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MAROLDSWEISACH
Störenfried der Sicherheit Europas
Helmut Kistner
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:54 Uhr

Ein sicherheitspolitisches Seminar führte der Reservistenverband der Kreisgruppe Schweinfurt-Haßberge am Samstag in der Gastwirtschaft Hartleb in Maroldsweisach durch. Dazu kamen etwa 40 Teilnehmer.

Referenten war der Oberst im Ruhestand Herbert Danzer, der als Rüstungskontroll-Offizier der Bundeswehr und als Attaché an der Generalstabs-Akademie in Moskau von 1996 bis 1998 tätig war. In seinem Vortrag mit dem Thema „Aspekte der sicherheitspolitischen Lage in Europa“ befasste er sich mit den Themen Abrüstung und Sicherheitspolitik.

Gestörtes Vertrauen

Russland sei geografisch gesehen ein Teil Europas und habe als wesentlicher Akteur große Macht, weil es in alle europäischen Strukturen eingebunden sei, obwohl die Führung des Landes immer wieder das Gegenteil behaupte. Im Westen werde das Land zunehmend als Störenfried angesehen. Das Vertrauen und die Kooperation zwischen dem Westen und Moskau seien nachhaltig gestört. Sicherheitsmechanismen und Dialogstrukturen, die selbst im Kalten Krieg funktionierten, griffen nicht mehr. Beide Seiten hätten unterschiedliche Sichtweisen und wiesen sich gegenseitig die Schuld für die gegenwärtige Lage zu. Begleitet werde die Auseinandersetzung von Propaganda und falschen Nachrichten in nie gekanntem Ausmaß.

In politischen Diskussionen werde oft der Umgang des Westens mit Russland kritisiert. Danzer ging der Frage nach, welche Anteile an der Vertrauenskrise beide Seiten haben und ob es Möglichkeiten der Zusammenarbeit gibt.

Danach berichtete er über seine eigenen Erfahrungen. Zum Schluss seines umfangreichen Vortrages ging Danzer auf den Ukrainekonflikt als „Prüfstein der europäischen Sicherheits-Architektur“ ein. Er bezeichnete diesen Konflikt als die „größte sicherheitspolitische Herausforderung in Europa seit dem 2. Weltkrieg“, auch wenn dies in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen werde. Dabei gehe es nicht um einen innerukrainischen Konflikt und bloße „Schießerei“, wie es der ehemalige Bayerische Ministerpräsident Seehofer einmal bezeichnet habe. Vielmehr gehe es um einen unerklärten Krieg mit dem Ziel, der Ukraine den Weg in westliche Strukturen zu verweigern und im Einflussbereich Russlands zu halten.

Der Ukrainekonflikt bedeute einen „Zentralangriff“ auf die europäische Sicherheitsarchitektur. Es handle sich dabei um einen „unglaublichen Tabubruch“ von Seiten Russlands und „die erste illegale Landnahme nach dem 2. Weltkrieg in Europa“. Russland sei als Veto-Macht im Weltsicherheitsrat „Wiederholungstäter“. Auch heute noch seien wesentliche Gebiete von Russland völkerrechtswidrig besetzt.

„Quasi-Anerkennung“

Vermehrt schlügen auch Politiker in Deutschland die „Quasi-Anerkennung“ der Realitäten hinsichtlich der Krim-Annexion vor. Diese Sichtweise sei aber grundsätzlich falsch, sagte Danzer. Vielmehr müsse es das Ziel der westlichen Staaten sein, den früheren „Status quo“ in der Ukraine und auf der Krim wieder herzustellen und dafür zu sorgen, dass sowohl die Kreml-Führung in Moskau, als auch die Separatisten in der Ukraine zur Verantwortung gezogen werden.

Alle vermeintlichen westlichen Fehler könnten niemals Putins mehrfachen schweren Bruch des Völkerrechts rechtfertigen, hob Oberst Danzer hervor.

In der anschließenden Diskussion verwies Oberstleutnant Bertram darauf, dass die Ukraine nicht mehr Mitglied der GUS-Staaten sei und durch den Ausbau der russischen Schwarzmeer-Flotte auf der Halbinsel Krim besonders stark bedroht werde. Er plädierte dafür, Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Der frühere General Baumgärtner sprach sich dagegen dafür aus, mehr Realpolitik zu betreiben und die Zusammenarbeit mit Russland zu forcieren. Diese Meinung blieb jedoch nicht unwidersprochen.

 
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