Eine besondere Ehrung wurde neun Fachdienstaktiven des Bayerischen Roten Kreuzes zuteil, darunter vier Mitarbeiter aus dem BRK-Kreisverband Haßberge, teilt Michael Will vom Roten Kreuz mit. Theo Zellner, Präsident des Landesverbandes, überreichte in Furth im Wald die DRK-Leistungsspange in Silber an die Mitglieder des BRK-Landesfachdienstes CBRN(E) – (chemische, biologische, radiologische, nukleare, explosive Gefahren).
Auf Initiative von BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk hat der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, den Mitgliedern der Task Force „Hoko“ aus dem Fachdienst CBRN (E) der Bereitschaften die Leistungsspange in Silber zuerkannt. Diese Auszeichnung für besondere Verdienste von aktiven Rotkreuzlern im operativen Einsatz würdige das ehrenamtliche Engagement der neun Mitglieder des Fachdienstes beim Aufbau der Task Force „HoKo“ (Hochkontamination).
Die Fachdienstaktiven Wolfgang Zweverink, Tobias Zettel, Philipp Heller, Fabian Schick (alle BRK-Kreisverband Haßberge), Ute Gröger, Patrick Schwarz, Siegfried Ippisch und Holger Ebert haben unter Leitung von Landesfachdienstführer Tobias Muhr im vergangenen Jahr auf Bitte der DRK-Flugdienst GmbH und später der DRK Assistance GmbH ihre Kompetenz sowie viel Zeit und Kraft investiert in die Konzeption und den Aufbau einer mobilen Isolierstation für den Transport und die notfallmedizinische Versorgung von hochinfektiösen Patienten in Zusammenhang mit der Ebola-Krise. Sie waren im Auftrag der Bundesregierung als Spezialisten unter anderem für Desinfektion und Dekontamination sowie für persönliche Schutzausrüstung oder als internes Notfallteam bei der Entwicklung und dem Aufbau der weltweit ersten fliegenden Sonderisolierstation im Airbus A340 „Robert Koch“ maßgebend beteiligt. Der Airbus „Robert Koch“ wurde für die Rückholung von erkrankten Ebola-Helfern aus Krisengebieten konzipiert.
Zellner überreichte die Urkunden und Leistungsspangen. In seiner Laudatio betonte er dann: „Durch euer Engagement konnte in enger Zusammenarbeit mit den Experten der Charité, des Robert-Koch-Instituts, der Lufthansa und des Auswärtigen Amtes eine mobile Rückholeinheit in einem modernen Großraumflugzeug Airbus A340 aufgebaut und betriebsbereit gehalten werden“.
Obwohl der Airbus noch nicht zum Einsatz gekommen sei, sei mit diesem einzigartigen Projekt wertvolles Wissen gewonnen worden, das auch in Zukunft einsetzbar sei. Denn es sei realistisch, anzunehmen, dass die Risiken künftig nicht geringer würden. Die Mobilität der heutigen Gesellschaft führe dazu, dass Epidemien nicht mehr auf einzelne Regionen begrenzt seien. Und die Terrorismusgefahr trage ein Übriges dazu bei, dass künftig sicher mehr Spezialwissen in Bezug auf die Bewältigung schwieriger Schadenssituationen benötigt werde.
Der Präsident sagte weiter: „Mit eurem Engagement habt Ihr bewiesen, dass Ihr euch in kurzer Zeit auf neue Herausforderungen einstellen könnt und euer Wissen als einziger CBRN (E)-Fachdienst innerhalb des Deutschen Roten Kreuzes in den Dienst des komplexen Hilfeleistungssystems unserer Gesellschaft zu stellen bereit seid.“
Als Kreisvorsitzender des BRK Cham sei er stolz, dass Landesfachdienstführer Tobias Muhr aus seinem Kreisverband komme, sagte Zellner. Ohne Übertreibung könne er sagen, dass von diesem Kreisverband die Initiative zur Beschäftigung mit Schadenssituationen komme, bei denen verschiedene chemische und biologische Stoffe austräten. Daraus sei ein gut organisierter und kompetenter Landesfachdienst der Bereitschaft geworden.
Dank der guten Zusammenarbeit von Spezialisten der Hilfsorganisation und Wissenschaft sei es gelungen, ein innerhalb von knapp 24 Stunden einsatzbereites bundesweites Team zusammen zu stellen. Würde beispielsweise ein deutscher Helfer in einem Krisengebiet mit Ebola infiziert, könnte er mit Hilfe des Airbusses nach Deutschland zurückgeflogen und hier medizinisch versorgt werden. Auch Mitarbeiter anderer europäischer Hilfsdienste könnten bei Bedarf zeitnah ausgeflogen werden.
