Bei einem „Syrischen Abend“ im Feuerwehrhaus von Untersteinbach bot sich den Bürgern die außergewöhnliche Gelegenheit, mit den syrischen Flüchtlingen, die in der Gemeinde Rauhenebrach untergekommen sind, in Kontakt zu treten und mehr über ihr Land, ihre Kultur und ihre Reise nach Deutschland zu erfahren. Im Moment sind zwei Familien und acht Männer in Untersteinbach und zwei weitere Familien in Karbach untergebracht.
Der Moderator des Abends, Michael Goch, verdeutlichte: „Integration kann nur zwischen einzelnen Menschen stattfinden“, erzählte der Theinheimer Tierarzt. Die Bewohner entwickeln eine Offenheit für Andersartigkeit und das stellt eine große Bereicherung für die Menschen dar. Seiner Meinung nach sei eine Veranstaltung wie diese „die Chance auf eine friedlichere Welt“.
Zusammen mit seiner Frau Karin kam Goch damals zur allerersten Informationsveranstaltung und erklärte sich bereit, Deutschunterricht zu geben. Den Syrern hier in Deutschland zur Seite zu stehen – sei es durch Behördengänge oder Fahrdienste –, beschreibt Goch als seine „Menschenpflicht“. „Seit dreieinhalb Monaten geben wir den Syrern Deutschunterricht und diese Zeit hat gereicht, dass sie uns ans Herz gewachsen sind wie Adoptivkinder.“
Auch Janet Rawling ging auf die Wichtigkeit des Deutschlernens ein. Die gebürtige Australierin ist eine ehemalige Deutschlehrerin für Amerikaner und hat sich ebenfalls dem Helferkreis angeschlossen. „Die deutsche Sprache ist die Basis für Integration“, konnte Rawling aus eigener Erfahrung berichten. Deshalb stehen die Bemühungen in der Gemeinde, den Syrern Deutsch beizubringen, an oberster Stelle.
Im Anschluss richtete Rauhenebrachs Bürgermeister Bäuerlein sein Wort an den Helferkreis, um ihm allergrößten Dank auszusprechen. Für diesen wurde eigens ein Ausschuss im Pfarrgemeinderat gegründet, damit die Helfer abgesichert sind, so Pfarrer Kurt Wolf.
Die darauffolgende Präsentation übernahm der 21-jährige Bassel Nabelsee, der in Syrien Architektur studiert hat. Erstaunlich war, dass er, obwohl er erst drei Monate lang Deutschunterricht bekam, bereits jetzt einen weitgehend verständlichen Vortrag halten konnte.
Der Syrer erzählte von der geografischen Lage seines Heimatlandes, über die Kultur bis hin zur Situation in Syrien vor und während des Krieges. Er zeigte Bilder von Sehenswürdigkeiten und prächtigen Plätzen, die nun – als Folgen des Krieges – zerstört sind. Der Krieg hat bereits 260 000 Tote gefordert, berichtete Nabelsee. Bis März 2011 führten die Syrer ein ruhiges Leben, danach begann der Krieg und die Idylle wurde zerstört. Nun haben die Bewohner Syriens Angst, auf die Straße zu gehen, weil jederzeit Bomben explodieren könnten. Elektrische Energie steht den Menschen in seiner Heimat maximal acht Stunden pro Tag zur Verfügung, das allerdings sei schon die positive Ausnahme.
Am schlimmsten trifft es jedoch die Kinder: Sie leiden an Unterernährung und sind ihrer Lebensfreude beraubt. Die jungen Männer in Syrien haben die Wahl zwischen dem Militär und der Flucht aus dem Land.
Alle Syrer, die sich derzeit in Rauhenebrach aufhalten, haben eine andere Reise hinter sich. Nabelsee erklärte, dass Deutschland oft anderen europäischen Ländern vorgezogen werde, unter anderem wegen seiner Gesundheitspolitik oder der Unterbringung in soliden Häusern. Ihnen sei aber durchaus bewusst, dass die rund 800 000 Syrer allein durch ihre Anwesenheit in Deutschland viele Probleme verursachen. Deshalb bemühen sie sich besonders um gutes Benehmen, Integration und das Respektieren der deutschen Gesetze. „Es sind nicht alle Engel, aber natürlich gibt es solche und solche“, fügte der 21-Jährige hinzu. Ob die Syrer nach dem Krieg zurückkehren, sei unklar, da viele ihr Leben nicht auf die Hoffnung aufbauen wollen, dass der Krieg aufhört. Es sei denkbar, dass die Unruhen in Syrien noch zehn Jahre oder länger andauern.
Der 26-jährige Adnan, der ebenfalls bei Familie Wolf in Untersteinbach untergebracht ist, berichtete im Anschluss über die verschiedenen Zukunftspläne der Syrer in der Gemeinde: Teilweise peilen sie eine Ausbildung an, andere möchten ihr Fach fertigstudieren. Das gestalte sich aber schwierig, da das syrische Universitätssystem nicht an das deutsche angeglichen ist.
Nach dem Vortrag eröffnete Adnan das vegetarische Buffet: Von Reis und Gemüse in Weinblättern, Reis mit Erbsen und Nüssen über Petersilienomelette bis hin zu süßen Teilchen boten sich den Besuchern der Veranstaltung allerlei syrische Köstlichkeiten. Familie Mala hatte für diese große Auswahl fast drei Tage lang gekocht. Der Familienvater ist dankbar, dass er nach Rauhenebrach gekommen ist. Hier sind die Menschen herzlich, hilfsbereit und immer für ihn da.
Beginnen konnte die Veranstaltung erst eine halbe Stunde später als geplant. Denn aufgrund des großen Andrangs – mit circa 50 Besuchern wurde gerechnet, fast doppelt so viele kamen – mussten erst noch zusätzliche Tische und Stühle herbeigeschafft werden. Der größere Pfarrsaal konnte wegen der derzeitigen Baumaßnahmen nicht für den „Syrischen Abend“ genutzt werden.