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Bamberg
Synodaler Weg: Was Bamberger Delegierte von der Versammlung berichten
Weihbischof Herwig Gössl ist skeptisch unterwegs auf dem Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Weihbischof Herwig Gössl ist skeptisch unterwegs auf dem Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland.
Bearbeitet von Marion Krüger-Hundrup
 |  aktualisiert: 24.09.2022 02:36 Uhr

Die Einberufung des Prozesses "Synodaler Weg" geschah vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche. Notwendige Reformschritte sollen erarbeitet werden, die die Zukunft der Kirche in Abstimmung mit Rom sichern. Bischöfe, Ordensleute und Laien sind nun seit zweieinhalb Jahren auf diesem Weg. Und der wäre bei der vierten Vollversammlung mit insgesamt 209 Delegierten jetzt im September in Frankfurt fast gescheitert. Und zwar an der Abstimmung über den Grundlagentext des Forums IV zur Sexualmoral ("Leben in gelingenden Beziehungen – Grundlinien einer erneuerten Sexualethik"). Die notwendige Zweidrittelmehrheit der Bischöfe kam nicht zustande, das Papier fiel durch. Am Ende fehlten drei Stimmen auf bischöflicher Seite.

"Nach diesem Schock war die Stimmungslage bis zum Ende sehr geladen", blickt der Bamberger Weihbischof Herwig Gössl auf die Synodalversammlung zurück. Wie der Riss durch die Bischofskonferenz wieder gekittet werden könne, wisse er nicht, räumt der Weihbischof ein. Demnach votierten 18 der 27 Diözesanbischöfe – zwei waren nicht anwesend –  bei sämtlichen Texten mit Ja, während vier Oberhirten immer entweder mit Nein stimmten oder sich enthielten.

Weihbischof Gössl: "Aussagen, die ich nicht mittragen kann"

Freimütig bekennt Gössl, dass er den Grundlagentext zur Sexualmoral mit Nein abgelehnt hat: "Ich bin mir treu geblieben. Es gibt in dem Grundlagentext zur Sexualethik Aussagen, die ich nicht mittragen kann wie zum Beispiel die Tendenz, die Bipolarität der Geschlechter aufzuheben." Der gesamte Duktus des Textes widerstrebe ihm: "Am Ende gibt es keine moralische Regeln mehr, es läuft auf Beliebigkeit hinaus", so Gössl. Er habe im Vorfeld der Texterarbeitung versucht, seine Sicht besser einzubringen: "Das ist mir nicht gelungen", bedauert der Weihbischof, der dem Synodalen Weg ohnehin skeptisch gegenüber steht: "Von Anfang an wurden Erwartungen geweckt, die nur zu Enttäuschungen führen können." Er erlebe bei den Versammlungen "einen großen Druck, dass etwas passieren muss, damit die Kirche nicht untergeht. Das alles ist nicht vom guten Geist beseelt", bilanziert Weihbischof Gössl.

Er sieht den Begriff Synodalität falsch verstanden: "Wir müssen noch viel lernen", betont Gössl. Synodalität bedeute eigentlich einen Weg des gemeinsamen Hörens auf das, was der Herr will im Lichte des Evangeliums und angestoßen von den Fragen dieser Zeit. Von dieser Gemeinsamkeit könne keine Rede sei, es herrsche eine "Kampfesstimmung". Und wer Texte ablehne, dem werde unterstellt, dass er für Missbrauch sei: "Das ist unsäglich!"

Dekan Uttenreuther zählt sich zu den "Realos"

Mit Ja stimmte Weihbischof Gössl beim Text "Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität": Das Dokument wurde per Zustimmung von 92 Prozent aller Delegierten und 83 Prozent der Bischöfe angenommen. In Enthaltung übte sich Gössl beim Grundtext "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche". Über Frauen im geistlichen Amt könne diskutiert werden, meinte er, doch diese Frage richte sich an die Weltkirche und müsse wohl von einem Konzil entschieden werden. 92 Prozent aller Delegierten und knapp 82 Prozent der Bischöfe nahmen den Frauentext an.

