An ihrem Arbeitsort im Haßfurter Krankenhaus hat Carola Lutsch solche glücklichen Bilder schon tausendmal gesehen, aber sie berühren sie immer wieder aufs Neue. "Ich wollte mein Leben lang etwas mit Kindern machen, schon als 15-Jährige", erinnert sie sich. Nur, dass sie letztlich Kinder auf die Welt bringen würde, darauf musste sie erst ihre Mutter bringen. "Eigentlich wollte ich Kindergärtnerin werden, bis meine Mutter meinte, warum eigentlich nicht Hebamme."
Inzwischen hat die Bundorferin ihr 25-jähriges Dienstjubiläum gefeiert und zirka 1800 kleinen Menschen auf die Welt geholfen. Genau weiß sie das nach all den Jahren aber nicht. "Manche Kolleginnen führen Listen über ihre Geburten, aber ich habe damit nicht angefangen."
Der Beruf hat aber auch seine Schattenseiten. "Wenn Kinder mit Behinderungen auf die Welt kommen oder kurz nach der Geburt sterben ist das schon sehr traurig", sagt sie. Sogar eine Nottaufe führt sie durch, wenn dem kleinen Erdenbürger nicht mehr viel Zeit bleibt und die Eltern das gerne möchten. Spezielle Seminare gab es für den Umgang mit solchen Situationen vor fast 30 Jahren noch nicht, also entscheidet Carola Lutsch intuitiv, welche Worte sie wählt. "Ich finde, dass der Glaube im Kreißsaal sehr wichtig ist." Der hat auch ihr selbst schon oft geholfen. Während jeder Geburt betet die 45-Jährige innerlich.
Routine kennt die Hebamme trotz ihrer langen Einsatzzeit nicht. "Der Beruf ist immer wieder überraschend und immer wieder anders." Inzwischen hat sie sogar schon die Kinder von den Kindern entbunden, denen sie in ihrer Anfangszeit als Hebamme auf die Welt geholfen hat.
Selbst ihre eigenen Tochter lag bei Carola Lutsch schon im Kreißsaal. "Da war ich nervös," erinnert sich die Mutter dreier Kinder, "aber ich hätte es auch nicht zugelassen, dass meine Tochter ihr Kind bei einer anderen Hebamme bekommt. Wäre etwas schief gelaufen, dann wäre ich es gewesen, die den Fehler gemacht hat und nicht jemand anders."
Aber es ist nichts schief gelaufen. Der kleine Felix kam genau eine Stunde und eine Minute vor dem Jahreswechsel 2005/2006 unterstützt von den Händen seiner Oma auf die Welt. Wieder ein Fest, dass Familie Lutsch im Krankenhaus verbracht hat. Für die 45-Jährige gehört dies zum Hebammen-Alltag, entweder Weihnachten oder Sylvester, an einem der beiden Tage hat die Hebamme immer Dienst. "Natürlich ist das nicht einfach, gerade mit Kindern. Die Familie kommt oft zu kurz durch den Schichtdienst." Bereut hat sie ihren Berufswunsch jedoch nie. Im Gegenteil: "Mit jedem Tag meiner Praktikumswoche wuchs der Wunsch, diesen Beruf zu ergreifen. Das war so ein richtiger Wow-Effekt", erinnert sich die 45-Jährige. Auch wie sie ihr erstes Kind auf die Welt brachte, wird das dunkelhaarige Energiebündel wohl nie vergessen. "Ich hatte schon Angst, dass ich etwas verkehrt mache." Inzwischen kann sie so schnell keine Situation mehr überraschen. Selbst im Gipsraum eines Krankenhauses hat sie schon einen Säugling entbunden.
Auch, dass sie in einer Stunde ganzen vier Kindern auf die Welt hilft, ist schon vorgekommen. Daran nach 25 Jahren ein wenig kürzer zu treten, denkt Carola Lutsch, die Frauen auch während der Geburtsvorbereitung begleitet und bei der Nachsorge hilft, noch lange nicht. "Inzwischen führe ich auch Beratungsgespräche in einer Frauenarzt-Praxis durch", erzählt sie. Und für die Zukunft hat sie bereits neue Pläne geschmiedet. Seit mehreren Jahren träumt, sie schon von einer eigenen Hebammen-Praxis. Und wer weiß, vielleicht kann sie dort in nicht allzu ferner Zukunft ja bei der Geburt von einem kleinen Geschwisterchen für Luis helfen.