Na Rudi Eck wird es gerne gelesen haben. Haßfurt ist Spitze in Unterfranken. Die neueste Studie der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt hat es bestätigt. Der Einzelhandel in der Kreisstadt besitzt mit Abstand die höchste Attraktivität als Einkaufsstadt, zumindest was das Umland angeht. Der Einzelhandel in Haßfurt wird pro Einwohner in diesem Jahr einen Umsatz von rund 15 000 Euro machen. Da jeder Haßfurter aber eigentlich, rein statistisch, nur rund 5000 Euro für den Einzelhandel ausgeben kann, das nennt sich Kaufkraft, bedeuten diese 15 000 Euro Umsatz, dass die Haßfurter Einzelhändler zwei Drittel ihrer Geschäfte mit Nichthaßfurtern machen, sprich mit Kunden, die von außerhalb der Kreisstadt in das Mittelzentrum kommen.
Natürlich sind die reinen Umsatzzahlen in den Oberzentren Schweinfurt und Würzburg deutlich höher, aber in diesen Städten leben ja auch deutlich mehr Menschen. Diese Metropolen locken natürlich auch viele Menschen aus ihrem Umland in ihre Einzelhandelsgeschäfte. Aber sie erreichen höchstens das doppelte der Kaufkraft ihrer Einwohner an Umsatz, Haßfurt das Dreifache.
„Das liegt neben der zentralen Versorgungsfunktion Haßfurts als einzige größere Stadt im Landkreis Haßberge auch am großflächigen Einzelhandel am östlichen Stadtrand“, erklärt ein Fachmann der IHK diese Entwicklung. Das wiederum regt zum Nachdenken an. Kürzlich wurde bekannt, dass im neuen Gewerbepark in der Godelstatt zwei Geschäfte abgesprungen sind, die ursprünglich vorgesehen waren. Wir erinnern uns. Hier sollten ursprünglich ein Textilgeschäft, ein Schuhanbieter, ein Tierfutterhandel, ein Sportgeschäft sowie ein Laden für Haus- und Wohnungsausstattung angesiedelt werden. Der Haßfurter Stadtrat verweigerte zunächst dem Gewerbepark seine Zustimmung, deshalb verzögerte sich der Bau. Erst nachdem Bürgermeister Eck dank eines Kniffs, die Geschäfte nicht einzeln, sondern en bloc zur Abstimmung zu stellen, doch noch grünes Licht im Ratsgremium angeknipst hatte, konnte der Investor loslegen.
Dabei ist nicht uninteressant, dass offensichtlich Absprachen unter den einzelnen Firmen herrschen. So kommt der Schuhhändler nicht, wenn nicht dieser bestimmte Textiler sich ansiedelt und so weiter und so fort. Umso mehr verwundert, dass nun zwei aus diesem Quintett kalte Füße bekommen haben. Der Ausbau des Bamberger Ertl-Zentrums und das allgemeine Kaufverhalten mit zunehmenden Umsätzen im Internethandel werden als Ausflüchte genannt, die den Rückzug rechtfertigen sollen.
Zurück zur IHK-Studie. Hinsichtlich der Einzelhandelszentralität liegen die Oberzentren Würzburg (183 Punkte) und Schweinfurt (208 Punkte) signifikant über dem Bundesschnitt (100 Punkte). Deutlich zu erkennen sind ihre Stadt-Umland-Verflechtungen. So weist der Landkreis Würzburg nur eine Einzelhandelszentralität von 56,5 Punkten auf. Der Landkreis Schweinfurt kommt auf 64,8 Punkte. Der weiter von den Oberzentren entfernte Landkreis Rhön-Grabfeld hingegen kommt auf 102,6 Zähler.
Hier wird deutlich, so die Studie, welchen Einfluss großflächige und konzentrierte Einzelhandelsflächen auf die Käuferströme haben. „Diese sorgen mit ihren kurzen Wegen und gebündelten Marketingaktionen für hohe Umsatzzahlen und folglich auch für eine hohe Einzelhandelszentralität“, so der IHK-Experte. Es werde daher die große Herausforderung der nächsten Jahre sein, eine Abwanderung der Kaufkraft in die nahegelegenen Metropolregionen oder in das Internet durch eine weitere Bündelung der Angebote zu verhindern, dabei aber gleichzeitig die adäquate Versorgung der ländlichen Regionen sicherzustellen.
Deshalb kommt der vollständigen Bestückung des Haßfurter Gewerbeparks besondere Bedeutung zu. Sie muss das Angebot komplettieren, um die Versorgungsfunktion von Haßfurt als Mittelzentrum zu garantieren. Andererseits muss die Entscheidung der beiden Firmen, die sich nicht mehr ansiedeln wollen, verblüffen, bei den Zahlen, die von der IHK für Haßfurt gewonnen wurden. Wolfgang Sandler