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Sorge um das Ibinder Traditionsgasthaus
Uwe und Andrea Rädlein schwelgen beim Anschauen ihrer Foto-Alben mit den vielen Veranstaltungen im Tunnelsaal oder beim traditionellen Taubenmarkt in Erinnerungen. Ob es jemals wieder so kommen wird?
Foto: Simon Albrecht | Uwe und Andrea Rädlein schwelgen beim Anschauen ihrer Foto-Alben mit den vielen Veranstaltungen im Tunnelsaal oder beim traditionellen Taubenmarkt in Erinnerungen. Ob es jemals wieder so kommen wird?
Simon Albrecht
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:28 Uhr

Gastwirt Uwe Rädlein vom Traditionsgasthaus Faber-Rädlein sieht schwarz für die Gastronomie in der Region. „Sollte der zweite Lockdown wegen der Pandemie überwunden sein, werden wieder etliche Wirtshäuser von der Landkarte verschwunden sein“, schätzt er die Situation bei einem Pressegespräch ein.

Für die „abgehängten“ Gastbetriebe fühle es sich fast an wie ein Super-Gau, meint er, denn ein Dorfwirt komme sich in diesen Corona-Zeiten mittlerweile so ähnlich vor, „wie es einem nach alter römischen Juristenweisheit auf hoher See oder vor Gericht ergeht – da ist man allein in Gottes Hand“. Dabei ist Uwe Rädlein Gastwirt im Nebenerwerb – tagsüber im Dienst im Straßenbauamt Schweinfurt. Ihm und seiner Frau Andrea liegt aber das Traditionsgasthaus mit seiner Kleinkunstbühne am Herzen. Und sie wollen es unbedingt erhalten – als Kulturgut.

„Ich meine halt, dass das mit der ewigen Staats-Unterstüzerei der sogenannten Großen bei gleichzeitigem Links-liegen-lassen der Kleinen wirklich auch ein Thema ist, das ausgesprochen werden muss", sagt Rädlein, der vermitteln möchte, wie es einem Dorfwirt in diesen Zeiten ergeht.

Die Wirtsfamilie, deren Fränkisches Gasthaus Faber-Rädlein im Sommer 2018 in München vom Heimatministerium zu einem der „100 besten Heimatwirtshäuser Bayerns“ gekürt wurde, durfte im Oktober 2019 das 125. Wirtshausjubiläum mit vielen Freunden, Helfern und Gästen feiern.

Wie gelähmt

Als es dann im Frühjahr 2020 zum ersten Lockdown kam, wurden der damals laufende Tauben- und Kleintiermarkt und das Wirtshaussingen abrupt beendet. Die Gastronomie musste komplett dichtmachen. Wie gelähmt sei man sich vorgekommen, blickt Uwe Rädlein mit ernster Miene zurück: „Nichts ging mehr“. Erst im Mai sei es wieder zu ersten Lockerungen gekommen, und zumindest mit dem Wiederaufleben des Sonntagsstammtischs konnte das Wirtshaus einen dörflichen Kulturbeitrag leisten. Auf Veranstaltungen im Tunnelsaal auf der Kleinkunstbühne wollte man sich erst gar nicht einlassen.

Jedoch die Herausforderung Kirchweih 2020, welche im September anstand, ging die Wirtsfamilie mit Mut und Tatkraft an. Mit einem entsprechend durchdachten Hygienekonzept traute sie sich an diese Aufgabe heran. Die Gäste seien der Wirtsfamilie gegenüber sehr dankbar gewesen, sagt Rädlein, dass sie trotz aller Widrigkeiten die Kirchweih gehalten und gefeiert hätten.

Nachdem es im Oktober 2020, nach dem ersten Wirtshaussingen der neuen Singsaison, erneut zum Gastro-Lockdown kam, musste die Wirtsstube wieder zugemacht werden. Erneut hieß es also: „Nichts geht mehr!“.

Speisen zum Abholen

Die Ibinder Wirtsfamilie versucht seit dieser Zeit mit einigen wirtshauskulinarischen Aktionen, ihren Betrieb durch diese Zeiten zu bugsieren. Mit großem Engagement wird Verschiedenes „zum Abholen“ zubereitet und angeboten – wie es viele Gasthäuser in der Region tun. Die Dienstleistung „Abgabe von Speisen und Getränken zum Mitnehmen“ ist vom Gesetzgeber erlaubt. Ja, es ist sogar erwünscht, denn damit wird versucht, eine, so Rädlein, kleinvernetzte und dadurch „virusbremsende Versorgung der Bevölkerung“ zu gewährleisten.

Das Ibinder Tradtionsgasthaus Faber-Rädlein existiert seit 126 Jahren.
Foto: Simon Albrecht | Das Ibinder Tradtionsgasthaus Faber-Rädlein existiert seit 126 Jahren.

So wird vom Ibinder Wirtshaus, wie dort in der kalten Jahreszeit üblich, einmal im Monat Kesselfleisch angeboten. Immer am zweiten Samstag des Monats geht’s da im Schlachthaus hoch her. Rädlein heizt um punkt 7 Uhr den 300-Liter-Kessel an. Zugesetzt werden unter anderem Schweinebauch, Schulter, halbe Köpfe, Zungen, Herz und Nieren. Ist das Fleisch dann weichgekocht, wird "gegredlt".

Mittags um 12 Uhr holen die Kunden das vorbestellte „Gredlflääsch“ vor der Wirtshaustüre ab. Am Abend kommen dann Blutwurst, Weißer Presssack und Leberwurst aus dem Kessel heraus. Entweder holt man sich diese „schweinerden Feinheiten“ noch frisch gekocht ab, oder es wird abgewartet, bis sie ein- bis zweimal im Rauch gehangen haben.  Zu Dreikönig durfte der Stärktag‘ heuer nicht wie üblich im Tunnlsaal gefeiert werden. Doch dafür bot die Wirtshausküche an dem Tag Mittagessen zum Abholen an, sodass man die Stärk' wenigstens vom Essen her erlangen konnte.

Derzeit bietet die Ibinder Wirtshausküche sonntäglichen Mittagstisch zur Abholung an. Bis einschließlich Palmsonntag läuft dieser Service. Ebenso bis zum Palmsonntag brät die Wirtsfamilie im Hof jeden Sonntagnachmittagfür Vorbeikommende ihre „Iwinner Rostbratwürscht“ zum Mitnehmen.

Auflagen belasten

Doch nicht nur Corona belastet die Wirtsleute derzeit. Auch die steigenden Auflagen seitens der Behörden machen ihnen zu schaffen. "Dieser Windmühlenkampf besteht schon seit Langem für unsere Gilde, die kleinen Dorfwirtschaften“, sagt er. Veterinäramt und Lebensmittelkontrolleur, die horrenden Gebühren für Gema bei Veranstaltungen – sie scheinen immer mehr und größer zu werden.

„Entweder wir nehmen weiterhin die Herausforderung auf oder wir geben halt dann doch klein bei, geben auf und schließen ganz einfach die Pforten – das wäre dann wohl am Einfachsten", sagt Rädlein. Viele seiner Wirtskollegen sind diesen Weg mittlerweile schon gegangen – für ein 125 Jahre altes Tradtionsgasthaus wäre das kaum vorstellbar.

 
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