Nach Überzeugung des Stimmkreisabgeordneten Steffen Vogel (CSU) kann die Geburtshilfe in Haßfurt, der Ende 2018 das Aus drohte, erhalten werden. Dies hat Vogel der Presse am Mittwoch mitgeteilt. Retter ist nicht die Bundesgesundheitspolitik, sondern der Freistaat, der zur Unterstützung der Krankenhäuser in strukturschwachen Gebieten einen Sonderweg geht:
Vogel, der dem Landtagsausschuss für Gesundheit und Pflege angehört, begründet seinen Optimismus mit den Eckpunkten des Förderprogramms „Zukunftsprogramm Geburtshilfe“, das die Staatsregierung am Dienstag beschlossen hat. In seiner Pressemitteilung vom Mittwoch nennt Vogel zwei Säulen, die es den Haßberg-Kliniken und anderen Häusern in vergleichbarer Situation ermöglichen sollen, ihre defizitären Geburtsabteilungen fortzuführen: Erstens zahlt das Programm Landkreisen und kreisfreien Städten im ländlichen Raum künftig eine Hebammenförderung von 40 Euro pro Geburt. Hierfür stelle der Freistaat künftig fünf Millionen Euro im Jahr bereit. Größere Bedeutung misst der Landtagsabgeordnete indes der zweiten Säule des Förderpakets bei, für die 25 Millionen Euro im Jahr veranschlagt seien:
Landkreise und kreisfreie Städte, die das Defizit ihrer Geburtshilfen ausgleichen müssen, können hierfür fortan mit einem staatlichen Zuschuss rechen. Anders ausgedrückt: Eine Geburtsstation, die sich als Hauptversorger in der Region etabliert hat, muss nicht kostendeckend arbeiten, nur weil hierfür die Fallzahlen fehlen, also zu wenige Babys auf die Welt kommen. „Hauptversorger“ ist eines der Förderkriterien. Was man sich darunter vorstellen muss, bringt Vogel auf den Punkt: „Für Haßfurt bedeutet dies, dass mindestens die Hälfte aller Neugeborenen aus dem Landkreis in Haßfurt geboren und versorgt werden muss.“ Damit entschieden jetzt die werdenden Mütter aus dem Landkreis, „ob es die Geburtsstation weiter geben wird oder nicht“, macht der Politiker klar, auf wen es jetzt ankommt. Mindestens 15 Prozent des Defizits müssen die Landkreise auch künftig schultern – was Vogel als Anreiz für eine wirtschaftliche Führung der Krankenhäuser für gut befindet. Insgesamt rechnet der Landtagsabgeordnete bei Erfüllung der Förderkriterien mit Finanzspritzen von „deutlich über 500 000 Euro“ für Haßfurt. Als großen Vorteil wertet es Steffen Vogel, dass die Förderung nicht pauschal pro Geburt erfolgt, sondern sich eben konkret am Defizit der jeweiligen Geburtshilfestation orientiert.
Nach dem HT vorliegenden Zahlen hatte die „Gyn“ 2015 etwa ein Minus von rund 680 000 Euro gemacht, Tendenz steigend.
Vogel gehört dem Verwaltungsrat, dem obersten Entscheidungsgremium der Haßberg-Kliniken, an. Zusammen mit Landrat Wilhelm Schneider, der Verwaltungsratsvorsitzender ist, will er nun den Antrag in das Gremium einbringen, den Beschluss aufzuheben, wonach die Haßfurter Gynäkologie Ende 2018 zu schließen sei. Der Jurist ist sich sicher, dass der Antrag vom gesamten Gremium getragen wird, da es parteiübergreifend keinem der Verwaltungsräte leicht gefallen sei, für die Schließung zu stimmen.
Stephan Kolck, der Vorstandsvorsitzende der Haßberg-Kliniken, bezeichnete auf HT-Anfrage hin am Mittwoch die beiden Fördersäulen für die Geburtshilfe und Gynäkologie als „vom Ansatz her positiv“. Anders als bei den Sicherstellungszuschlägen, die jährlich mit den Krankenkassen neu verhandelt werden müssten, ermögliche es der Fördertopf des Freistaates seinem Haus jetzt, eine echte, in die Zukunft gerichtete Strategie zu entwickeln. Kolck kennt die Förderrichtlinien bereits im Detail, und weiß, dass sein Kommunalunternehmen sie erfüllt – wie zum Beispiel die Vorgabe, dass die „Gyn“ mindestens 300 und höchstens 800 Geburten im Jahr versorgen muss.
Doch ein Kriterium gibt ihm zu denken: In den letzten Jahren sei es nicht der Fall gewesen, dass mindestens die Hälfte der Neugeborenen des Landkreises Haßberge in Haßfurt zur Welt kamen; mit etwa 400 Geburten waren es nicht deutlich, aber doch stets unter 50 Prozent, weswegen Kolck bezüglich der in Aussicht gestellten Förderung nur „vorsichtig optimistisch!“ ist. Ein Problem des Haßfurter Krankenhauses wird bleiben, dass es – anders als die Kliniken der benachbarten Oberzentren – keine Kinderklinik angeschlossen hat. Gerade bei als Risikogeburten eingestuften Entbindungen gehen die werdenden Mütter deshalb nach Bamberg oder Schweinfurt.
Steffen Vogel ist dennoch „erleichtert und höchst zufrieden“, dass die Arbeit der vergangenen Monate Früchte getragen habe. Landrat Wilhelm Schneider, die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär und Haßfurts Bürgermeister Günther Werner hätten bei ihm und Gesundheitsministerin Melanie Huml für das Förderprogramm geworben – das habe dazu beigetragen, Ministerpräsident Seehofer und Finanzminister Söder von dem Unterfangen zu überzeugen.