zurück
KREIS HASSBERGE
Stimmen zum ESC-Vorentscheid: Von Euphorie spricht keiner
Musiker aus dem Landkreis Haßberge haben die Wahl von Michael Schulte zum deutschen Vertreter mit gemischten Gefühlen beobachtet. Etliche hatten andere Bewerber favorisiert. Wo liegen jetzt die Chancen?
Deutscher ESC-Vorentscheid 2018       -  _
Foto: Jörg Carstensen (dpa-Pool)
bra
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:56 Uhr

In den zurückliegenden Jahren lagen die Vertreter Deutschlands beim Eurovision Song Contest (ESC) stets im Schlussfeld der Teilnehmer. Nach diesen Enttäuschungen wurde in diesem Jahr das Auswahlsystem verändert, um einen Sieger nach Lissabon zu schicken. Einige Musiker aus dem Haßbergkreis haben den Vorentscheid am Donnerstag im Fernsehen verfolgt und uns ihre Ansicht darüber verraten.

David Büttner (23) aus Gemeinfeld macht seit seinem fünften Lebensjahr Musik. Er spielt Klavier, Trompete und E-Bass. Der Vollblutmusiker ist mit den Leuzendorfer Musikanten (Partyblaskapelle) und mit Late Night (Classic-Rock-Band) unterwegs und arbeitet nebenbei in der Veranstaltungstechnik-Branche. Er sagt zum ESC-Vorentscheid: „Mein grundsätzlicher Eindruck der sechs Interpreten ist ein wenig enttäuschend. Es ist nach meiner Sicht nicht die Stimme dabei, welche mich aus den Socken haut. Was aber leider noch schlimmer ist, ist dass der Songstil, das Genre zum Stimmcharakter bei den meisten schlecht gewählt worden ist.

Zwei Drittel der Lieder sind langsame Balladen oder eben getragene Pop-Songs, bis auf das Lied von Voxxclub, welches mehr Tempo, den Partyfaktor und Voxxmusik-Faktor hat. Ich denke jedoch, dass dieser Song sich auch international nicht durchsetzen kann beziehungsweise die breite Masse des Publikums nicht anspricht. Es fehlt einfach das Tempo, das entscheidende Stückchen Power.

Letztendlich aber nützt es nichts – einer muss nach Lissabon. Nun wissen wir, wer hingeht: Michael Schulte mit seinem Lied ,You Let me walk alone‘. Schöner Song, schöne Ballade. Besser als die anderen. Aus meiner Sicht ist es dennoch fraglich, ob das reicht, um sich im Wettbewerb durchzusetzen. Sicherlich geht es auch um Performance. Aber gerade da fand ich meinen Favoriten nicht bei Schulte, sondern bei Xavier Darcy mit seinem Song ,Jonah‘. Bei ihm ist eine mitreißende Rhythmik da, eine eingängige Melodie, eine unverwechselbare Stimme vorhanden. Da passt die Stimme zum Songstil und Genre und mit seinem Aussehen und seiner Performance, mit der Liebe zur Musik einfach total gut zusammen. Er wäre meine Wahl aus einer sehr schwierigen und bedürftigen Auswahl gewesen.“

Toni Urbanski aus Hofheim ist 24 Jahre alt und hat an der Berufsfachschule für Musik „Music College“ in Regensburg Schlagzeug studiert. Er sagt: „Ich habe zum ersten Mal seit ein paar Jahren wieder eine ESC-Sendung gesehen und stehe der deutschen ,Industrie-Popmusik‘ eher kritisch gegenüber. Deshalb hatten die Beiträge von Ivy Quainoo, Natia Todua und Voxxclub für mich keinen authentischen musikalischen Mehrwert. Die Performances von Michael Schulte, Ryk und Xavier Darcy haben mich stimmlich und persönlich überzeugt – auch ohne ein brennendes ,Haus vom Nikolaus‘. Ich denke, im internationalen Vergleich kann sich Michael Schulte durchaus sehen lassen, aber er wird den einen oder anderen Ed-Sheeran-Vergleich über sich ergehen lassen müssen. Ob es für eine Top-Platzierung reicht, ist dennoch aus meiner Sicht schwer zu sagen, auch wenn ich es ihm persönlich wünsche.“

Für Marco Feustel, Vorsitzender der Rock Haßfurt e. V. und knapp über 40 Jahre alt, ist der Wahlvorgang und der Ablauf mit drei Teilbereichen gut durchdacht. Dies sieht er an der gerechten Punkteverteilung. „Meine Favoriten für den ESC sind zum einen der Voxxclub, da die Band durch gute Stimmung und deutschen Liedtext überzeugt hat. Zum anderen den Sänger Michael Schulte, der seiner Performance eine Hintergrundgeschichte verliehen hat. Durch seine ehrliche und überzeugende Art hat er den Verlust seines Vaters in einem Lied authentisch mit Gefühl gesungen. Bei beiden Künstlern waren sehr viel Gefühl und Spaß an der Musik dabei. Die Wahl von Michael Schulte für den ESC sehe ich als die große Chance, mal nicht Letzter oder Vorletzter zu werden, sondern im vorderen Drittel dabei zu sein.“

