Sie sind der Nabel der Welt, verwegen und immer cool drauf. Probleme? Kennen sie nicht. Sie haben stets alles im Griff und tausend Ideen. Und bei all dieser Genialität sind sie auch noch sehr bescheiden. Man muss sie einfach lieben – die Männer. Das zumindest behauptet musikalisch das Ensemble „Oktopus“. Wen wundert's, gehören die acht Sänger schließlich der Spezies der besungenen Wunderknaben an.
Gemeinsam mit den „Disharmonikern“, dem Chor der Kulturwerkstatt Disharmonie in Schweinfurt, lud Oktopus am Sonntagmorgen zur „Matinee a capella“ in den Schüttbau in Rügheim. Von vergnüglich über romantisch bis hin zu experimentellen Liedvorträgen reichte das vielseitige Spektrum, das Chor und Männeroktett dem Publikum im voll besetzten Schüttbau boten.
Allergrößte Vorsicht
Sind die Männer über jeden Zweifel erhaben, ist bei Frauen allergrößte Vorsicht angebracht. Ob man ihnen wohl trauen kann, wenn sie mit ihren Augen tief in Männerherzen schauen, fragen sich die acht Herren. Doch sind sie erst einmal erobert, die Männerherzen, dann gibt es kein Halten mehr. Tag und Nacht verwirrt ihnen das rote Mündelein vom Herzlieb den Sinn und die schöne Marica wird kurzerhand nach Haus geholt und . . . (darüber schweigt des Schreibers Höflichkeit). Wochenend' und Sonnenschein? Ab in den Wald mit der Liebsten – mehr braucht es nicht zum Glücklichsein, versichern die sangesfreudigen Herren.
Mit sonoren Stimmen loten Kurt Miegler und Willi Stuhlfelder die Tiefen des zweiten Basses aus. Den ersten Bass fügen Christian Trapp und Hermann Gräfe hinzu. In die Höhen schwingen sich gekonnt die ersten Tenöre Markus Schmitt und Michael Groll, unterstützt von den zweiten Tenören Peter Bittrich und Peter Jung. Dynamisch und wohlklingend verweben sich die Stimmen zu einem harmonischen Ganzen.
Romatische Ader
Die romantische Ader der Sänger pulsiert bei den Liedern „Der Jäger Abschied“ und „Wisst ihr, wo ich gerne weil'“. Die beiden Kompositionen von Felix Mendelssohn Bartholdy sind so recht zum entrückten Schwärmen geeignet. Eine Leidenschaft ganz anderer Art besingt „Oktopus“ mit dem Stück „Tatschofonie“. Ein klarer Fall für die Psychiatrie, diagnostiziert der befragte Arzt, die innige Verbindung zum Handy.
Das Publikum jedenfalls amüsierte sich köstlich und quittierte das breit gefächerte Repertoire des A-capella-Ensembles mit reichlich Applaus. „Good night and joy be with you all“ – dass draußen strahlend die Sonne scheinte, tat der Begeisterung über das stimmungsvolle keltische Lied „The Parting Glass“ als Zugabe keinen Abbruch.
Ihrem Namen seien die „Disharmoniker“ am Wochenende nicht gerecht geworden, begrüßte Chormitglied Werner Enke das Publikum im Namen des Schweinfurter Chores. Äußerst harmonisch habe dieser seit Freitag in dem historischen Gebäude geprobt. Die Freude am Singen und stimmlichen Experimentieren führte die Mitglieder der Singgemeinschaft vor drei Jahren zusammen.
Engagierte Leitung
Zischen, rattern, brummen – unter der engagierten Leitung von Theodor Spannagel wurde der Chor zur Druckmaschine. „Mehr als das Gold hat das Blei die Welt verändert“. Der junge Dirigent hat das Druckerlied, zu einem Zitat von Georg Christoph Lichtenberg, selbst komponiert. Vom jazzigen „Georgia“, über das romantische „City of Stars“ bis hin zur Kinderhymne, ein von Hanns Eisler vertontes Gedicht Bertold Brechts, reichten die Darbietungen des Schweinfurter Chores. Temperamentvoll und mitreißend, in Originalsprache vorgetragen, entführte der Schlager „Fatoume“ die Zuhörer in arabische Regionen.
Die 25 Sängerinnen und Sänger zeigten vom Rügheimer Seminarhaus und dem Service angetan. „Das Ambiente ist einmalig“. Sie sind bereits auf der Suche nach einem Termin für ein weiteres Schüttbau-Wochenende.