
Furchterregend sieht der Kopf dieses Flugsauriers aus: In seinem langen und schmalen Maul – ähnlich wie ein Löffelschnabel – prangen mehr als 480 dünne Zähne. Sie bilden zwei dichtstehende, ineinander verzahnte Reihen. Einige Zähne haben auch einen Haken am Ende, die auf einen einzigartigen Filterfütterungsapparat hinweisen: Sie bilden eine Art Reuse. So kann diese Flugechse mit ihrem Schnabel beim Waten oder Schwimmen durch seichtes Wasser kleine Fische und wirbellose Tiere fangen.
"Dieser Flugsaurier hat das rätselhafteste Gebiss aller bisher bekannten Flugsaurier, auch Pterosaurier genannt", sagt Helmut Tischlinger, Fossilienexperte und einer der führenden Spezialisten zur Paläontologie des Frankenjura. Er hat maßgeblich diesen "Balaenognathus maeuseri" erforscht, diesen "Walkiefer-Flugsaurier", dessen vollständiges Skelett erst 2011 im Steinbruch von Wattendorf bei einer Grabung des Bamberger Naturkundemuseums entdeckt wurde. Dieser Flugsaurier lebte vor rund 154 Millionen Jahren während der Jurazeit in einer flachen Lagunenlandschaft: "Ein bizarres und spektakuläres Wirbeltier, das nachkommenslos ausgestorben ist", erklärt Tischlinger. So wie alle Pterosaurier, die im Erdmittelalter vor etwa 220 bis 65 Millionen Jahren eine unglaubliche Formen- und Artenvielfalt entwickelt haben. Deren Reste finden sich in vielen Ländern weltweit, "doch die vollständigsten und am besten erhaltenen Fossilfunde stammen aus der Frankenalb"

Nach aufwändiger Präparation und jahrelangen spannenden Forschungsarbeiten erfolgte 2022 die wissenschaftliche Publikation des nach dem verstorbenen Museumsleiter Matthias Mäuser benannten Sauriers: "ein vollständig erhaltener einzigartiger Pterosaurier, der einer neuen Gattung und Art angehört, von der man bisher nur dieses Exemplar aus dem Wattendorfer Steinbruch kennt"", so Paläontologe Tischlinger. Bislang konnten Besucher des Naturkundemuseums ausschließlich das präparierte Skelett bewundern. Doch ab Donnerstag, 25. Juli, wird jeder Dinofan wissen, wie der Wattendorfer Flugsaurier ausgeschaut hat. Denn die "Freunde des Naturkundemuseums Bamberg e.V." übergeben dem Haus zwei Lebendrekonstruktionen: eine mit ausgebreiteten Flügeln und einer Spannweite von 1,2 Metern, die andere Rekonstruktion mit angelegten Flügeln – oder besser gesagt: Flughäuten ohne Federn, die zwischen den stark verlängerten Fingergliedern und dem Körper aufgespannt waren.

"Aerodynamisch kommt dieser Flugsaurier der Fledermaus am nächsten", sagt Christoph Schindler, Vorsitzender des Vereins "Freunde des Naturkundemuseums Bamberg" mit etwa 100 Mitgliedern. Helmut Tischlinger habe gewusst, wie die Weichteile des Balaenognathus maeuseri aussahen. Nur bei der Farbe des Flugsauriers sei gerätselt worden, bis sich die Forscher auf Braun geeinigt hätten.

Museumsdirektor Oliver Wings sorgte für die extra Anfertigung der Objekte nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Für ihn sind die Lebendrekonstruktionen "eine große Bereicherung für unser Naturkundemuseum", betont er. So werden diese Modelle künftig auch in einer neuen Vitrine zusammen mit dem Originalfossil und erläuternden Texten in einem eigens gestalteten Raum präsentiert. Fördermittel der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB) und die "Freunde des Naturkundemuseums Bamberg" ermöglichten die Rekonstruktionen samt Ausstellungsarchitektur.