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HAßFURT
Schizophrene nicht stigmatisieren
Sabine Weinbeer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:33 Uhr

Der 10. Oktober ist der „Tag des psychisch kranken Menschen“. Zu diesem Anlass steht in diesem Jahr die Schizophrenie im Mittelpunkt. Wir sprachen mit Birgit Hofmann-Betz, der Leiterin des Sozialpsychiatrischen Tageszentrums der Caritas in Haßfurt, über das Thema.

„Diese zunächst niederschmetternde Diagnose erschüttert den Betroffenen wie seine Familie in ihren Grundfesten“, erklärt sie. Denn stärker noch als bei anderen Krankheiten würden vor allem bei seelischen Erkrankungen alle Familienmitglieder stark vom Krankheitsgeschehen berührt und in den öffentlichen Fokus gestellt.

Die an Schizophrenie erkrankten Menschen erleben zwei Realitäten, die parallel nebeneinander existieren. Sie erfahren Dinge und nehmen Sinneseindrücke wahr, die ein Gesunder nicht nachvollziehen kann. Diese Tatsache werde mit dem Begriff „schizophren“ umschrieben, so Hofmann-Betz.

Den schizophren erkrankten Menschen falle es oft sehr schwer zu unterscheiden, was wirklich und was unwirklich ist. In einer akuten Krankheitsphase sei das oftmals überhaupt nicht mehr möglich, und Erleben und Verhalten werde absolut von der Krankheit beherrscht. Dies wiederum führe zu absolut verständlichen Irritationen in der Familie und dem sozialen Umfeld.

Jeder Hundertste ist betroffen

Weltweit erkrankt etwa ein Prozent aller Menschen im Laufe des Lebens an Schizophrenie.

Männer und Frauen sind dabei gleich häufig betroffen. Warum bestehen gegenüber dieser Erkrankung so viele Vorurteile und warum werden diese Menschen und ihre Angehörigen in unserer Gesellschaft stigmatisiert? Dazu erklärt Hofmann-Betz: „Andersartigkeit erzeugt Angst und Verunsicherung, erst recht wenn ein bestimmtes Verhalten auf wahnhaften Vorstellungen gründet und der Patient jeglichen Realitätsbezug verloren hat. Die Vorurteile gegenüber psychiatrischen Patienten gründen sich auf jahrhundertealtem Aberglauben, Missverständnissen und Informationsdefiziten.“

In unserer Gesellschaft werde von allen Menschen Einsicht in die Motive ihres Tuns und die verlässliche Erfüllung eines normierten Verhaltens erwartet. Eigenschaften, die bei schizophrenen Menschen zumindest vorübergehend nicht vorhanden sind und diese Menschen deswegen häufig als unberechenbar, unzuverlässig und gefährlich gelten lassen.

Dazu komme ein oftmals häufiger oder längerer Aufenthalt in psychiatrischen Kliniken, die ihrerseits einen ominösen Status in der Bevölkerung haben. Ein Grund für diese Bewertung könnte auch die Tatsache sein, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Erkrankung mit einem absolut chronischem Verlauf und einer sehr ungünstigen Prognose gleichgesetzt wurde, die eine Rückkehr in die Gemeinschaft nahezu unmöglich erscheinen ließ.

Chronischer Verlauf

„Heutzutage sind die Verhältnisse zum Glück anders“, erklärt die Diplom-Sozialpädagogin. Medikamente, die es überhaupt erst seit den 1950er-Jahren gebe, wurden stetig weiterentwickelt. Es gebe flächendeckend niedergelassene Fachärzte, das Angebot an Beratungsstellen, Wohn- und Betreuungseinrichtungen wie Tageskliniken, Tageszentren, betreutem Wohnen wurde flächendeckend ausgebaut.

Angehörigenarbeit wurde ins Leben gerufen.

Trotz aller Verbesserungen halten sich aber die Vorurteile und Vorverurteilungen gegenüber Angehörigen und Betroffenen hartnäckig.

„Schuldzuweisungen sind völlig fehl am Platz und kontraproduktiv. Deswegen wurden Anti-Stigmatisierungsproramme aufgelegt, in denen sachliche Informationen zum Thema Schizophrenie gegeben werden“, erzählt Hofmann-Betz aus ihrer Arbeit. Diese Programme und Aktionen können nur gelingen, wenn die Menschen bereit sind, ihre vorgefassten Meinungen zu überdenken und gegebenenfalls zu revidieren.

Es dürfe nicht sein, dass sich betroffene Menschen und ihre Angehörigen aus Scham und Angst vor Ausgrenzung nicht in adäquate Behandlung begeben und von ihren Mitmenschen ins soziale Abseits manövriert werden.

Professionelle Beratung und Hilfe zum Thema psychische Erkrankung erhalten Betroffene kostenlos, unabhängig von konfessioneller Zugehörigkeit und mit garantierter Schweigepflicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Caritasverband für den Landkreis Haßberge in der Oberen Vorstadt 1 unter Tel. (0 95 21) 6 91-60 oder im Internet unter www.caritas-hassberge.de

 
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