Sieben Menschen bekamen am vergangenen Mittwoch im Landratsamt in Haßfurt eine neue Staatsbürgerschaft. Die Gründe dafür, dass sie nun offiziell Deutsche sein wollen, sind so vielfältig, wie ihre Herkunftsländer. Unter ihnen waren auch Adrian Price und seine Frau Chris Atkinson-Price. Dass sich die beiden Engländer, die schon lange im Landkreis Haßberge leben, nun für eine offizielle Einbürgerung entschieden haben, ist vor allem dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union geschuldet.
„Ich gehe davon aus, dass jeder von Ihnen aufgeregt ist“, sagte Josef Fuchs zu den Menschen, die kurz davor standen, deutsche Staatsbürger zu werden. Immerhin sei eine Einbürgerung ein einmaliges Ereignis. Sieben Menschen erläuterte der Verwaltungsbeamte im Besprechungszimmer des Landratsamtes ihre neuen Rechte und Pflichten, bevor er sie das Bekenntnis zur Freiheitlich Demokratischen Grundordnung ablegen ließ und ihnen die Einbürgerungsurkunde aushändigte. Neben dem britischen Ehepaar, das in Hohnhausen lebt, waren es ein Mann, der bisher die italienische und die schweizerische Staatsbürgerschaft besaß, eine Moldauerin, eine Ukrainerin, eine Rumänin sowie ein weiterer Brite.
Gefühl der Zugehörigkeit
Letzterer ist auch ein guter Freund von Chris und Adrian Price: Reverend Alan Stockbridge lebt seit 14 Jahren in Deutschland. Lange war der Geistliche Militärpfarrer in Norddeutschland, mittlerweile hat sich der „Pfarrer im Unruhestand“, wie er sich selbst nennt, in Ebern niedergelassen. Verheiratet ist er mit einer Deutschen, die er in Paris kennengelernt hat. Auch sie war, zusammen mit anderen Angehörigen, bei der Einbürgerung dabei.
„Sie erhalten eine Staatsbürgerschaft ohne Einschränkungen, mit allen Rechten und Pflichten“, erklärte Fuchs den Neubürgern und scherzte: „In Deutschland stehen natürlich die Pflichten im Vordergrund.“ Weiter gab er den sieben Personen den Rat, die Einbürgerungsurkunde an einem sicheren Ort für die wichtigsten Dokumente aufzubewahren. Denn: Sie wird nur ein einiges Mal ausgestellt – wenn sie verloren geht, gibt es keinen Ersatz.
Ein wesentlicher Punkt sei, dass eine Einbürgerung nicht nur eine Festigung eines Aufenthaltstitels bedeutet. Vielmehr gehe es um ein „Hineinwachsen in die Gesellschaft“, wie Fuchs erklärte. Die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft sei damit eine „Anerkennung Ihrer bisherigen Bemühungen“.
Doch was verändert sich eigentlich durch die neue Staatsangehörigkeit? „EU-Bürger haben im praktischen Alltag keine Vorteile“, sagte der Verwaltungsangestellte. Denn die Freizügigkeit, also das Recht zur freien Wahl des Wohn- und Aufenthaltsortes, sei innerhalb der Europäischen Union ohnehin gewährleistet. So gehe es Menschen, die aus anderen EU-Staaten nach Deutschland gekommen sind, meist eher um ein Gefühl der Zugehörigkeit als um die Bürgerrechte. Die größte praktische Veränderung dürfte in diesem Fall das Wahlrecht in der neuen Heimat sein.
Eine Vorsichtsmaßnahme
Für Adrian Price und Chris Atkinson-Price hängt die Entscheidung für die deutsche Staatsbürgerschaft damit zusammen, dass ihr Herkunftsland kurz davor steht, die EU zu verlassen. „Hoffentlich kommt der Brexit nicht“, sagt Adrian Price, auch wenn dieser politisch bereits beschlossen ist. Er habe sich immer eher als Europäer verstanden und weniger als Brite oder Deutscher.
