Die Corona-Krise trifft die Gastronomie sehr hart. Laut einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes hat das Gastgewerbe im Jahr 2020 rund 38 Prozent weniger Umsatz gemacht als im Vorjahr. Mittlerweile sind fast vier Monate vergangen, seit am 2. November alle gastronomischen Betriebe komplett geschlossen wurden. Mit dieser Redaktion sprachen Gastronomen aus dem Landkreis Haßberge über ihre Situation.
"Wir brauchen eine Öffnungsperspektive"
"Wir haben einen langen und schweren Winter hinter uns und hoffen auf einen geöffneten Betrieb an Ostern", sagt Jürgen Stahl vom Gasthof Frankenstuben in Ebern. "Wir brauchen von der Politik endlich eine Öffnungsperspektive, um eine Planungssicherheit zu haben." Stahl ist überzeugt, dass das bestehende Hygienekonzept in der Gastronomie sicher sei. "Auch unsere Lüftungsanlage ist ein entscheidender Vorteil", betont er.
"Für dieses Jahr haben wir schon Anmeldungen für diverse Feierlichkeiten und hoffen natürlich auch für die Kundschaft, dass uns die Verordnungen keinen Strich durch die Rechnung machen", sagt Stahl. Derzeit bietet er ein To-Go-Geschäft an, das auch gut angenommen werde.
"Wir vermissen unsere Gäste"
Tsopanidis Ioannis betreibt in der zweiten Generation nach seinem Vater das Gasthaus am Schloss in Rentweinsdorf mit traditioneller griechischer Küche. Das Lokal gibt es mittlerweile seit fast 40 Jahren. Der leidenschaftliche Koch vermutet, dass "die Gastronomie weitere zwei bis drei Monate geschlossen bleiben muss." Die Branche schrumpfe bereits. "Solange die Wirtschaft insgesamt die Krise gut verkraftet, bin ich allerdings zuversichtlich, dass bald vielleicht alles zur Normalität zurückkehrt", sagt er.
Die Unterstützung der Gäste im To-Go-Geschäft sowie die gegenseitige moralische Unterstützung gebe ihm und anderen Kraft und Mut. "Auch der kurze soziale Kontakt während der Abholung mit Abstand und Maske tut gut." Auch die Loyalität der Mitarbeiter sei ein wichtiger Faktor. "Aber wir vermissen unsere Gäste im Lokal."
Vom Lockdown "eiskalt erwischt"
Dagmar Kirchner vom Landhotel in Rügheim berichtet: "Der erste Lockdown im Frühjahr 2020 hat uns eiskalt erwischt." Nach der Stornierungswelle ab Mitte Februar sei die Zimmerauslastung ab März bei Null gewesen. "Wir haben die Zeit für Umgestaltungs- und Renovierungsarbeiten genutzt, die man während des laufenden Betriebs nicht so einfach umsetzen kann. So konnten wir auch verhindern, dass unser gesamtes Personal von Anfang an in Hundert Prozent Kurzarbeit gehen musste." Als im Juni der Hotelbetrieb für Privatreisende wieder beginnen durfte, seien die Reservierungen "durch die Decke" gegangen.
"Erstmals fanden viele private Urlaubsgäste den Weg zu uns, die aufgrund der Reisebeschränkungen nicht ins Ausland reisen konnten." Das sei eine neue Erfahrung gewesen für die Mitarbeiter des Hotels, dessen Hauptklientel bislang aus Geschäftsreisenden und Tagungsgästen bestand. "Unser Team hat prima reagiert und wir konnten durch sein großes Engagement die Verluste des Frühjahrs ganz gut wieder auffangen", lobt Kirchner ihrer Mitarbeiter. "Seit November wird unser Handeln von der Ungewissheit um die Frage beherrscht, wann und in welchem Umfang wir wieder loslegen können." Sie hoffe auf eine schnelle und klare Aussage von der Regierung. "Auf jeden Fall stecken wir den Kopf nicht in den Sand, sondern planen für die Zukunft!"
"Wir jammern nicht, das ist nicht unsere Art."
Anja Beyersdorfer, vom Café Eiring - Herrenschenke und Hotel Goldner Stern in Königsberg sagt: "Wir jammern nicht, das ist nicht unsere Art. Irgendwann ist der Lockdown vorbei." Von Anfang an gab es in der Herrenschenke Essen zur Abholung. Das laufe an den Wochenenden gut, es gebe positive Resonanz und die Gaststätte konnte sogar neue Kunden dazugewinnen. "Wir haben letztes Jahr in der Herrenschenke grundsaniert, leider durfte bis jetzt kein Gast die Erneuerung genießen, aber hoffentlich bald."
