
Die Stadt Ebern gedachte am vergangenen Freitag der tragischen Ereignisse vom 4. April 1945 – exakt 80 Jahre nach dem Tod von Stephan Habermann aus Unterpreppach und Erna Vogel aus Wasmuthausen. Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) legte an der Karl-Hoch-Anlage eine Gedenkschale nieder, nahe jenem Ort, an dem beide ihr Leben verloren – vor der ehemaligen "Hirschenscheune", die heute als Garage der Polizei dient.
"Es ist unsere Verantwortung, nicht nur zu erinnern, sondern das menschliche Leid dieser letzten Kriegstage ins Heute zu tragen", sagte Hennemann mit Blick auf die Opfer. "Sie waren Menschen mit Herz und Pflichtgefühl – und starben, weil der Krieg auch vor Zivilisten keinen Halt machte." Stephan Habermann war vieles: Schuster, Gemeindediener, Sanitäter.
Von Bordwaffen tödlich getroffen
1888 geboren, galt seine Fürsorge stets dem Dorfleben. Unverheiratet und nicht zum Kriegsdienst eingezogen, war er bekannt als fleißiger Handwerker, der Schuhe reparierte, Körbe flocht und seit 1932 das Amt des Gemeindedieners versah. In seiner schwarzen Sanitätstasche trug er mehr als nur Verbandszeug – er trug Hoffnung.
Am Morgen des 4. April 1945 verließ er mit dieser Tasche Unterpreppach, um nach Ebern zu gelangen. Warnungen vor Tieffliegern schlug er aus. "Ich muss das Vaterland verteidigen", soll er gesagt haben. Kurz darauf wurde er von Bordwaffen tödlich getroffen.

Auch Erna Vogel, damals 23 Jahre jung, fiel an diesem Tag dem Krieg zum Opfer. Als Rotkreuzschwester im Schloss Rentweinsdorf betreute sie Flüchtlinge und kranke Soldaten. An jenem Morgen war sie auf dem Weg in die Stadtapotheke Ebern, um Medikamente zu holen. In ihrer Schwesterntracht radelte sie zurück, als der Apotheker Dr. Max Hösl sie noch zur Vorsicht mahnte. "Die tun mir nichts", entgegnete sie – ein Satz, der zu einem stillen Symbol naiver Hoffnung geworden ist. Nur wenige Minuten später, auf Höhe der Hirschenscheune, wurde auch sie Opfer eines verheerenden Angriffs durch Tiefflieger.
Auch einen Tag später, am 5. April 1945, zeigte sich das Grauen des Krieges noch einmal mit erschütternder Härte. An diesem Tag wurden im ehemaligen Gefängnishof von Ebern vier deutsche Soldaten hingerichtet – nicht von Feinden, sondern von fanatischen Nationalsozialisten.
Die Namen der Männer: Karl Bojaworsky (49), Friedrich Fleischer (42), Otto Konstanzer (43) und Alfred Sadlo (24). Sie waren keine Täter, sondern Opfer eines Regimes, das selbst in seinen letzten Atemzügen noch Tod und Unrecht verbreitete. Die vier Soldaten hatten sich von der Feld-Unteroffiziersschule in Wildflecken entfernt.
Soldaten wurden verraten
Sie wollten nicht mehr kämpfen, wollten sich den heranrückenden amerikanischen Truppen ergeben. Doch sie wurden verraten, in das völlig überfüllte Gefängnis am Diebsturm gebracht und vor ein Standgericht gezerrt. Das Urteil: Tod durch Erschießen.

Im Hof des damaligen Gefängnisses – dort, wo heute der Biergarten "Herzog" ist – wurde das Urteil vollstreckt. Einschüsse in der alten Stadtmauer erzählen bis heute stumm von der Grausamkeit jener Stunde. Eine Zeitzeugin berichtete später: "In Ebern hat an diesem Tag keiner mehr was gegessen."
Am vergangenen Samstag, exakt 80 Jahre nach dieser Tat, versammelten sich rund 25 Bürgerinnen und Bürger auf Einladung der Stadt Ebern zu einer stillen Gedenkfeier. Hennemann legte eine Blumenschale vor der 2006 angebrachten Gedenktafel nieder – eine Initiative des ehemaligen Kreisheimatpflegers Günter Lipp, umgesetzt von der Stadt und dem Bürgerverein Ebern.
Mahnung und Verpflichtung zugleich
"Wir gedenken dieser Soldaten und der grauenvollen Tat. Sie wollten nicht mehr töten, sie hatten genug vom sinnlosen Krieg. Sie mussten sterben, weil fanatische Nazis ihre Menschlichkeit nicht ertrugen", so Hennemann in seiner Ansprache. Die Erinnerung an dieses Verbrechen sei Mahnung und Verpflichtung zugleich. "Nie wieder darf ideologische Verblendung das Leben unschuldiger Menschen zerstören. Nie wieder Faschismus, nie wieder Hass."

Damals, nach der Tat, wurden die Leichen der Männer auf den Friedhof von Ebern gebracht. Auf einem Holzkreuz waren bewegende Worte zu lesen. Neun Jahre später wurden die vier Exekutierten exhumiert und in ihre Heimatorte überführt. Doch ihr Schicksal bleibt unvergessen – in Ebern, in einer Stadt, die sich dem Erinnern stellt. Der 5. April mahnt: Menschlichkeit ist keine Frage der Zeit, sondern eine Entscheidung. Immer.