So lange beide Länder Mitglieder der EU waren, war es auch kein Problem, als Engländer in Deutschland zu wohnen. Nun könnte es aber schwieriger werden, denn derzeit ist noch unklar, wie genau die Einigung über den Austritt aussehen wird und was das beispielsweise für den Versicherungsschutz von in der EU lebenden Briten bedeuten wird. „Ich weiß nicht was kommt“, sagt Price. Dass er und seine Frau sich nun offiziell einbürgern lassen, bezeichnen sie im Gespräch mit dieser Redaktion als „Vorsichtsmaßnahme“.
Zusammen mit der Einbürgerungsurkunde überreichte Josef Fuchs den Neubürgern eine Ausgabe des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung. Zum Schluss legte er ihnen nahe, sich einzubringen und die Gesellschaft und die Politik aktiv mitzugestalten. „Es ist nicht richtig, dass ein normaler Bürger nichts bewirken kann“, sagte er und verwies unter anderem auf die Bedeutung jeder einzelnen Stimme bei Wahlen.
52 Jahre in Deutschland
52 Jahre ist es mittlerweile her, dass Adrian Price nach Deutschland kam. Damals war er Landwirtschaftsstudent und wollte ein Auslandspraktikum machen. Eigentlich wollte er nur ein paar Monate bleiben, doch dann lernte er seine erste Frau kennen – sein Grund, in Deutschland zu bleiben. Damals wohnte er in Fuchsstadt. In seinem eigentlichen Beruf, der Landwirtschaft, fand er keinen Job, also arbeitete er in der Industrie in Schweinfurt. „Aber das hat mir nicht gefallen“, erzählt er. Also machte Price eine Umschulung zum Fotografen. Auch in diesem Beruf bekam er zunächst keine Anstellung, doch als der Offset-Druck aufkam ergab sich mit seiner Fotografenausbildung die Gelegenheit, als Druckvorlagenhersteller bei einer Zeitung zu arbeiten. So kam er schließlich zum Boten vom Haßgau.
Seit 1973 hat er zudem ein eigenes Gewerbe, und auch wenn er seit sieben Jahren Rentner ist, betreibt er weiterhin sein fotografisches Geschäft. In Hohnhausen hat er auch sein Studio.
Seine heutige Frau lernte er 1991 kennen. Er war geschieden und da er sich alleine fühlte, reiste er über Weihnachten nach England zu seiner Familie. Bei dieser Gelegenheit begegnete er Chris Atkinson, einer guten Freundin seiner Schwester. „Es war keine Liebe auf den ersten Blick“, erzählen die beiden – gefunkt hat es erst, als Chris Adrians Schwester ein Jahr später auf eine Deutschlandreise begleitete.
Eine Schwierigkeit bei der Einbürgerung von Chris Atkinson-Price war, dass man üblicherweise mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben muss, um deutscher Staatsbürger zu werden. Zwar lebte die Britin schon seit 1996 in Deutschland, offiziell hier gemeldet ist sie allerdings erst, seit sie 2012 in Rente ging. Grund dafür ist, dass sie für die britische Armee arbeitete – nicht als Militärangehörige, sondern im sozialen Bereich. Doch damit hatte sie 17 Jahre lang in Deutschland gelebt, ohne hier gemeldet sein zu müssen. Dass sie nun dennoch deutsche Staatsbürgerin werden konnte, war nur über ihren Ehemann möglich.
Sprach- und Integrationskurs
Etwas widersinnig findet Adrian Price, dass er trotz der 52 Jahre, die er mittlerweile in Deutschland gelebt hat, Integrations- und Deutschkurse machen sollte. „Ich musste dafür nach Schweinfurt fahren. Das kostet alles Geld“, sagt er und beschreibt, wie er zusammen mit anderen Sprachübungen machen musste, die weit unter seinem Niveau waren, während seine „Mitschüler“ kaum ein Wort verstanden.
Auch dass er in einem Kurs etwas über die jüngste Deutsche Geschichte lernen sollte, obwohl er diese selbst vor Ort hautnah miterlebt hatte, kommt dem Briten ziemlich sinnlos vor. „Hier sollte man besser differenzieren.“