Das Geschäft habe sich nach dem ersten Lockdown komplett verändert. Es gab kaum Familien- und Hochzeitsfeiern. Übernachtungen seien mit vielen Tagestouristen mit E-Bikes eher spontan gewesen, "aber es war ein sehr gutes Geschäft und deswegen dürfen wir uns da nicht beschweren." Die staatliche Unterstützung helfe zum Überleben, allerdings dauere die Auszahlung zu lange. Und im andauernden Lockdown werde es schwieriger, damit auszukommen. "Die Reservierungen für heuer sind noch schleppend, weil natürlich keiner weiß, was Sache ist. Man muss es wieder auf sich zukommen lassen", berichtet Beyersdorfer. Ein Gast habe es kürzlich auf den Punkt gebracht: "Es ist ungefähr so, als ob man durch den Nebel fährt und nicht weiß, was kommt." Die Gastwirtin sagt, am meisten vermisse sie den Kontakt und die Herzlichkeit der Menschen.
Sitzplätze im Freien werden immer begehrter
"Unser 30-jähriges Jubiläum ist im März 2020 leider ausgefallen und momentan sieht es auch so aus, dass die geplante Feier heuer im Mai ebenfalls ausfallen wird", sagt Thomas Schmitt vom Gasthaus zum Schmittbrunnen in Happertshausen. "Seit November bieten wir alle zwei Wochen sonntags Essen zum Mitnehmen an, damit die fränkische Küche und auch das Gasthaus zum Schmittbrunnen nicht in Vergessenheit geraten." Das werde auch sehr gut von der Kundschaft angenommen. "Aber uns fehlt natürlich die Bewirtung unserer Stammkunden und Gäste und der direkte Kundenkontakt."
Schmitt hofft, dass die Service-Teilzeitkräfte nach dem Lockdown wieder zur Verfügung stehen. "Wir sind ein Familienbetrieb, glücklicherweise haben ich und meine Geschwister noch andere Berufe, denen wir nachgehen. So kann unsere Gastwirtschaft die Pandemie hoffentlich gut überstehen." Corona habe ihnen aber auch die Zeit gegeben, über gewisse Dinge nachzudenken. "Weil Sitzplätze im Freien immer begehrter werden, sind wir bereits in der Planungsphase, auf dem Nebengrundstück einen Biergarten anzulegen."
"Meine größte Hoffnung ist die Veränderung."
Jarek Trejgis vom Fränkischen Hof in Hofheim ist seit über 40 Jahren in der Gastronomie tätig. "Meine größte Hoffnung ist die Veränderung", sagt er. "Die Gastronomie auf dem Land wurde in den letzten Jahren zu einem Problemkind, das war schon vor der Pandemie." Corona habe den Wirten nun Zeit gegeben, sich zu überlegen, was man anders machen könne, was im laufenden Betrieb kaum möglich gewesen sei. Wichtig sei, sich künftig in einem überarbeiteten Umfang auf das Wesentliche, also auf das wirtschaftlich Vertretbare zu fokussieren. "Unter der Woche müssen wir eben etwas kürzer treten, alles andere ist zu kostspielig."
Zur aktuellen Situation meint er: "Ich wünsche mir eine baldige Öffnung, weil Gastronomie mehr ist als nur zu bestellen und abholen." Für ihn sei es Berufung und Leidenschaft, das Lokal, die Küche, das Ambiente und den Austausch mit den Gästen zu vereinen. "Eine Öffnungsperspektive von der Regierung ist wünschenswert, aber ich verstehe auch, dass es momentan kein klares Signal geben kann, weil keiner weiß, wie sich die Pandemie täglich weiterentwickelt."
Großer Zusammenhalt bei den "Wallis"
Sandra Aumüller vom Landgasthof Wallburg in Eltmann sagt: "Ich vermisse am meisten meine Gäste und auch mein Team. Wir motivieren uns gegenseitig und wir machen auch viel außerhalb des Geschäftes, in der letzten Zeit natürlich sehr eingeschränkt." Der Zusammenhalt der "Wallis" sei sehr wichtig, auch für die Gäste. Das To-Go-Geschäft sei schön und werde gut angenommen.
"Wir haben aber auch dadurch viel gelernt, unter anderem eine Speisekartenanpassung mit neuen to-go-fähigen Gerichten. Wir kochen zusätzlich auch mehr vegetarisch und vegan, weil die Nachfrage einfach größer wird. Wir haben auch auf nachhaltiges Verpackungsmaterial aus Zuckerrohr umgestellt, und das ist der Renner bei den Gästen." Sie wünsche sich selbst wie auch allen Betroffenen aus anderen Branchen, so schnell wie möglich wieder ein einigermaßen normales, fröhliches und geselliges Leben. "Das ist für das Gemüt der Menschen sehr wichtig."