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Haßfurt
Susanne Kastner: Olaf Scholz wird ein Kanzler wie Helmut Schmidt
Die Grande Dame der Sozialdemokratie im Landkreis Haßberge kennt den künftigen Bundeskanzler sehr gut. Wie sie ihn einschätzt, erzählt die Maroldsweisacherin im Interview.
Die ehemalige Bundestags-Vizepräsidentin Susanne Kastner aus Maroldsweisach kennt Olaf Scholz seit vielen Jahren und traut ihm zu, ein 'herausragender Kanzler' zu werden.
Foto: Michael Kappeler, dpa | Die ehemalige Bundestags-Vizepräsidentin Susanne Kastner aus Maroldsweisach kennt Olaf Scholz seit vielen Jahren und traut ihm zu, ein "herausragender Kanzler" zu werden.
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 09.12.2021 02:20 Uhr

Der Sozialdemokrat Olaf Scholz soll in wenigen Tagen neuer Bundeskanzler in Deutschland werden. Wir haben Susanne Kastner in Maroldsweisach gefragt, was sie von dem künftigen Regierungschef hält. Kastner kennt Olaf Scholz aus ihrer Zeit als Bundestagsabgeordnete, als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags und als Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. Sie konnte Scholz vor 13 Jahren als Bundesminister für Arbeit und Soziales schon einmal im Landkreis Haßberge willkommen heißen. Der künftige Bundeskanzler trug sich damals auch ins Goldene Buch der Stadt Eltmann ein.

Frage: Nächste Woche soll Olaf Scholz zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt werden. Vor 18 Jahren berichteten die Medien, Sie hätten den damaligen Generalsekretär Scholz gerügt, er wisse nicht, "was in der Partei los ist" und kriege "nichts auf die Reihe". Hat er inzwischen dazugelernt? Kann er Kanzler?

Susanne Kastner: Ja, ich habe das gesagt, in meiner direkten fränkischen Art. Das waren damals andere Zeiten, und ja, Olaf hat viel dazugelernt in der verflossenen Zeit. Ich habe ja mit ihm zusammengearbeitet auch im Geschäftsführenden Vorstand als Parlamentarische Geschäftsführerin. Da habe ich schon gemerkt, dass er zu Höherem berufen ist. Ja, er kann Kanzler.

Olaf Scholz wird Kanzler nach einer Ära Merkel, deren Politik das Land 16 Jahre geprägt hat. Scholz war Merkels Finanzminister und Vizekanzler. Wie viel Merkel wird im künftigen Kanzler Scholz stecken? Worin unterscheidet er sich grundlegend von seiner Vorgängerin?

Kastner: Olaf ist ein ganz anderer Typ als Frau Merkel. Er ist Hanseat und orientiert sich an Helmut Schmidt, der auch lange Jahre unterschätzt wurde. Heute gilt er als der herausragende Kanzler der Bundesrepublik. Ich denke, das wird bei Olaf genauso werden. Er entscheidet zielstrebig.

Was lässt Sie optimistisch auf eine beginnende Kanzlerschaft von Olaf Scholz blicken? Was macht ihn aus? Wo liegen seine Stärken, wo kann er noch besser werden?

Kastner: Wie ich schon gesagt habe, er ist zielstrebig, zuverlässig, linientreu, humorvoll - auch wenn er es nicht so rauslässt. Besser werden könnte er in der Kommunikation.

Welche Charaktereigenschaften schätzen Sie an Olaf Scholz besonders?

Kastner: Wie bereits gesagt, schätze ich besonders seine Zuverlässigkeit. Wenn er zusagt, dann kommt er auch. Verschwiegenheit, das haben die Koalitionsverhandlungen bewiesen. Verhandlungsgeschick. Fleiß.

Vor 13 Jahren war der künftige Bundeskanzler Olaf Scholz (3. von links, neben MdB Sabine Dittmar) als damaliger Bundesminister für Arbeit und Soziales auf Einladung von Susanne Kastner (rechts) im Landkreis Haßberge zu Besuch. 
Foto: Manfred Wagner | Vor 13 Jahren war der künftige Bundeskanzler Olaf Scholz (3. von links, neben MdB Sabine Dittmar) als damaliger Bundesminister für Arbeit und Soziales auf Einladung von Susanne Kastner (rechts) im Landkreis Haßberge ...
Der Start der neuen Regierung ist geprägt von der Corona-Pandemie. Die Zeit drängt. Wird die Scholz-Regierung das Problem bald in den Griff kriegen? In dem Zusammenhang: Sehen Sie eine Chance für eine Gesundheitsministerin Sabine Dittmar?

Kastner: Wenn die Scholz-Regierung im Amt ist, dann wird sie mit Sicherheit das Richtige tun, um die Pandemie in den Griff zu bekommen und das Hin und Her von Aussagen - siehe Spahn - beenden. Klare Linie, klare Kante, keine Versprechungen, die dann widerrufen werden. Und ja - Sabine Dittmar könnte Gesundheitsministerin, aber Sie wissen, dass dies von vielen Faktoren abhängt. Frau - Mann, Ost – West, Landesgruppen und so weiter... 

"Ich könnte mir vorstellen, Olaf mal wieder in den Landkreis zu bringen."
Susanne Kastner, Bundestags-Vizepräsidentin a.D.
Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die "Ampel" – also das Kabinett Scholz – vier Jahre hält? Sie haben in Ihrer eigenen Partei erlebt, wie schwer es sein kann, unterschiedliche Strömungen unter einen Hut zu bekommen. Die Gegensätze zwischen Grünen und Gelben, zwischen linkem Flügel der SPD und der FDP sind enorm. Kann das auf Dauer gutgehen?

Kastner: Ich glaube ganz fest daran, dass die Regierung vier Jahre hält. Das ist im Sinne von Olaf Scholz, der genau weiß, dass ein Zerbrechen der Regierung ein fatales Signal in die Bevölkerung hinein senden und die Politikverdrossenheit weiter anheizen würde. Das wissen im übrigen auch die Grünen und die FDP.

Können Sie sich vorstellen, den Kanzler Scholz einmal zu einem Besuch in den Landkreis Haßberge "locken" zu können - quasi auf den Spuren des ehemaligen SPD-Bundesvorsitzenden und Vizekanzler Franz Müntefering, der im Sommer in Maroldsweisach weilte?

Kastner: Ja, ich könnte mir vorstellen, Olaf mal wieder in den Landkreis zu bringen. Das wird aber noch dauern. Und alleine kann ich da wenig ausrichten, da müssen alle politisch Beteiligten mit an einem Strang ziehen - SPD, FDP und Grüne. Ich kenne von meiner Zeit im Bundestag auch den neuen Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt sehr gut. Das ist ein guter Ansprechpartner.

 
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