theaterpädagogen Drozak. Der Profi machte den Schülern deutlich, dass es sich bei diesem Projekt nicht um Hollywood-Geschichten handelt, sondern dass es vielmehr wahre Geschichten aus Einrichtungen an der Grenze zwischen Ober- und Unterfranken sind.
Auch der „Countdown“ mit dem musikalischen Einspieler wurde nicht dem Zufall überlassen, bis der Theaterpädagoge die Zuschauer auf das Stück einstimmte. Dann gaben die Mitarbeiter aus den verschiedenen Einrichtungen einen Einblick in ihren Berufsalltag und widersprachen dabei so manchem Klischee. Auf der Bühne stand ein roter Talkshow-Sessel, dazu fünf große Zinktonnen, die immer wieder verschieden angeordnet wurden – mehr brauchte es nicht für das Bühnenbild. Auf dem Sessel nahm als erste Steffi Berninger Platz. Die Leiterin des Kindergartens St. Johannes in Stettfeld ist Fachwirtin für das Erziehungswesen und hat zehn Mitarbeiter unter sich, was Moderator Drozak mit der Verwaltung einer Kleinstadt verglich.
Als ausgebildete Kauffrau hatte sie sich für diese Ausbildung trotz einer nochmaligen fünfjährigen Ausbildung entschieden.
„Es wird behauptet, bei euch geht es nur ums Kaffeetrinken und Urlaub“, konterte Erzieherin Berninger doch „bei 25 Kindern in der Gruppe ist immer was los. Es gibt viel zu tun und es bleibt wenig Zeit für einen selbst“. Aber auch die Genugtuung über die Arbeit mit Kindern kam zum Ausdruck. „Wir können viel bieten und die Kinder auch körperlich auspowern. Sie lernen viel durch Spiel und Erleben“, sagte die Pädagogin. „Ich kann meine Fähigkeiten einbringen und Talente erkennen, weiß nicht, was mich früh erwartet, aber kann mir abends auch sicher sein, was ich Gutes getan habe.“
Ganz anders verläuft die Szene mit dem dementen „älteren Herrn Schmitt“, der mit seinem Rollator aus dem Altenheim und über die Bundesstraße läuft. Das Publikum erfährt, demente Menschen leben in ihrer eigenen Welt und glauben, alles richtig zu machen. Das ist keine Erkrankung, sondern ein Lebenszustand.
Christine Göbhardt von Senivita Eltmann ist gelernte Kinderkrankenschwester, wechselte dann aber in die Erwachsenen- und weiter in die Altenpflege, „weil hier die Verweildauer und Arbeit mit dem Patienten nicht nur acht bis zehn Tage dauert, wo man keine Verbindung zum Patienten bekommt.“ In der Tages- und Altenpflege beträgt das Zeitfenster dagegen einige Jahre. In der praktischen Arbeit sei man weitgehend souverän, trage damit aber auch viel Verantwortung.
Einblicke in den Berufsalltag
Peter Rödelmeier von der Kinder- und Jugendhilfe St. Josef in Eltmann zeigte auf, wie vielseitig der Beruf eines Erziehers sein kann von der Alltagsbegleitung über Hausaufgaben bis hin zu Freizeitaktivitäten. In seiner Einrichtung sind Kinder und Jugendliche, die wegen häuslicher Gewalt oder Suchtproblemen nicht in der eigenen Familie wohnen können. „Wenn man jeden Tag kleine Erfolge und Fortschritte sieht“, dann hat man auch Freude in seinem Beruf, meinte Peter Rödelmaier.
Als Heilerziehungspflegerin arbeitet Hanna Rode in der „Rummelsberger Diakonie“ und begleitet Menschen mit Behinderung. „Was würde passieren, wenn ich so einem Menschen 500 Euro geben und ihn ein paar Tage allein lassen würde?“, lautete die an sie gestellte Frage. Hanna Rode sah dieses Experiment in Chaos und Verwahrlosung enden.
So erlebten die Zuschauer hautnah Szenen aus den verschiedenen Einrichtungen. Schüler und Eltern hatten anschließend Gelegenheit, sich mit den Vertretern der beteiligten sozialen Einrichtungen auszutauschen.