Arno Stretz vom Duo Stretz aus Hofheim spielt Gitarre und schaut den ESC seit Jahren mit großem Interesse. Er erklärt: „Meist liege ich mit meinem Tipp ziemlich daneben! Insgesamt war ich von den gesanglichen Leistungen diesmal angenehm überrascht und angetan. Meine Favoriten beim Verfolgen des Vorentscheides waren Xavier Darcy und Ryk, die es ja auf Platz zwei beziehungsweise drei gebracht haben. Michael Schultes Lied war sehr stark gesungen, hat mich aber von den musikalischen, kompositorischen Ideen nicht überzeugt. Meiner Meinung nach wird es das Lied nicht unter die ersten zehn schaffen, aber wie gesagt: Meist liege ich mit meinem Tipp beim ESC daneben. Er hat eben seine eigenen Gesetze.“

Der Leiter des Musikbahnhofs Gädheim, Armin Schuler, hat den Vorentscheid ebenfalls verfolgt. Seine Gedanken: „Es war eine vielfältige Auswahl von Charakteren auf der Bühne zu hören und zu sehen. Die Show war für mich sehr gelungen, zog sich am Ende jedoch sehr in die Länge. Es ist sehr schwierig, aus so unterschiedlichen Künstlern den für mich besten Künstler zu benennen.

Aufgrund der Live Performance waren intonatorische und rhythmische Schwierigkeiten bei einzelnen Künstlern zu erkennen. Es war gut zu sehen, welche Interpreten sich auf der Bühne wohlfühlen und schon mehr Erfahrung hatten. Für mich persönlich gab es drei Favoriten: Voxxclub – sehr gute Performance, gute Laune, viel Bewegung, authentisch, weitgehend deutscher Text; Ivy Quainoo – ausdrucksstark und kraftvoll gesungen; Michael Schulte – authentisch, herzergreifend, persönlicher Text, eingängige Melodie. Alle drei hätten aus meiner Sicht verdient den Vorentscheid gewinnen können. Ein Blick hinter die Kulissen fände ich interessant, um zu erfahren, nach welchen Kriterien die Teilnehmer für den Vorentscheid ausgewählt wurden.“

Peter Detsch aus Gädheim, Kreisvorsitzender des Nordbayerischen Musikbunds, schaut schon etliche Jahre den ESC. Sein Statement zum Vorentscheid: „Leider macht es wenig Spaß, wenn dann am Ende vergleichbare europäische Schlager wesentlich mehr Punkte bekommen als unser Beitrag. Schlimm ist es, wenn wir musikalisch gute Titel haben und der Sieger nur auffällig ist. Mit dem Vorentscheid bin ich nicht ganz glücklich, denn mir ist die Nummer etwas zu ruhig. Bei der Startnummer eins, Natia Todua, hat mir der Refrain gut gefallen, der Rest nicht so. Mein Favorit wäre Nummer fünf oder Nummer drei gewesen, denn da war mehr Schwung dahinter. Ivy Quainoo oder auch Voxxclub hätte ich bessere Platzierungen zugetraut. Unserem Titel mit Michael Schulte wünsche ich viel Erfolg und auch Glück, denn das ist manchmal wichtiger als alles andere.“

Erich Wolf aus Kleinsteinach, der bis 2000 bei der Haßfurter Band Tramps Bass gespielt hat: „Für mich wäre Xavier Darcy der Sieger des Vorentscheids gewesen. Er hat sich wenigstens selbst auf der Gitarre begleitet. Die zweitbeste Interpretin war meiner Meinung nach Natia Todua. Ivy Quainoo habe ich auf dem dritten Platz gesehen. Meiner Frau Margitta hat aber Ryk am besten gefallen. Dass Michael Schulte das Rennen gemacht hat, ist für uns beide ok. Allerdings bezweifle ich, dass er sich gegen die starke Konkurrenz durchsetzen kann. Es wird spannend.“

Deutscher ESC-Vorentscheid 2018       -  _
Foto: Jörg Carstensen (dpa-Pool)
Deutscher ESC-Vorentscheid       -  _
Foto: Jörg Carstensen (dpa-Pool)
GERMANY-MUSISC-EUROVISION       -  _
Foto: JORG CARSTENSEN (POOL)
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haßfurt
Kleinsteinach
Gädheim
Hofheim
Burgpreppach
Emotion und Gefühl
Erich Wolf
Ivy Quainoo
Michael Schulte
Vertreter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • J. W.
    Warum erhält ein überregionales Thema im Lokalteil eine ganze Seite. Es wäre sinnvoller auf die Gegebenheiten im Landkreis einzugehen und diese nicht nur auf zwei bis drei Seiten zu reduzieren. Die einzige sinnvolle Lösung ist, dass Am zu kündigen wenn das so weitergeht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten