zurück
HASSFURT
Schubkarre auf dem Schotterweg erzürnt den Nachbarn
Aus dem Amtsgericht Haßfurt berichtet Manfred Wagner
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:21 Uhr

Gerichtsprozesse wegen Nachbarschaftsstreitigkeiten landen normalerweise vor dem Zivilgericht. Wenn es aber Handgreiflichkeiten oder gewaltsame Auseinandersetzungen gibt, dann kommt der Staatsanwalt ins Spiel. Der jüngste derartige Fall um ein Wegerecht endete vor dem Haßfurter Amtsgericht fast wie das berühmt-berüchtigte Hornberger Schießen: Nach zwei Stunden wechselseitiger Anschuldigungen wurde das Verfahren wegen Körperverletzung mit einer Geldauflage in Höhe von 300 Euro eingestellt.

Vor Gericht ging es um den Vorfall, der sich am späten Nachmittag des 17. Juni des vergangenen Jahres in einem kleinen Dorf in der nördlichen Region der Haßberge zugetragen hatte. Damals schob ein Arbeiter (52) seine Schubkarre voller Steine und Betonbrocken über einen geschotterten Weg. Und darüber geriet der 60-jährige Angeklagte so in Rage, dass er – laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft – dem Jüngeren „mit der Rückhand ins Gesicht geschlagen und mindestens einen Stein gegen das Schienbein geworfen haben soll“.

Hintergrund dieses Streites ist ein seit etlichen Jahren ungelöster Zwist um das Zugangs- und Nutzungsrecht dieses unscheinbaren Weges. Laut Grundbuch gehört dieser Weg zwei Eigentümern – einer davon ist der beschuldigte Landwirt, der andere ist eine Nachbarin. An dem besagten Tag hatte eben diese Nachbarin dem Arbeiter erlaubt, mit seiner Karre diesen Schotterweg zu benutzen.

Was genau bei dem Zank zwischen dem Arbeiter und dem Bauern passierte, ließ sich im Gerichtssaal letztendlich nicht klären. Es gab nämlich keine unbeteiligten Zeugen und jeder der Streithähne behauptete, das Opfer des jeweils anderen gewesen zu sein. Beide suchten damals nach dem Streit die Polizei in Ebern auf, um den anderen anzuzeigen. Das Verfahren gegen den Arbeiter war schon im Vorfeld eingestellt worden, der Landwirt hatte einen Strafbefehl über 1000 Euro erhalt, gegen den seine Anwältin Karin Motschenbacher Einspruch einlegte.

Dass der Beschuldigte sowohl von seinem Widersacher als auch von einem Polizeibeamten als aufgebracht und impulsiv beschrieben wurde, reichte dem Gericht nicht für eine Verurteilung aus. Staatsanwalt Ilker Özalp zeigte sich seitens der Anklagebehörde mit einer Einstellung gegen eine Geldauflage einverstanden. Zwischen den Streithanseln müsste zumindest ein Zustand der „friedlichen Koexistenz“ erreicht werden, beschrieb er das Ziel des Prozesses.

Salomonisch mutet an, wie Strafrichterin Ilona Conver die Kosten verteilte: Der Angeklagte muss – wie sein Gegner, der als Nebenkläger auftrat – die jeweils eigenen Anwaltskosten selber berappen. Die Gerichtskosten trägt die Staatskasse. Und die Geldauflage von 300 Euro wird gesplittet: Einen Hunderter kriegt ein Untermerzbacher Kindergarten, einen der Kreisverband des Roten Kreuzes und einer wurde dem beteiligten Arbeiter zugesprochen. Sofort nach Ende der Verhandlung zückte der Bauer sein Portemonnaie und seine Rechtsanwältin überreichte den Schein. Wer weiß, vielleicht war diese hoffnungsvolle Geste ein erster Schritt der Versöhnung...

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haßfurt
Auseinandersetzung
Gerichtsprozesse und Gerichtsverfahren
Nachbarschaftskonflikte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top