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HASSFURT
Rollstuhlfahrer müssen noch warten
Großer Bahnhof für Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der SPD-Minister wurde am Donnerstagabend von einer großen Menschenschar am Haßfurter Bahnhof empfangen – darunter waren viele Rollstuhlfahrer.
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee besichtigte am Donnerstag den Haßfurter Bahnhof und diskutierte mit Rollstuhlfahrern über deren Probleme. Unser Bild zeigt ihn in Begleitung von Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner, SPD-60-plus-Vorsitzender August Werner (rechts) und Günther Pischler von der Bahn AG (links).
Foto: FOTO Klaus Gimmler | Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee besichtigte am Donnerstag den Haßfurter Bahnhof und diskutierte mit Rollstuhlfahrern über deren Probleme.
Von unserem Redaktionsmitglied Klaus Gimmler
 |  aktualisiert: 18.07.2009 16:45 Uhr

Für einen Minister war Tiefensee überraschend pünktlich an diesem Donnerstagabend. In Begleitung von Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner entstieg er aus seinem Auto, schüttelte viele Hände und ging zum Bahnsteig, wo zirka 80 Leute auf ihn warteten. Deren Sprachrohr war August Werner in seiner Funktion als Seniorenbeauftragter der Stadt Haßfurt. Er erklärte dem Minister das grundsätzlich Problem, dass es auf dem Haßfurter Bahnhof gibt. Die Unterführung ist nicht behindertengerecht. Rollstuhlfahrer könnten nicht auf den Bahnsteig 2 kommen. Wünschenswert wäre der Bau von zwei Aufzügen.

Derzeit müssten beispielsweise Rollstuhlfahrer, die nach Schweinfurt fahren wollen, erst mit dem Zug nach Bamberg fahren, um dort barrierefrei in den richtigen Zug einzusteigen. „Ein unmöglicher Zustand“, so Werner, der die Bahn an ein von ihr selbst verfasstes Werbeblatt erinnert, die Mobilität für Behinderte zu verbessern. „Wenn hier nichts passiert, ist dies nur eine Luftblase“, sagte Werner unter dem Beifall vieler Anwesender.

Minister Tiefensee machte allerdings keine Hoffnung, dass vor 2012 am Haßfurter Bahnhof etwas passieren wird. Es gäbe ein Ausbauprogramm, 83 Bahnhöfe seien deutschlandweit darin, „Haßfurt ist nicht dabei“, so der Minister. Es gäbe andere Bahnhöfe, die in der Wertigkeit höher einzuordnen sind, bat er um Verständnis.

Fotoserie

In Deutschland seien die meisten Bahnhöfe im 19. Jahrhundert angelegt worden, so Tiefensee. All diese Bahnhöfe seien in weiten Teilen nicht behindertengerecht. Tiefensee bezeichnete es daher als eine Riesen-Aufgabe, diese auf die neuen Standards umzugestalten. Dies könne nur nach und nach geschehen.

Allerdings so ganz ohne Hoffnung ließ der Minister die Haßfurter Senioren und Rollstuhlfahrer nicht. „Es ist ihnen gelungen, die Aufmerksamkeit auf Haßfurt zu lenken“, meinte er. Der Haßfurter Bahnhof könnte daher bei der nächsten Planung der Bahn von 2012 bis 2014 an der Reihe sein.

Ähnlich äußerte sich der ebenfalls anwesende Günther Pichler, Regionalbereichsleiter der Bahn AG. Auch er machte deutlich, dass die Bahn entschieden hat, zunächst an anderen Stellen zu investieren. Pichler nannte als Beispiel den Bahnhof bei der Donnersberger Brücke in München, der ebenfalls nicht behindertengerecht sei und der von viel mehr Menschen genutzt wird.

„Warum sind aber die Schwellen über die Gleise abgebaut worden“, schimpfte ein Rollstuhlfahrer. Die hat es bis vor zwei Jahren noch gegeben und dienten den Rollstuhlfahrern als Notlösung. Es gäbe eine Vorgabe der Bundesbahn AG, diese Übergänge aufgrund der Unfallgefahr zu entfernen, antwortete Pischler. Bestehen blieben diese nur an Bahnhöfen, bei denen es auch das Personal gäbe, diese zu kontrollieren. Dies sei in Haßfurt nicht der Fall.

August Werner hatte in seinem Statement von 100 000 Euro gesprochen, mit denen man die von ihm gewünschten Aufzüge finanzieren könnte. In der Antwort von Pichler und Tiefensee war dagegen von Millionenbeträgen die Rede, weil gewisse Standards eingehalten werden müssten – unter anderem auch ein Leitsystem für Blinde. Zudem müssten die Bahnsteige erhöht werden, damit die Rollstuhlfahrer auch in den Zug einsteigen können.

Die Kosten dafür, so machte Pichler deutlich, trägt nicht die Bahn allein, sondern auch das Land Bayern. Und da glaubt August Werner einen mächtigen Fürsprecher auf seiner Seite zu haben. Er habe persönlich von Ministerpräsidenten Seehofer die Zusage erhalten, dass dieser eine behindertengerechte Lösung für den Bahnhof unterstützt. Pichler fragte schmunzelnd, ob er dies schriftlich haben könnte. August Werner sagte ihm das zu.

 
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