Die Aufarbeitung der Schwarzbau-Affäre im Westen der Kreisstadt hat die rein lokalpolitische Ebene inzwischen verlassen und eine juristische Ebene erreicht. Das ist spätestens seit der Stadtratssitzung am Montagabend klar. Sowohl die Stadt Haßfurt als auch ihr Dritter Bürgermeister Berthold Albert (Wählergemeinschaft Haßfurt, WG), der wegen der Inbesitznahme städtischer Ausgleichsflächen in die Kritik geraten ist, haben ihre Rechtsanwälte eingeschaltet.
Dies bestätigten Bürgermeister Günther Werner (WG) im Verlaufe der Sitzung in der Stadthalle sowie Berthold Albert auf Anfrage der Redaktion am Dienstag. Albert bestritt allerdings, was manche und mancher im Gremium inzwischen mutmaßte: Dass er beziehungsweise seine Familie die Stadt verklagt hätten. "Wir haben nur unsere Unterlagen an unsere Anwälte übergeben", sagte er zur Redaktion.
Wie berichtet, hatte der Bau- und Umweltausschuss der Kreisstadt vor zwei Wochen bei drei Gegenstimmen folgenden Beschluss gefasst: All jene Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, die in den Neubaugebieten "Am Osterfeld Teil 2" und "Westlich der Sailershäuser Straße" an ihre Grundstücke angrenzende städtischen Wiesen in Beschlag genommen haben, müssen, was immer sie dort getan haben, wieder rückgängig machen.
Die sich daraus ergebende Konfliktsituation zwischen Erstem und Drittem Bürgermeister ist unübersehbar. Während Stadtoberhaupt Werner erklärt hatte, auch im Falle seines Stellvertreters habe es keine Zugeständnisse der Stadt gegeben, beruft sich Albert auf mündliche Zusagen der Stadt für die Eingriffe und Umgestaltungsmaßnahmen jenseits des Gartenzauns von jenem Grundstück, das ihm und einer Familienangehörigen gehört.
Haßfurter SPD blitzt mit ihrem offenen Brief an den Bürgermeister und die WG ab
Weil sich jetzt erst einmal die Juristen mit der Angelegenheit befassten, ließ Bürgermeister Werner am Montag auch die SPD-Fraktion mit ihrem offenen Brief und den darin gestellten Fragen abblitzen. Die Sozialdemokraten hatten von ihm wissen wollen, wem er Hetze und Rufmord gegen ein Mitglied des Stadtrats, gemeint war Albert, vorwerfe. Werner verteidigte sich allerdings dahingehend, dass er diese Begriffe relativiert und davon gesprochen habe, es grenze an Rufmord oder Hetze.
Berthold Albert selbst kam ebenfalls der Aufforderung der SPD nicht nach, über seine Rolle in der Schwarzbau-Affäre aufzuklären. Und auch die WG-Fraktion lehnte eine Stellungnahme ab, wie sie das Verhalten der aus ihren Kreisen stammenden Bürgermeister sieht. Doch Fraktionsvorsitzender Michael Spies setze zum Gegenangriff an: Er will von der Verwaltung prüfen lassen, ob Stephan Schneider, Stadtrat und Vorsitzender der Haßfurter SPD, seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt hat und ob er deswegen sanktioniert werden kann.
Schneider nämlich hatte gegenüber dieser Redaktion festgestellt, dass die Ratsfraktionen in nicht-öffentllicher Sitzung allesamt klar gemacht hätten, dass Alberts Verhalten in der Schwarzbau-Affäre nicht in Ordnung sei, sich dann aber nicht getraut hätten, das Fehlverhalten klar öffentlich zu benennen (die SPD selbst legt Albert den Rücktritt als Dritter Bürgermeister nah). Für Spies steht damit das Verraten von Inhalten nicht-öffentlicher Sitzungen im Raum.
Für SPD-Mann Schneider ist das blanker Unsinn. Weder er noch seine Partei würden sich durch so etwas davon abhalten lassen, weiter Aufklärung zu fordern. Schneider kündigte am Dienstag an, er und seine Mitstreiter würden weiter darauf drängen, dass die Wählergemeinschaft endlich Farbe bekenne, wie sie das Verhalten ihrer Bürgermeister bewerte. Und nicht versuche, "sich wie bisher aus allem herauszuwinden".
Die betroffenen Haushalte werden bald Post von der Stadt bekommen
Laut Bürgermeister Günther Werner werden die in die illegalen Übergriffe auf städtischen Grund involvierten Haushalte bald Post von der Stadt bekommen: Den Brief, der sie zum Rückbau etwa von Sichtschutzwänden, Wällen oder Wärmepumpen auf den städtischen Wiesen auffordert. Es war dem Rathauschef am Dienstag deutlich anzumerken, dass er auf Vernunft und Einsicht der Adressaten hofft, die geforderten Maßnahmen dann auch umzusetzen, damit der "Wilde Westen" in Haßfurt endlich der Vergangenheit angehört.