„Der Spatenstich ist das Wichtigste an einem Bau.“ So empfand es jedenfalls Alois Erl, Geschäftsführer der Firma Erlbau, beim offiziellen Startschuss für den Bau des neuen AWO-Seniorenzentrums in Knetzgau. Gemeinsam mit Knetzgaus Bürgermeister Stefan Paulus, dem stellvertretenden Landrat Michael Ziegler und Martin Ulses, Geschäftsführer des AWO-Bezirksverbandes Unterfranken, konnte im Beisein zahlreicher Gäste der erste Spatenstich durchgeführt werden. Die Blaskapelle Oberschwappach schmückte die Feierstunde auf dem Gelände neben der Schule in der Hainerter Straße musikalisch aus.
Im AWO-Seniorenzentrum in Knetzgau sind insgesamt 82 Pflegeplätze in 72 Einzel- und fünf Doppel-Appartements sowie sechs eingestreute Tagespflegeplätze geplant. Die bauliche Gestaltung der Pflegeeinrichtung orientiert sich an dem Wohngruppenkonzept, erläuterte Martin Ulses. „In den bewusst klein gehaltenen Wohngruppen, in denen 16 Bewohner in ihren Einzelappartements leben, verbringen die Menschen ihren Alltag wie zu Hause. Es wird zusammen gekocht, gewaschen, gefeiert und Normalität soweit wie möglich schon durch bauliche Maßnahmen hergestellt.“ Das Haus wird offen gebaut und soll für alle Bürger, Vereine und Menschen, die Hilfe brauchen, eine Heimat werden, sagte Ulses. „Wir stellen in Knetzgau den Menschen in ganz besonderer Weise in den Mittelpunkt.“
So hätte für Knetzgaus Bürgermeister Stefan Paulus der Spatenstich im zeitlichen Rahmen mit der partiellen Sonnenfinsternis nicht passender sein können. Das Sonnenspektakel würde laut Paulus ein wenig die Wegstrecke für den Neubau symbolisieren, die mit den Beteiligten im Vorfeld zurückgelegt werden musste: „Mit viel Licht, aber auch etwas Schatten“. Paulus verwies auf den Anruf vor vier Jahren, als Frank Kühnhauser von der Firma Erlbau den ersten Kontakt aufgenommen hatte. „Wir haben im Rathaus sofort begriffen, welche Chance sich für die Gemeinde Knetzgau bietet.“
Es folgten vier Jahre, in denen es galt, Schwierigkeiten zu überwinden, um solch eine Einrichtung zu bauen und zu betreiben. Es mussten unter anderem Gespräche mit dem Landratsamt geführt, das seniorenpolitische Gesamtkonzept berücksichtigt und die öffentliche Meinung angehört werden, ein Träger gefunden und in manch turbulenten Gemeinderatssitzungen letztendlich der Bebauungsplan geändert werden. Von „dunklen Tagen“ sprach Paulus, weil das Vorhaben mit dreijähriger Planung durch ein Ablehnen im Gemeinderat zunichte gemacht wurde. Geholfen habe die Kommunalwahl, die neue Mehrheitsverhältnisse brachte, bei der sich offensichtlich die Vernunft durchgesetzt habe, so Paulus.
Nicht die Diskussion über Größe, Standort und Sinnhaftigkeit der Seniorenanlage habe Paulus erschreckt, sondern vielmehr die Leichtgläubigkeit in großen Teilen des Landes, dass man das Leben im Alter mit einem „weiter so“ bewältigen könne. Rente, Pflege, Gesundheit und Wohnen im Alter sei für Paulus als Kommunalpolitiker ein wichtiges Betätigungsfeld. In vielen Gesprächen habe sich Paulus ermutigen lassen, dieses Projekt zu Ende zu bringen. Umso mehr zeigte sich das Gemeindeoberhaupt bei der Feierstunde erfreut, dass es nun geklappt habe, dass Jung und Alt miteinander neben der Schule, die derzeit saniert wird, schon in einigen Monaten das Dorf mit Leben erfüllen werde.
Der Landkreis hatte im Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes Einwände erhoben, die vom Knetzgauer Gemeinderat zurückgewiesen wurden, erläuterte der stellvertretende Landrat Michael Ziegler. So würde es laut Ziegler manchmal im fachlichen Meinungsstreit über ein komplexes Thema laufen, bei dem es vordergründig um die Größenordnung der benötigten Pflegeplätze, aber auch um die Frage geht, welche Pflegemodelle langfristig die richtigen wären. Laut Ziegler fehle es in Deutschland anscheinend an einem schlüssigen Gesamtkonzept für die Pflege. Beim Blick auf das Pflegestärkungsgesetz habe es gar den Anschein, dass sich die Pflege noch mitten in der „Experimentierküche“ befände. Da würde es in der Natur der Sache liegen, dass die aufwändig erstellten und gut gemeinten aber rechtlich stumpfen Seniorenpolitischen Gesamtkonzepte der Landkreise die ihnen zugedachte Wirkung oft nicht richtig entfalten könnten.