Der große Vorteil sei dabei: „Der Erkrankte kann auf dem gesamten Flug intensivmedizinisch betreut werden“, sagt Fabian Schick, einer der Experten aus den Haßbergen. Der Patient würde dabei in einem luftdichten Zelt innerhalb des Airbusses isoliert und von Ärzten und Pflegern rundum betreut. Kontaminierte Luft aus dem Inneren könne nicht nach außen gelangen. In hochmodernen Schleusen würden die eingesetzten Helfer, die extra entwickelte Schutzanzüge trügen, nach getaner Arbeit dekontaminiert. Auf längeren Flügen könne sich das medizinische Personal in der Behandlung des Verletzten abwechseln.
Auf dem Höhepunkt der Ebola-Krise standen bundesweit Teams in wechselnder Besetzung in Alarmbereitschaft, unter ihnen auch die vier Fachleute aus der Schnelleinsatzgruppe „GSG“ des BRK Haßberge. Zum Einsatz mussten sie aber nicht gerufen werden. „Aber es ist gut zu wissen, dass man helfen kann, wenn es darauf ankommt“, blickt Fabian Schick, Rettungsassistent beim BRK in den Haßbergen, zurück. Angst, sich bei so einem Einsatz womöglich selbst zu infizieren, hat Schick nicht, auch wenn er am Anfang der Mission das Für und Wider einer Teilnahme gemeinsam mit seiner Familie sorgfältig abgewogen hat.
„Das ist alles absolut sicher“, betont er. In das von der Task Force entwickelte Konzept mit sämtlichen Schutz- und Vorsorgemaßnamen hat er vollstes Vertrauen.
Der Airbus „Robert Koch“ ist derzeit übrigens wieder im ganz normalen Linienflugverkehr im Einsatz. Sollte es künftig zu einer Krise kommen, bei der hochinfektiöse Helfer gerettet werden müssen, kann er jedoch in kurzer Zeit in eine fliegende Sonderisolierstation umgebaut werden. Wolfgang Zweverink, Fabian Schick, Philipp Heller und Tobias Zettel wären dann mit an Bord – und bereit zum Start in alle Länder dieser Welt.
Stichwort CBRN (E)
Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die Gefährdung der Menschen durch Atombomben sowie Bio- und Chemiewaffen als nicht mehr bedrohlich angesehen und daher der ABC-Dienst stark vernachlässigt. Geblieben sind jedoch tägliche Gefahren durch „zivile Unfälle“ bei der Herstellung, beim Transport und bei der Verwendung giftiger Chemikalien und radioaktiver Stoffe – sowohl für die Unfallopfer als auch für die Helfer.
Eine Schadensdimension besteht auch durch eine Bedrohung durch konventionelle Explosivstoffe sowie durch infektiöse Stoffe. Deshalb ist es wichtig, einen zuverlässigen und funktionierenden Schutz für die Bevölkerung zu schaffen.
Dieser Schutz kann zum Beispiel die Auswirkungen eines nuklearen, globalen Unfalls (Tschernobyl 1986), die Ausbreitung von Epidemien (Pest-Epidemie in Indien 1994, SARS-Epidemie 2003), mögliche Influenza-Pandemie und die Folgen freigesetzter toxischer Stoffe (Bhopal in Indien, 1984) vermindern. Alle diese Ereignisse treffen die Bevölkerung unverhältnismäßig stark. Ähnliche Ereignisse, so auch die Ausbreitung von Infektionserregern (wie zuletzt in punkto Ebola), können sich jederzeit weltweit wiederholen. Stör- und Unfälle in Industrie, Gewerbe und Verkehr sind jederzeit durch das Versagen von Technik oder Mensch möglich.
Es ist somit jede Art von Bedrohung möglich:
C: die chemische (zum Beispiel Gefahrgutunfall, Brand);
B: die biologische (Pandemie, Laborunfall);
R: die radiologische (Strahlenunfall);
N: die nukleare (Störfall in einem Kernkraftwerk);
E: die explosive (mit CBRN verunreinigte Sprengkörper).
Neben der gesetzlichen Verpflichtung zur Mitwirkung im Katastrophenschutz sei das Bayerische Rote Kreuz im Sinne seines Selbstverständnisses permanent bemüht, Schritte zu gehen und Überlegungen umzusetzen, Betroffenen von Schadenslagen eine frühzeitige Hilfe zur Verbesserung der Gesamtbehandlung zukommen lassen, schreibt das BRK in seiner Pressemitteilung.