
„Ich bin der Welt abhanden gekommen“, so lautet die erste Zeile des fünften Rückert-Liedes, dessen Vertonung von Gustav Mahler das Konzert eröffnete. Trefflicher als mit diesem Satz lässt sich die Szenerie beim Waldkonzert im Landschaftspark Bettenburg kaum beschreiben. Sich von der Welt abkehren und in der Hinwendung zur Musik Ruhe und Zuflucht finden – das konnten die rund 150 Gäste in der besonderen Atmosphäre des Waldkonzertes.
In Vertretung des Hausherrn Christian Freiherr von Truchseß hieß Ferdinand von Truchseß das Publikum willkommen. „Solch ein Park muss leben. Wenn Menschen sich daran freuen, ist das Ziel erreicht“, drückte er seine Freude über die Veranstaltung aus.
Zweckverband „Deutscher Burgenwinkel“
Das Waldkonzert, veranstaltet vom Zweckverband „Deutscher Burgenwinkel“, sei ein Sprung zurück in die Zeit des Erbauers des Landschaftsgarten, sagte Wolfram Thein, Vorsitzender des Zweckverbandes und Bürgermeister des Marktes Maroldweisach. Ziel sei es, das historische Erbe sowohl der heimischen Bevölkerung als auch auswärtigen Gästen näherzubringen.
Für Burgenwinkelmanager Alexander Blöchl ist das Waldkonzert eine gute Möglichkeit, auch überregionales Publikum zu erreichen. „Es ist zwar nicht unsere Hauptaufgabe, aber mit dem Konzert lässt sich der Landschaftspark gut einbinden und es passt zu unseren bereits vorhandenen Angeboten.“
Romantische Kulisse
Der Erfolg gibt ihm recht: Angetan vom außergewöhnlichen Konzertort waren neben den zahlreichen Einheimischen auch die mit dem Bus angereisten Mitglieder des Erlanger Rückert-Kreises, für die das Waldkonzert eine Station auf ihrer Rückert-Exkursion war. Die Freiwillige Feuerwehr Manau sorgte für die Bewirtung der Gäste.
Zum fünften Mal in Folge trat der 1977 in den USA geborene und in Rentweinsdorf aufgewachsene Bass-Bariton Eric Fergusson vor der romantischen Kulisse des Minnesängerplatzes auf. Wie geschaffen für einen Liedabend, bot die kleine Bühne dem Flügel, dem Pianisten Helmut Schmitt und dem Sänger Platz.
Das eifrige Blättern im Programmheft und der auf die Textzeilen geheftete Blick mancher Besucher wären gar nicht von Nöten gewesen. Die erstaunlich gute Akustik und die ausdrucksstarken Interpretationen von Eric Fergusson ließen an Textverständlichkeit nichts zu wünschen übrig.
Bettenburger Tafelrunde
Freiherr Christian Dietrich Truchseß von Wetzhausen, damaliger Schlossherr der Bettenburg, ließ 1789 im Wald unterhalb der Bettenburg den Landschaftspark errichten. Die Denkmäler und Bauwerke zeugen von der verklärenden Sicht des Erbauers auf das deutsche Mittelalter. Häufiger Gast auf der Bettenburg und beim Literatenkreis „Bettenburger Tafelrunde“ war Friedrich Rückert. Da liegt es natürlich nahe, an dem Ort, an dem der Dichter möglicherweise einst seine Werke zitierte, Vertonungen seiner Gedichte erklingen zu lassen.
Bei der Auswahl der Lieder konnte Fergusson aus den Vollen schöpfen. Gehört Rückert mit weit über zweitausend Vertonungen von verschiedensten Komponisten doch zu den meistvertonten Dichtern überhaupt. „Rückert macht süchtig“, schilderte der Sänger die Folgen seiner Beschäftigung mit dem Dichter und Sprachgenie. Dieser Sucht kann man getrost und gerne erliegen. Vor allem, wenn die Werke in einem solch spannenden und kontrastreichen Liedprogramm dargeboten werden, wie dies im Landschaftspark der Fall war.
„Der Himmel hat eine Thräne geweint“: Während Robert Schumann in romantisierender Verklärung schwelgt, wirkt Max Regers Vertonung geheimnisvoll und beleuchtet eher einzelne Textaspekte. Auch die Kompositionen von Giacomo Meyerbeer und Franz Schubert zu den Zeilen des Gedichtes „Dass der Ostwind Düfte“ könnten unterschiedlicher nicht sein.
Liedvorträge und Wissenswertes
Eric Fergusson unterhält zwischen den Liedvorträgen mit allerlei Wissenswertem und Amüsantem über die einzelnen Komponisten und ihre Werke. Neben Schumann, Schubert, Mussorgsky und Brahms finden auch selten zu hörende Komponisten in dem abwechslungsreichen Programm Gehör. Dazu gehört der eher als Dichter bekannte Friedrich Nietzsche, der ebenso wie 65 Komponisten das bekannte Gedicht „Aus der Jugendzeit“ vertonte. Und auch das von Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha vertonte „Trauerlied“ ist eine Rarität auf den Bühnen.
Dass er für Rückert brennt und sich intensiv mit seinen Gedichten auseinandergesetzt hat, spiegelt sich in Fergussons Vorträgen. Freude, Trauer, Wehmut und Schmerz verleiht er mit seiner Stimme wechselnden und immer wieder eindringlichen Ausdruck.
Einen beeindruckenden Schlusspunkt setzten die Künstler mit drei Liedkompositionen von Richard Strauss. Helmut Schmitt stand Fergusson als kongenialer Begleiter am Flügel zur Seite und verwandelte, dem Sänger gleich, die Poesie in Musik.