Für den Laien ist der Bogen mit den zwölf „Schwarzen Einsern“ nur ein Satz alter Briefmarken, für den Experten ist er aber ein unermesslicher Schatz, ein Glanzstück jeder Sammlung von großem Wert. Der „Schwarzer Einser“ ist die erste deutsche Briefmarke. Der Bogen mit den zwölf Ein-Kreuzer-Marken wurde 1849 gedruckt. Zur Auktion wird dieser mit einem Mindestgebot von 200 000 Euro ausgerufen.
Große Seltenheit
Was macht diese Briefmarken so wertvoll? Beim genauen Hinsehen erkennt man, dass einer der zwölf „Schwarzen Einsern“ auf dem Kopf stehend gedruckt worden ist. Ein Fehldruck, eine Rarität, die es laut Versteigerungskatalog nur dreimal auf der Welt gibt. Der Bogen gehöre daher zu den größten Seltenheiten der klassischen Philatelie, heißt es im aufwendig gestalteten Auktionskatalog.
Damit ist natürlich noch nicht gesagt, ob sich tatsächlich ein Käufer findet, der bereit ist, mindestens 200 000 Euro zu zahlen. Doch das Auktionshaus Heinrich Köhler, das die Versteigerung übernimmt, geht davon aus. Es gebe vorab schon ein großes internationales Interesse, heißt es in einer Pressemitteilung. Das Auktionshaus erwartet daher, dass der Startpreis sogar weit übertroffen wird.
Teil der Generalsammlung
Der Bogen mit den „Schwarzen Einsern“ ist Teil einer so genannten Generalsammlung von Fritz Kirchner, die in der kommenden Woche unter den Hammer kommt. Darüber hinaus werden viele weitere Briefmarken versteigert. Eine hat einen Startpreis von 70 000 Euro, manche liegen bei 10 000 Euro, eine Vielzahl wird dagegen für vergleichsweise billige 200 bis 1000 Euro Startpreis zur Auktion angeboten.
Die Briefmarken gehörten Fritz Kirchner, der im Mai letzten Jahres verstorben ist. Generalsammlungen zeichnen sich durch Vollständigkeit aus, das heißt sie zeigen sämtliche Marken von ihrem ersten Erscheinen bis in die Gegenwart für ein bestimmtes Gebiet. Die Sammlung Kirchner erstreckt sich über das Gebiet „Deutschland“ über 150 Jahre hinweg. Alle Briefmarken zu besitzen, das gilt als eine gewaltige Herausforderung in der Philatelie.
Zwei Generationen haben die Sammlung geschaffen. Den Grundstein hatte bereits Richard Kirchner vor rund 140 Jahren gelegt. Die Sammlung wurde von dessen Sohn Otto Kirchner fortgeführt bis zum Jahr 1946. Nach dem Tod des Vaters baute Fritz Kirchner die Kollektion dann weiter aus und ergänzte sie um die deutschsprachigen Länder Schweiz und Österreich sowie Italien sowie einige weitere Gebiete.
Auf Fehldrucke spezialisiert
Nachdem Fritz Kirchner alle Briefmarken aus den deutschen Gebieten vollständig gesammelt hatte, spezialisierte er sich auf so genannte Abarten. Dies sind Fehldrucke, wie der oben beschriebene Bogen mit dem kopfstehenden „Schwarzen Einser“.
Der ehemalige Chef der Fränkischen Rohrwerke hatte seine Briefmarkensammlung nie öffentlich ausgestellt. Niemand hat seine Sammlung jemals gesehen, nur mit engsten Familienmitgliedern teilte er seine Freude an den Marken. In der Philatelie war die Existenz der Sammlung deshalb praktisch unbekannt. Nur wenige Händler und Auktionatoren ahnten, welche Schätze die Fritz-Kirchner-Sammlung enthielt.
Faszinierendes Hobby
Manche Marken geben ihre Geschichte erst auf den zweiten Blick preis. Das ist wohl auch das Faszinierende an diesem Hobby. Sie erzählen von 150 Jahre politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Geschehen.
Keine Auskunft erteilt die Familie Kirchner, wem die Sammlung heute gehört, warum sie verkauft wird und was für einen Erlös sich die Familie erwartet. „Dies ist Privatsache“, sagt stellvertretend für die gesamte Familie der jetzige Firmenchef der Fränkischen Rohrwerke, Otto Kirchner.