Bei der Abstimmung über den Text "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" enthielt sich der Weihbischof ebenfalls, während über 95 Prozent der Delegierten und mehr als 93 Prozent der Bischöfe diesen Text annahmen. Beschlossen wurde von 93 Prozent der Mitglieder der Synodalversammlung und 88 Prozent der Bischöfe die Errichtung eines Ausschusses, der den Synodalen Rat für die katholische Kirche in Deutschland vorbereiten soll.

Unter den Synodalen in Frankfurt war auch der Hallstadter Pfarrer und Bamberger Dekan Christoph Uttenreuther. Er ist der vom Priesterrat des Erzbistums Bamberg gewählte Vertreter im Synodalen Weg. Und zwar nicht als einer aus der Fraktion "alles oder nichts", wie er sagt. Er habe sich ohne Illusionen auf den synodalen Weg gemacht: "Ich zähle mich zu den Realos und nicht zu den Idealos", lacht er.

Pfarrer hofft auf Spielräume für Frauen im Erzbistum

Im Gegensatz zu Weihbischof Gössl votierte Uttenreuther bei allen vorgelegten Texten mit Ja: "Wir sind nicht als Moralapostel gefragt, die Kirche hat ihre Autorität gerade auf dem Feld der Sexualmoral bei uns längst verspielt", erklärt der Pfarrer nüchtern. Er stellt das Frankfurter Abstimmungsergebnis zu diesem Themenkomplex als "beachtlichen Teilerfolg" dar. Denn "fast 62 Prozent der Bischöfe haben zugestimmt". Es sei offensichtlich, so Uttenreuther, dass die Katechismusmoral zur Sexualität von den Bischöfen nicht mehr mitgetragen werden. Wie auch der Ausschluss von Frauen von wichtigen Ämtern keine Akzeptanz mehr findet. "Das sind Signale an die Weltkirche und an die Öffentlichkeit", meint Pfarrer Uttenreuther.

Er erwarte jetzt im Erzbistum Bamberg die Änderung des Dienstrechtes oder die Eröffnung von Spielräumen für Frauen in der Kirche: "Es braucht keine Weihe für Predigt, Taufe, Eheassistenz", plädiert der Priester für diakonale Dienste, die Frauen schon jetzt übernehmen könnten.

Uttenreuther weiß sich in einem Punkt mit Weihbischof Gössl einig: Dem Synodalen Weg hätten konkretere Fragen und kleinere Ziele gut getan: "Wir brauchen kein deutsches Kompendium, Hintergrundpapiere hätten genügt." Allerdings weiß der Pfarrer auch, dass "wir uns abschaffen, wenn sich nicht etwas ändert". Im fehle etwa eine "schonungslose Bestandsaufnahme der Gründe für den eklatanten Priestermangel".

Große Aufmerksamkeit für Facebook-Eintrag des Erzbischofs

Wie geht es nun nach den Beschlüssen von Frankfurt im Erzbistum Bamberg weiter? Noch sieht Weihbischof Gössl "keine praktischen Auswirkungen auf die Erzdiözese". Wenngleich gerade der Grundlagentext zur Sexualethik trotz seiner Ablehnung "existiert und nicht öffentlich verbrannt wird". Es werde mit diesem Text weitergearbeitet, blickt Gössl voraus. Auch in dieser Hinsicht sehe er sich keineswegs "in Opposition zum Erzbischof", der zwar wegen unaufschiebbarer Arzttermine nicht in Frankfurt dabei war, der aber mit einem Facebook-Eintrag "aus gegebenem Anlass" große Aufmerksamkeit erlangte.

Erzbischof Ludwig Schick hieß darin im Erzbistum Bamberg "alle Menschen unabhängig von ihrer Nationalität, sexuellen Orientierung, politischen Einstellung, Konfession und Religion" willkommen. In seinem Text stehen Sätze wie: "Wir segnen alle Menschen." Oder: "Wir streben die volle Gleichberechtigung von Frau und Mann an." Oder: "Was an Missbrauch geschehen ist, wollen wir aufarbeiten, den Betroffenen und Opfern soll Gerechtigkeit widerfahren."

Erzbischof Schick schrieb auch: "Wir wollen miteinander Gott suchen und finden." Ob diese Suche auf dem Synodalen Weg erfolgreich sein kann, ließ er offen.

Erzbischof Ludwig Schick
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Erzbischof Ludwig Schick
 
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