
Ein ganzes Festjahr hätte es werden sollen, das 100-jährige Bestehen des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Roßstadt, doch weder im vergangenen, noch in diesem Jahr konnten Festlichkeiten im gewünschten Umfang umgesetzt werden. So nutzte die Vorsitzende Waltraud Dümmler und ihr Team den Erntedankgottesdienst am vergangenen Sonntag, um anschließend zu einer kleinen Ehrungsfeier ans Feuerwehrhaus einzuladen.

Natürlich hatte der OGV einen prächtigen Erntedank-Altar geschmückt und anschließend fanden sich viele Mitglieder des Traditionsvereins zu Kaffee und Kuchen rund um das Gemeinschaftshaus ein. Waldtraud Dümmler bedankte sich bei den vielen, die über die Jahrzehnte wichtige Aufgaben im Verein und damit auch für die Dorfgemeinschaft wahrnahmen. Besonders dankte sie denjenigen, die auch während Lockdown und Ausgangsbeschränkungen dafür sorgten, dass das Dorfleben sichtbar blieb. So wurde trotz Corona der Osterbrunnen geschmückt und die Sitzbänke in und um den Ort wurden neu gestrichen.

Mit einem Gottesdienst und einer Auftaktveranstaltung hatte das Jubiläumsjahr 2020 zwar noch begonnen, doch dann musste das große Festwochenende abgesagt werden. Wenn ein Verein ein rundes Jubiläum feiert, stehen immer auch langjährige Unterstützer im Mittelpunkt. So zeichneten Waltraud Dümmler und ihre Stellvertreterin Helga Schütz langjährige Mitglieder aus und zwar für 25 Jahre Mitgliedschaft Willi Aumüller, Sonja Durmann-Ziegler, Gerlinde Graser, Edgar Kiraly, Renate Lang, Siegfried Ziegler, Lothar Ehrlich, Willi Endres, Robert Seifert und Josef Reh.
Die Ehrennadel mit Kranz des Landesverbandes wurde der 88-jährigen Anna Ziegler ans Revers geheftet und die Ehrennadel am Band für 60-jährige Mitgliedschaft werden die Vorsitzenden bei Johann Schwinn vorbei bringen, der aus gesundheitlichen Gründen verhindert war.
Die Ehrennadel in Gold ging an die zweite Vorsitzende Helga Schütze, die seit 1995, als sie zunächst Schriftführerin wurde, in der Vorstandschaft aktiv ist. Außerdem ist sie die "Chefdekorateurin" des Vereins.

Am Rande der Veranstaltung berichteten Vorsitzende Waltraud Dümmler und ihr langjähriger Vorgänger Werner Lang über die Obst- und Gartenbautradition in Roßstadt. Das Dorf war früher bekannt für die über 1000 Kirschbäume in seiner Flur. Allein Waltraud Dümmlers Eltern besaßen mehr als 100 Kirschbäume. Dank der fruchtbaren Böden im Maintal bauten die Roßstadter aber auch andere Sonderkulturen an, nicht "nur" Getreide und Zuckerrüben. Für die Roßstadter Gurken wurde eigens eine Halle für die Weiterverarbeitung gebaut, aber auch große Erdbeerfelder gab es rund um das Dorf. Die Braugerste aus Roßstadt holte in den 60er Jahren einen Preis nach dem anderen und Werner Langs Eltern waren sehr stolz darauf, das Bamberger Krankenhaus mit Kartoffeln beliefern zu dürfen, denn dort wurde nur erste Qualität angenommen.
Die alten Obstbäume sind zwar nicht mehr da, viele wurden gerodet, die letzten Zwetschgenbäume überlebten die zurückliegenden trockenen Sommer nicht, doch zum 75-jährigen Bestehen hat der Obst- und Gartenbauverein 25 neue Bäume gepflanzt, die nach wie vor vom Verein bewirtschaftet und gepflegt werden. Apfelsaft von diesen Bäumen wurde am Sonntag ausgeschenkt.
Gegründet wurde der Obst- und Gartenbauverein nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Ziel, die Ernährungslage der Bevölkerung zu verbessern und den Landwirten eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. Bis heute wollen die Aktiven im Verein Wissen um Gartenbau und Obstbaumpflege, aber auch den Naturschutz weitergeben. Deshalb wurde immer großer Wert auf die Kinder- und Jugendarbeit gelegt. Jährlich gab es eine Nachwuchsaktion, bei der ein Gemüse angebaut, die größte Sonnenblume gezogen oder ein Vogelhäuschen gebastelt wurde.
Waltraud Dümmler ist froh, dass sich die derzeit 110 Mitglieder (Roßstadt hat rund 100 Einwohner) trotz der Zwangspause nach wie vor mit dem Verein identifizieren.