Bürgermeister Thomas Stadelmann (SPD) spricht von einer „bitteren Entscheidung nicht nur für Zeil, sondern für den gesamten Landkreis“: Auf dem ehemaligen Werksgelände der Zuckerfabrik im Südwesten des Stadtgebietes darf nicht neu gebaut werden. Es kann sich hier also kein neuer Gewerbe- oder Industriebetrieb ansiedeln. Damit seien Zeil und die Region um eine bedeutende Entwicklungsmöglichkeit beraubt, bedauert Stadelmann. Es gebe kaum noch derart große Standorte mit der Nähe zur Autobahn sowie der Anbindung an Eisenbahn – noch immer hat das Fabrikgelände Gleisanschluss – und die Wasserstraße Main über den benachbarten Zeiler Hafen.
Verwaltungsgericht weist Klage ab
Grund der Zeiler Betrübnis ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg. Am Dienstag hat die 4. Kammer die Klage der Stadt gegen den Freistaat respektive das Landratsamt Haßberge abgewiesen. Die Beklagten hatten im Februar 2016 den drei Jahre zuvor vom Zeiler Stadtrat beschlossenen Bebauungsplan „Ehemaliges Werksgelände Südzucker“ untersagt. Grund: Das etwa 50 Hektar große Areal der einstigen Zuckerfabrik, von dem Zeil nun gut 35 Hektar nutzbar machen möchte, liegt in einem von den Genehmigungsbehörden festgesetzten Überschwemmungsgebiet. Es ist also die Hochwassergefahr, die dazu geführt hat, dass das Landratsamt den Bebauungsplan torpedierte. Und dieses Vorgehen hat das Verwaltungsgericht nun bestätigt.
Altes oder neues Baugebiet?
„Wir hatten hier zwar noch nie Hochwasser“, sagte Bürgermeister Stadelmann am Mittwoch zu dieser Redaktion. Aber angesichts des Klimawandels wolle er die Gefahren auch nicht herunterspielen. Was das Stadtoberhaupt weitaus mehr frustriert, ist Folgendes: Vor Gericht ging es jetzt vor allem um die Auslegung, ob es sich um ein altes oder neues Baugebiet handelt. Behörden und Gericht teilen die Einschätzung, dass es um etwas Neues geht, weswegen auch die inzwischen festgesetzten Überschwemmungsflächen gelten. Die Stadt Zeil und die Südzucker AG, die immer noch Eigentümerin des Areals ist, argumentieren damit, dass keine erstmalige Bebauung stattfinde, sondern lediglich die Überplanung von Bereichen, in denen bereits Baurecht bestehe.
Alte Fabrik weitgehend abgerissen
Schlecht für Zeil und die Südzucker AG, die selbst Interesse hat, ihr Zeiler Gelände weiterzuentwickeln, ist: Das Unternehmen hat von 2002 bis 2005 das alte Fabrikgelände, auf dem es von 1960 bis 2001 Zucker produzierte, weitgehend zurückgebaut. „Damals hätte man alles stehen lassen oder sofort einen neuen Bebauungsplan aufstellen müssen“, beschreibt Stadelmann den folgenreichen Fehler von einst. Der Abriss habe neue Tatsachen geschaffen – und heute kämen mit dem verschärften Hochwasserschutz eben neue Rahmenbedingungen hinzu. Noch immer stehen eine Siloanlage und eine Pellet-Halle auf dem „Zuckergelände“, die Silos nutzt Südzucker zur Zwischenlagerung. Der Bereich der ehemaligen Schlammteiche im östlichen Werksgelände ist landwirtschaftlich genutzt.
Der Bürgermeister versteht nicht, dass nicht zumindest „im Bestand“ gebaut werden darf, also dort, wo früher die Fabrikgebäude standen. Er findet, die Behörden hätten erst einmal eine grundsätzliche Genehmigung erteilen und in der Folge die Zustimmung von den geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen abhängig machen sollen. Ausgerechnet im Jahr des 1000. Stadtjubiläums sei das nach dem Aus für das Hallenbad ein zweiter schwerer Dämpfer. Nun will sich die Stadt mit ihren Anwälten und der Südzucker beraten, ob sie beim Verwaltungsgerichtshof München Antrag auf Berufung stellt oder nicht.