zurück
Ebern
Rund 140 Menschen besuchen letzte Sinnzeit in Ebern
Nach 22 Jahren und fast 250 Gottesdiensten geht die Veranstaltungsreihe im Dekanat Haßberge zu Ende. In Knetzgau findet im Februar der große Abschluss statt.
Rund 140 Besucherinnen und Besucher kamen in die Eberner Laurentiuskirche.
Foto: Rudolf Hein | Rund 140 Besucherinnen und Besucher kamen in die Eberner Laurentiuskirche.
Rudolf Hein
 |  aktualisiert: 19.01.2025 02:28 Uhr

Die Mesnerin der Eberner Laurentiuskirche, Barbara Thein, war begeistert: "Das ist wie Weihnachten! Die Leute kommen bis aus Schweinfurt und Coburg hierher, es gibt ein richtiges Stammpublikum." Rund 140 Menschen wollten sich die letzte "Sinnzeit" in Ebern am vergangenen Sonntag nicht entgehen lassen. Der große Abschluss, nämlich die vorläufig letzte Veranstaltung dieser Art im Haßbergkreis, soll dann am 9. Februar 2025 um 18 Uhr in Knetzgau stattfinden.

Während die Kirchen in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Austritte verzeichnen mussten und die Predigten immer weniger Menschen in die Gottesdienste lockten, hatte diese Veranstaltungsreihe dem christlichen Glauben in der Region zumindest einen kleinen Schub verliehen.

Idee entstand aus einem Gespräch

Treibende Kraft in 22 Jahren und über 250 Sinnzeit-Veranstaltungen war und ist Pastoralreferent Johannes Simon. Neben seinen beruflichen Aufgaben als Familienseelsorger im Dekanat und als Referent für Öffentlichkeitsarbeit in der Diözese konzipierte und gestaltete er seit September 2002 diese ganz besondere Art von Gottesdienst. Immer am zweiten Sonntag im Monat, mit gelegentlichen Sommerpausen.

Johannes Simon warnte in seiner Predigt vor Schwarz-Weiß-Denken.
Foto: Rudolf Hein | Johannes Simon warnte in seiner Predigt vor Schwarz-Weiß-Denken.

Der Startpunkt, so erzählte es Simon dieser Redaktion im November 2024, lag in einem Gespräch mit der damaligen Familienseelsorgerin Monika Schraut. Zu jener Zeit war Schraut im Dekanat Ebern tätig, Simon in Haßfurt. "Wir stellten fest, dass zu Kindergottesdiensten immer wieder auch gerne Erwachsene kamen, weil sie da die Sprache und Elemente sehr lebensnah empfunden haben", erklärte Simon. 

So sei die Idee entstanden, einen Ort für Erwachsene zu schaffen, der die Glaubensbotschaften in einer anderen Weise transportiere und Lebensthemen anders aufgreife als es in den klassischen Predigten passiere. Die Sinnzeit entwickelte sich auf diese Weise auch zu einem Gottesdienst für Zweifler, Ungläubige und andere Christen, so Johannes Simon. "Alle sind willkommen. Mit diesem Weitwinkel sind wir seither unabhängig von der Konfession unterwegs."

Musik und eingängiges Thema als Grundlage

Seit 2017 gestaltet auch Elfriede Schneider die Sinnzeit mit. Sieben Jahre war sie im Orden der Franziskanerinnen tätig, entschied sich dann für einen "Brotberuf" als Steuerfachfrau. Nach zahlreichen Fortbildungen, darunter in meditativem Tanz, vermittelt sie auch heute noch kirchliches Gedankengut in zahlreichen Veranstaltungen, wie eben der Sinnzeit.

Zwei Elemente sind für jeden Gottesdienst im Rahmen der Sinnzeit unverzichtbar. Musik und ein eingängiges Thema. Für Ersteres sorgten am Sonntag die Musikerinnen und Musiker der Gruppe "Variabel" aus Litzendorf. Die Gruppe hat die "Klassiker" der Musikrichtung "Neues Geistliches Lied" im Repertoire, aber auch eigene Kompositionen.  

Das Thema des Abends war "Lass mal gut sein", das durchaus als Aufforderung zu verstehen ist, auch mal innezuhalten. Vorschläge aus dem Publikum in diese Richtung waren "ein intaktes Beziehungsnetz in der Nachbarschaft aufbauen", "mehr Geduld mit mir selbst und Zeit für mich selbst haben" oder ganz einfach "Gemeinschaft leben".

Das Motto und Thema des Abends lautete: 'Lass mal gut sein.'
Foto: Rudolf Hein | Das Motto und Thema des Abends lautete: "Lass mal gut sein."

Die Lesung aus dem alttestamentlichen Buch der Weisheit "Kohelet", in der Lutherbibel "Der Prediger Salomo", gab den zentralen Gedanken der Predigt vor: "Alles hat seine Stunde, seine Zeit." Nach Kohelet ist das Leben ein Bild mit zig Millionen Farbnuancen, das sich ständig verändert. Manchmal ist man versucht, das Leben zu vereinfachen und nur noch Schwarz und Weiß zuzulassen.

Farbfenster als Symbol für das bunte Leben

Symbolisch für die Buntheit des Lebens ist das bunte Fenster im Kölner Dom. Der Dresdner Künstler Gerhard Richter hatte es aus 11.200 Farbquadraten gestaltet. Eine Reproduktion dieses faszinierenden Farbenspiels wurde in Ebern über dem Altar angebracht und vermittelte auch hier für Johannes Simon "die Fülle des Lebens, die Verbindung zwischen Himmel und Erde, Gott und Mensch", wie er es beschrieb.

Die Reproduktion eines der spektakulärsten Fenster im Kölner Dom verdeckt den Altar der Eberner Laurentiuskirche.
Foto: Rudolf Hein | Die Reproduktion eines der spektakulärsten Fenster im Kölner Dom verdeckt den Altar der Eberner Laurentiuskirche.

Johannes Simon und Elfriede Schneider lassen die Sinnzeit jetzt gut sein. Für die Zeit nach dem Berufsleben haben beide noch genug vor, das berühmte "schwarze Loch" wird sie nicht verschlingen. Wie es mit dem Gottesdienst weitergeht, wissen weder sie noch Dekan Christian Lutz. Angesichts des Priestermangels und generell des Rückgangs der Theologiestudenten wird die Kirche neue Wege finden müssen, um dem gelebten Glauben einen angemessenen Rahmen zu geben. 

Oder mit den Worten des Dekans: "Seine Zeit braucht seine Leut'" – und die gilt es zu finden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ebern
Rudolf Hein
Christian Lutz
Dekanat Haßberge
Gerhard Richter
König Salomo
Lied als Musikgattung
Musikerinnen und Musiker
Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top