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HAßFURT
Schattenseiten des Straßenverkehrs
Junge Autofahrer verdrängen oft die Gefahren des Straßenverkehrs. Doch die Ausstellung „Schatten – Ich wollte doch leben“, die von echten Unfallopfern erzählt, geht unter die Haut.
Foto: Sabine Weinbeer | Junge Autofahrer verdrängen oft die Gefahren des Straßenverkehrs. Doch die Ausstellung „Schatten – Ich wollte doch leben“, die von echten Unfallopfern erzählt, geht unter die Haut.
Von unserer Mitarbeiterin Sabine Weinbeer
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:09 Uhr

Die Haßfurter Berufsschüler werden in den kommenden zwei Wochen überall im Schulhaus auf die Schatten von Benjamin, Jasmin, Roccy, Sissi, Sarah und Sascha treffen. Die jungen Leute, deren mannshohe Silhouetten die Ausstellung „Schatten – Ich wollte doch leben“ bilden, sind alle bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen. Ihre Familien haben zugestimmt, dass ihre Geschichten dazu beitragen, junge Menschen für die Gefahren des Straßenverkehrs zu sensibilisieren. Die Ausstellung wurde am Dienstag an der Heinrich-Thein-Berufsschule eröffnet.

Die Ausstellung konfrontiere „mit den Schattenseiten des Straßenverkehrs“, so der stellvertretende Schulleiter Jochen Brüggemann. Das tue sie sehr eindringlich und auf eine Art und Weise, die jungen Menschen unter die Haut geht. Gerade Jugendliche tendierten dazu, Gefahren lieber „wegzuwischen“.

Weil man gemerkt habe, dass das bei dieser besonderen Präsentation anders ist, bemühte sich die Schulleitung, die Ausstellung nach vier Jahren ein zweites Mal an die Schule zu holen. Sie gehört zur Verkehrssicherheitswoche, die Kurt Helbig mit vielfältigen Veranstaltungen organisiert hat.

Das Konzept „Schatten“ entwickelte die Designerin Marlene Schlund während ihres Studiums als Beitrag zu einer Ausschreibung des Bayerischen Innenministeriums. Es wurde zwar ausgezeichnet, umgesetzt hat es aber dann der ADAC. Der stellt die Präsentation seitdem kostenlos vor allem Schulen, aber auch anderen Institutionen zur Verfügung, wie Vorstandsmitglied Thomas Dill in Haßfurt erklärte.

67 junge Fahrer kamen im vergangenen Jahr auf Bayerns Straßen ums Leben, darunter auch eine 19-Jährige aus dem Landkreis Haßberge. Jedes neue Gedenkkreuz an der Straße sei eines zu viel und deshalb wolle die Ausstellung wachrütteln.

Dabei überschreite sie auch gewisse Grenzen. Besonders betroffen mache die Tatsache, dass es sich um reale Fälle handelt. Die Familien haben zugelassen, sowohl den Unfallhergang, als auch das Wesen des jungen Menschen zu beschreiben, den sie verloren haben. Der 19-jährige Benjamin hat sich überschätzt, die 24-jährige Jasmin wurde übersehen, die 16-jährige Sissi vertraute blind auf die Fahrkünste ihres Bekannten und der 19-jährige Sascha war nicht angeschnallt.

Eine relativ neue, aber umso häufigere Ursache brachten sowohl Norbert Mohr, Dienststellenleiter der Haßfurter Polizei, als auch 3. Bürgermeister Stephan Schneider mit ins Spiel: die Ablenkung vor allem durch das Handy. Stephan Schneider steuerte dazu aus seinem Alltag als Rettungssanitäter ein Erlebnis bei, bei dem eine nicht zu Ende geschriebene SMS deutlich machte, warum die beiden Fahrzeuge auf gerader Strecke zusammenstießen.

Da stand die Frage „Was machst Du heute abend?“, die Antwort „Nichts“ wurde nicht mehr abgeschickt, aber schlimmste Realität für zwei junge Menschen im Alter von 25 und 23 Jahren.

Polizei und Rettungsdienst gehören auch zu den durchschnittlich 113 Personen, die von einem Verkehrstod unmittelbar betroffen sind. „Auch einen Polizisten wirft das aus der Bahn, wenn alle Bemühungen vergeblich sind“, erklärte Norbert Mohr. Oft sei es ein Moment der Unaufmerksamkeit bei zu hoher Geschwindigkeit, der Leben auslöscht. Die Polizei im Landkreis Haßberge werde daher in den kommenden Monaten noch intensivere Kontrollen durchführen, bei denen es um die Geschwindigkeit, den Gurt und das Handy geht.

Vor der Einstellung „mir wird schon nichts passieren“ warnte Thomas Dill. Der Diplom-Ingenieur ist heute Vorstandsmitglied Verkehr, Technik und Umwelt des ADAC Nordbayern, früher fuhr er zehn Jahre lang Autorennen. Er machte deutlich, dass es auf der Rennstrecke mit all den Sicherheitsvorkehrungen im Auto und darum herum viel sicherer sei, als auf der Straße.

Er forderte, wie auch der stellvertretende Landrat Michael Ziegler, dazu auf, am Fahrsicherheitstraining teilzunehmen. „Wer die Grenzen seines Fahrzeugs und seins Fahrverhaltens austesten will, der kann das in Schlüsselfeld gefahrlos tun“, so Michael Ziegler. Alle Fahranfänger werden im Landkreis von der Verkehrswacht eingeladen „und die zehn Euro Unkostenbeitrag sind sicher gut investiertes Geld“, so Ziegler.

Junge Autofahrer verdrängen oft die Gefahren des Straßenverkehrs. Doch die Ausstellung „Schatten – Ich wollte doch leben“, die von echten Unfallopfern erzählt, geht unter die Haut.
Foto: Sabine Weinbeer | Junge Autofahrer verdrängen oft die Gefahren des Straßenverkehrs. Doch die Ausstellung „Schatten – Ich wollte doch leben“, die von echten Unfallopfern erzählt, geht unter die Haut.
Die Schatten von sechs im Straßenverkehr ums Leben gekommenen jungen Menschen bilden die Ausstellung „Schatten – Ich wollte doch leben“, die am Dienstag an der Berufsschule Haßfurt eröffnet wurde. Die Schatten werden bis Ende Juni überall im Schulhaus präsent sein.
Foto: Sabine Weinbeer | Die Schatten von sechs im Straßenverkehr ums Leben gekommenen jungen Menschen bilden die Ausstellung „Schatten – Ich wollte doch leben“, die am Dienstag an der Berufsschule Haßfurt eröffnet wurde.
 
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