Der Euro fällt und fällt. Gestern kostete der Euro nur noch 1,13 Dollar, das ist der tiefste Stand seit 2003. Vor acht Monaten hatte die europäische Gemeinschaftswährung noch fast 1,40 Dollar gekostet. Derzeit gibt es auf Ersparnisse im gesamten Euroraum so gut wie keine Zinsen mehr, Kredite sind günstig wie nie zu haben. Die Heimatzeitung befragte zu den Hintergründen dieser Entwicklung Peter Schleich, den Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Ostunterfranken:
Die Zinsen für Kredite und Einlagen orientieren sich – je nach Laufzeit – an den Zinssätzen der EZB (für kurzfristige Zinssätze) und an der Entwicklung der Kapitalmärkte.
Die EZB hat seit der Finanzkrise die EZB-Zinssätze auf ein historisches Tief gesetzt und Banken zahlen zwischenzeitlich Minuszinsen für die Anlage von Geldern bei der EZB.
Durch die gesunkene und sehr niedrige Inflation sieht die EZB derzeit keine Inflationsgefahr, sondern versucht, über die niedrigen Zinsen den Konsum und Investitionen zu fördern und einer Deflation entgegenzuwirken.
Diese Niedrigzinsphase nützt allen, die sich verschulden wollen oder müssen bzw. Anschlussfinanzierungen nach Ablauf von Krediten benötigen. Bei Staaten sinkt die Zinslast im Haushalt deutlich. Auch Unternehmen profitieren bei ihren Neu- oder Ersatzinvestitionen von geringeren Finanzierungskosten. Allerdings wird ein Unternehmer seine Investitionsentscheidung nicht alleine von den Zinskosten abhängig machen, sondern sich an den Absatzchancen, der Preis- und Kostenentwicklung seiner Produkte orientieren. Viele Privatpersonen nutzen das niedrige Zinsniveau für den Hauskauf und die Modernisierung- oder für Konsumfinanzierungen. Über diese Wirkungskette (Konsum, Investitionen) können Arbeitsplätze gesichert oder neu geschaffen werden und es nützt vielen Bürgern. Allerdings sind auch die negativen Auswirkungen auf Vermögensanlagen zu sehen.
Die EZB hat das Ziel der Geldwertstabilität und ist an einer Deflation nicht interessiert.
Die bisher durchgeführten Zinssenkungen hätten über mehr Investitionen bereits zu einem Wachstum und leichten Preissteigerungen führen sollen.
Wie Entscheidungen und Maßnahmen der EZB wirken, lässt sich durch die Vielzahl der Marktteilnehmer allerdings nicht vorhersagen.
Eine Deflation würde dazu führen, dass Kauf- und Investitionsentscheidungen zurückgestellt werden und in der Hoffnung auf sinkende Preise erst später durchgeführt werden. Dies würde die wirtschaftliche Entwicklung stark schwächen. Der Maßnahmenkatalog wird aktuell um das Ankaufprogramm von Staatsanleihen erweitert. Damit wird EZB-Geld „gedruckt“ und die Staatsanleihen in den Haushalt der EZB – mit all den Risiken – aufgenommen. Banken können mit dem Geld aus den an die EZB verkauften Anleihen neue Kredite vergeben. Die Staaten können das frische Geld für Investitionen verwenden und sich durch sinkende Zinsen noch billiger verschulden. Gleichzeitig wird durch einen noch schwächeren Euro der Export angekurbelt. Sollte sich die wirtschaftliche Entwicklung in Europa stabilisieren oder erholen – analog Amerika und England –, ist die Strategie aufgegangen. Ob dies gelingt, hängt aber nicht allein von den Zins- und Geldmärkten, sondern auch von den strukturellen Veränderungen ab.
Die EZB hat für ihre Aufgabenstellung im Kern zwei Stellhebel – den Zins und die Geldmenge. Künftig übernimmt die EZB jedoch mit Anleihekäufen indirekt die Finanzierung von Staaten. Dies gehört eigentlich nicht zu den Aufgaben der EZB und ist daher höchst umstritten.
Beides wirkt über den Mechanismus Angebot und Nachfrage natürlich auch auf den Euro.
Wenn Sie, wie viele Bürger und Unternehmen, nur in Euro Einnahmen und Ausgaben tätigen, verändert sich zunächst nichts.
Die Schwäche des Euros merken Sie nur im Verhältnis zu anderen Währungen. Dies kann aber auch mit der Stärke der anderen Währungen zu tun haben.
Der Kurs bildet sich durch Angebot und Nachfrage – auf Basis realwirtschaftlicher Güterströme, aber auch durch Wechselkursspekulationen. Schwäche ist in diesem Kontext relativ. Denn ein „schwacher“ Euro ist für unsere Export-Nation von Vorteil. Importe verteuern sich dagegen.
Auf die Wirkungszusammenhänge bin ich bereits eingegangen. Dies ist durchaus möglich, und in der Praxis auch teilweise erkennbar.
Allerdings sind andere Faktoren / Rahmenbedingungen stärkere Treiber. Positive Zukunftsaussichten, Wachstumsmärkte und wirtschaftspolitische Strukturen und Vertrauen in Reformen der einzelnen Volkswirtschaften haben eine stärkere Wirkung als Zinsen.
Klar haben wir Interesse, auch auf diesem Zinsniveau Kredite zu vergeben.
Zum einen ist es unser Geschäftsmodell und Selbstverständnis, die Region zu finanzieren.
Zum anderen ist die Alternative, die Gelder bei der Bundesbank anzulegen, unattraktiv. Wir bekommen keinen Zins mehr, wir bezahlen Strafzinsen!
Im letzten Jahr haben wir auf diesem Niveau ca. 110 Mio. Euro Darlehensauszahlungen gegeben. Von einer Kreditklemme oder keinem Interesse an Kreditvergaben kann man bei diesen Zahlen wohl kaum sprechen.
Auch der Handwerker wird das Material, das er auf Lager hat, nicht einfach liegen lassen, sondern zur Kostendeckung seiner Löhne die Aufträge abarbeiten, auch wenn die Preise vielleicht geringer sind, als er sich es wünscht.
Nein, dies war so nicht absehbar. Wie im Haßfurter Tagblatt zu lesen war, hat die Deutsche Bank 150 Mio. Dollar Verluste aus Geschäften mit Schweizer Franken.
Manche haben dies vielleicht so eingeschätzt und anders disponiert.
Nachdem die Schweizer im Ausland (z.B. in Deutschland) billiger einkaufen können und günstiger Urlaub machen können, werden unter anderem die Grenzregion und Tourismusregionen profitieren.
Der Anteil der Schweizer Gäste in unserer Region ist eher gering.
Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in die Schweiz können profitieren, da die Produkte für die Schweizer nun billiger geworden sind.
Insgesamt sind die Auswirkungen aus der Entwicklung des Schweizer Franken für unsere Region eher gering.