Astrophysik ist für viele Menschen eine schwerdurchschaubare Materie. Von Schwarzen Löchern, Supernovae und Gravitation haben Einige mal in der Schule gehört – die Zusammenhänge sind kompliziert und faszinierend zugleich. Am Samstagabend gelang es dem Astrophysiker Harald Lesch zusammen mit seinen ehemaligen Studenten, Normalbürgern die fantastischen Phänomene der Raumzeit greifbarer zu machen. Im Haßfurter Bibliotheks- und Informationszentrum (BIZ) am Dürer Weg stellten die Wissenschaftler ihr Buch „Die Entdeckung der Gravitationswellen – oder warum die Raumzeit kein Gummituch ist“ vor. Harald Lesch, bekannt aus den Fernsehsendungen „Alpha centauri“ im BR und „Leschs Kosmos“ im ZDF, erklärte mit seinem Team den bahnbrechenden Nachweis von Gravitationswellen.
Kurzweiliger Abend
Harald Lesch ist nicht nur einer der bekanntesten Astrophysiker Deutschlands, – er ist auch ein begnadeter Entertainer. Mit viel Humor und Spontanität leitete er zusammen mit seinen ehemaligen Studenten Judith und Florian Selig, Martin Dittgen, Tim Hall, Florian Zeller und Roman Zitlau das Publikum durch einen kurzweiligen Abend im Namen der Gravitationswellen. Obwohl die Zuhörer durch die Veranstaltung das WM-Spiel zwischen Deutschland und Schweden verpassten, brachte Lesch das Publikum auf den neusten Stand. So unterbrach Lesch spontan seine Studenten, wenn ein Tor fiel. Das Publikum tobte vor Lachen, als der Astrophysiker zu Boden fiel, als Schweden zum 1:0 traf oder in Jubel ausbrach, als Deutschland den Ausgleichstreffer erzielte.
Aber auch mit Politik begeisterte der Fernsehmoderator: Donald Trump, der Berliner Flughafen oder TTIP – Lesch ließ keine Gelegenheit aus, mit politischen Seitenhieben astrophysikalische Zusammenhänge zu veranschaulichen.
Interesse der Menschen wecken
Auch wenn das Thema schwere Kost ist, kommt es Lesch auf das Interesse der Menschen an: „Gerade wenn man komplexe Sachverhalte erklärt und Mathematik mit einbaut, ist es wichtig, dass man Witz und Spontanität zeigt, damit die Leute weiter zuhören. Man darf nicht alles zu ernst machen, da die Leute auch kommen, um wissenschaftlich unterhalten zu werden. Wir wollen das Interesse der Menschen wecken – dabei müssen sie nicht alles verstehen.“
Judith Selig aus Wonfurt und ihr Mann Florian Selig, ehemals Schlagintweit, brachten gemeinsam mit Lesch und ihren Kollegen die Entstehung von Gravitationswellen näher. Bereits 2013 arbeitete die Gruppe an dem Buch über die Entdeckung des Higgs-Teilchens und stellte dies in der Haßfurter Stadthalle vor. Judith Selig erinnert sich an die Anfänge: „Die Idee einer Zusammenarbeit entstand während einer Vorlesung. Harald fragte uns, ob wir Lust hätten, mit ihm ein Buch zu schreiben. So kamen wir zum Buch über das Higgs-Teilchen. Nachdem das toll funktioniert hat, wollten wir ein Weiteres schreiben. Genau zu dem Zeitpunkt, als wir nach einem Thema suchten, wurden die Gravitationswellen entdeckt. So haben wir uns in der Uni zusammengesetzt, die Kapital verteilt und losgelegt“.
Die ehemalige Wonfurterin erklärte Supernovae, was ihr nicht nur Spaß machte, sondern wodurch sie sich auch weiterentwickeln konnte: „Durch die intensive Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema lernt man viel besser in eine Materie vorzudringen und zu verstehen“.
Was Raumzeit ausmacht
Doch was hat es mit diesen Gravitationswellen nun auf sich? „Eine Gravitationswelle ist eine Kräuselung der Raumzeit. Man kann es damit vergleichen, dass im Wasser Wellen entstehen, wenn man einen Stein hineinwirft. Ähnlich entstehen in der Raumzeit Gravitationswellen, die sich über das ganze Weltall ausbreiten“, erklärt die Unternehmensberaterin.
Bei dem Versuch zu erklären, was Raumzeit ausmacht, greifen Wissenschaftler fälschlicherweise auf ein Gummituch zurück, das in einem Rahmen eingespannt ist. Legt man eine schwere Kugel auf das Tuch, so wird es gekrümmt. Je schwerer die Kugel, desto tiefer die Delle. Ähnlich verhält es sich mit der Raumzeit, die sich verkrümmt, wenn viel Masse mit kleinem Volumen sehr schnell beschleunigt wird. Doch der Vergleich hinkt: Raumzeit ist extrem steif und lässt sich nur schwer verändern. Es braucht schon die gewaltige Kraft eines Schwarzen Lochs, damit sich die Raumzeit krümmt. In großem Abstand zu Schwarzen Löchern wird die Raumzeit wieder ganz flach.
Aber was genau ist denn ein Schwarzes Loch? Ist das nicht ein furchtbarer schwarzer Strudel im Weltall, der alles verschlingt, was ihm in die Quere kommt? Innerhalb des sogenannten Schwarzschildradius ist kein Entkommen möglich – nichts und niemand kann diese Umgebung verlassen, da die Gravitation des Schwarzen Lochs so immens groß ist. Wie genau dieses Grauen des Weltalls aussieht, weiß niemand. Da Schwarze Löcher jegliche Information verschlucken, existieren keine Bilder.
Begeistert vom großen Idol
Wenn zwei Schwarze Löcher sich annähern, verschmelzen sie irgendwann zu einem großen Schwarzen Loch. Dabei werden auch Gravitationswellen frei, die sich auf den Weg durch das Weltall machen und dabei die Raumzeit krümmen. Das geschah mit zwei besonders schweren Löchern vor langer Zeit. Rund eine Milliarde Jahre später, am 14. September 2015, trafen die Gravitationswellen auf die Erde und wurden mithilfe eines Lasers gemessen – für die Astrophysik eine bahnbrechende Erkenntnis.
Johannes Klauer, Student der Wirtschaftsinformatik aus Zell, war begeistert von seinem großen Idol Harald Lesch: „Ich bin heute hergekommen, weil ich seit der siebten Klasse ein großer Fan von Harald Lesch bin. Er hat mich für die Physik begeistert und ich schaue auch regelmäßig die Videos auf seinem Youtube-Kanal“. Klauer, der sein mündliches Abitur in Astrophysik ablegte, fand die Vorstellung gut und verständlich, wenn auch sehr anspruchsvoll: „Da ich schon aus der Schule einige Vorkenntnisse besitze, tat ich mir etwas leichter die Zusammenhänge zu verstehen. Vorher wusste ich nicht, was Gravitationswellen sind, jetzt habe ich eine Idee davon bekommen. Ich habe mir das Buch gekauft, um noch mal alles nachzulesen“.
Kritik an Ignoranz der Gesellschaft
„Letztendlich geht es nur darum, ob die Theorien der Wissenschaft über die Welt richtig oder falsch sind. Ich hätte gerne noch die Frage aufgeworfen, warum wir die Erde und unsere Umwelt so schlecht behandeln, obwohl wir über die Natur so viel wissen. Plastik im Meer, der Treibhauseffekt, der Klimawandel – wir wissen darüber Bescheid, aber ruinieren uns selbst“, kritisiert Lesch die Ignoranz der Gesellschaft.