Dem Naturprodukt Sandstein kam in der Vergangenheit zentrale Bedeutung in der Region Haßberge und nördlicher Steigerwald zu. Über seine Bedeutung referierte Bauingenieur Reinhard Kulick aus Bodenheim bei Mainz im Gemeindezentrum Breitbrunn.
„Wie kommt einer aus Mainz auf die komische Idee, sich um die Geschichte des Sandsteins im Ebelsbachtal Gedanken zu machen?“ fragte Kulick, der bis zu seiner Pensionierung Professor an der Fachhochschule Mainz war. Er hatte sich bei Bürgermeisterin Gertrud Bühl angeboten, diesen Vortrag zu halten. Etwa 50 Personen hatten Platz genommen, unter ihnen auch Heimatforscher Heinrich Weisel aus Zeil, sowie ehemalige Beschäftigte des einst traditionsreichen Unternehmens Vetter.
Kulick gestand, dass er eine „gewisse Affinität zu Steinen“ unter anderem durch seine aus Eltmann stammende Ehefrau habe und sich hobbymäßig seit etwa drei Jahren mit der Thematik befasse. Die Mitarbeit im Arbeitskreis „Erlebniswelt Fränkischer Sandstein“ sei Teil dessen. Was Kulick vortrug beinhaltet neben eigenen Recherchen auch Aussagen von Weisel, Graser und Roland Mayer aus Ebelsbach. Zu einigen Punkten, wie etwa der Lage oder Größe von einstigen Werkplätzen der früheren Steinunternehmen, bat er die Zuhörer um Informationen.
Für die Realisierung des in Angriff genommenen Projektes, die „Fränkische Sandsteinwelt“ als Lehr- und Lernort im ehemaligen Breitbrunner „Keller-Bruch“ zu installieren, werden Kulicks Feststellungen wohl von Bedeutung sein. Seinen Vortrag begann er mit der geologischen Entstehung des wertvollen Materials, das einst fast jeder Familie in der Region Arbeit und Brot brachte. Bis zu 250 Millionen Jahre blickte er zurück, da sich in der Trias- und Jurazeit Sandstein im Germanischen Becken ablagerte. Im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung brachten Verschiebungen des Rheingrabens schließlich weißen Sandstein sowie den nicht weniger bekannten grünen Schilfsandstein hervor.
Der lange Entstehungszeitraum gilt als Begründung für Nachhaltigkeitsaspekte, die zunehmend bei der Verwendung dieses Naturmaterials eine Rolle spielen. Bis heute werden zehn Steinbrüche im Heimatkreis betrieben, den Burgpreppacher eingeschlossen. Trotz Konkurrenz aus dem Ausland wird Sandstein im Bausektor, bei Restaurierungen sowie im Grabmalbereich und der Bildhauerei nach wie vor eingesetzt. Besonders weiß-grauer Mainsandstein dient seit Jahrhunderten als Baustoff und ist wegen seiner Farbe bis heute ein begehrtes Material für prestigeträchtige Restaurierungs- und Neubauprojekte in ganz Deutschland.
Als Bau- oder Werkstein, also wenig oder umfangreich behauen, fand er für Denkmäler oder Bildhauerarbeiten Verwendung. Besonders alt ist der grüne Schilfsandstein, der aus Brüchen bei Zeil stammt und beispielsweise dem Künstler, der den berühmten Bamberger Reiter schuf, als Material diente. Dass es im 19. Jahrhundert in der Region einen regelrechten Sandstein-Boom gab, ist auch der heute weitgehend vergessenen Produktion von Schleifsteinen zu verdanken. Deren Nachfrage stieg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark an, zudem nutzten sich Schleifsteine ab, so dass ständig Nachschub erforderlich war. Laut Kulick entstand das erste Abbaugebiet im Aurachtal, später im Hahn. Diese Brüche entwickelten sich bald rückläufig, da hier besonders viel Abraum entstand, die Qualität nicht von erster Güte war und der Abtransport sich als schwierig erwies. Von Brüchen der anderen Mainseite, also im Breitbrunner Gebiet, ging es „immer bergab“, also ergaben sich einfachere Transportmöglichkeiten. „Klassischerweise wurde der Stein flussabwärts verbaut“, erläuterte Kulick. Ausnahme sei der Bamberger Dom gewesen, der überwiegend aus Zeiler Sandstein entstand.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts brachte die Entwicklung der Eisenbahn beste Voraussetzungen, so dass „die Entstehung einer Sandstein-Industrie regelrecht in der Luft lag“. Um 1900 seien 35 Steinbrüche in den südlichen Haßbergen betrieben worden. Steinbrocken mit einem Gewicht bis 15 Tonnen oder Walzen, die mehr als 13 Tonnen wogen, habe man zum Ebelsbacher Bahnhof transportiert. Wie aus einem alten Zeitungsausschnitt (Haßfurter Tagblatt vom 19. Mai 1911) hervorgeht, waren 16 Pferde dafür nötig, was heute ein einziger großer LKW erledigt. Alle Berichte zeugen von harter körperlicher Arbeit, an der auch Frauen und Kinder beteiligt waren. Über den Werkplätzen nahe des Ebelsbacher Bahnhofs, wo sich heute Supermärkte und Tankstellen angesiedelt haben, seien häufig Schwaden von Steinstaub zu sehen gewesen, was zu hohem Bierkonsum der Arbeiter geführt habe. So sei es nur eine Frage der Zeit gewesen, „ob die Steinhauer an Staublunge oder Säuferleber zugrunde gegangen“ seien. Weisel warf ein, dass aus Dokumenten die Pflicht der Fabrikanten zu ersehen sei, „stets frisches Quellwasser für die Arbeiter bereit zu stellen“.
Fast 2500 Personen haben in der hiesigen Steinindustrie gearbeitet. „Damit war es die größte Industrie dieser Zeit“, konstatierte der Referent aus Mainz. Allein das Steinmetzgeschäft Vetter, der „Platzhirsch“, dessen Zentrale in Eltmann lag, habe im Jahr 1906 rund 1100 Mitarbeiter beschäftigt. Am Beispiel der Betriebe „Steinwerke Keller“ und „Bayerische Schleifsteinwerke Ankenbrand“ erläuterte er das damalige Management und die Lebensweise dieser Steinfürsten. Ankenbrand, der Schleifsteine aus den wohl 1910 gegründeten Schleifsteinwerken bis ins Ausland, beispielsweise nach Russland, lieferte, hatte mehrere Steinbrüche bei Breitbrunn sowie Werkplätze beiderseits des Mains. Vom Erfolg seiner Geschäfte zeugte Ankenbrands Wohnhaus, das als erstes in Eltmann eine Stromversorgung hatte. 1975 wurde das Unternehmen verkauft und 2003 vollständig geschlossen. Die Vetter-Fahne wehte bis Juni 2012 am Betriebsgelände in Eltmann. Dann wurde die Produktion eingestellt, und bekanntermaßen erwarb das Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser Steinbrüche und Maschinen des Unternehmens. In der Blütezeit des Unternehmens kamen viele Aufträge aus Berlin und anderen Großstädten. In Bamberg wurde das Franz-Ludwig-Gymnasium von Vetter gebaut.
Abschließend zeigte Kulick Bilder von Gebäuden, bei deren Bau Sandstein aus dem Maintal verwendet wurde und nannte als herausragende Beispiele den Reichstag und das Bundeskanzleramt in Berlin, aber auch das Armeemuseum, die heutige Staatskanzlei, in München. Martin Graser gab an, dass die Firma Vetter weiß-grauen Mainsandstein aus dem Steinbruch Schönbrunn für das Bundeskanzleramt verwendet hatte.