Krankenhäuser sind heute einem ungeheuren wirtschaftlichen Druck ausgesetzt, denn die Einführung von diagnosebezogenen Fallpauschalen hat die Kosten- und Wettbewerbssituation enorm verschärft. Das hat der Bundestagsabgeordnete Harald Weinberg am vergangenen Mittwoch in Haßfurt betont; der 59-jährige Politiker der Linken aus dem Wahlkreis Nürnberg Nord diskutierte mit dem Linksbündnis im Heimatkreis über Gesundheitspolitik – und besuchte dabei auch das Krankenhaus Haßfurt, wo der Geburtsabteilung die Schließung droht. Weinberg ist gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Bundestag.
Ein Notstand in der Krankenhauspflege trete überdeutlich zu Tage, da immer weniger Personal immer mehr Patienten in immer kürzerer Zeit versorgen müssten, habe Weinberg festgestellt, wie es in einer Pressemitteilung des Linken Bündnisses Haßberge heißt. Die meisten Pflegedienste seien überlastet, das führe zu negativen Konsequenzen für ihre Arbeitsbedingungen und Gesundheit sowie auch für die Patientensicherheit. Der Krankenstand bei Pflegekräften liege deutlich über dem branchenübergreifenden Durchschnitt. Die Mehrheit der Pflegekräfte gehe davon aus, dass sie ihre Tätigkeit unter den jetzigen Bedingungen nicht ohne Einschränkungen bis zu ihrem gesetzlichen Renteneintritt ausüben können.
Außerdem sei eine Unterfinanzierung vieler Krankenhäuser festzustellen, weil die Länder ihren Verpflichtungen zur Finanzierung der Ausstattung nicht nachkommen könnten. Laut Weinberg lehnt die Linke eine Steuerung der Krankenhausversorgung über den Markt ab, denn es sei zwar positiv, wenn Krankenhäuser, die gute Qualität liefern, Zuschläge erhielten, aber Krankenhäuser, bei denen die Qualität nicht stimme, Abschläge hinnehmen müssten. Durch noch weniger Geld werde aber deren Qualität nicht besser. Der wirtschaftliche Druck auf die Krankenhäuser werde sich durch dieses Sanktionsmodell weiter verstärken.
Kliniken würden noch stärker als bisher auf Eingriffe ausweichen, die sich rechneten und risikolos seien und ältere Menschen sowie andere Risikopatienten ebenso wie wenig rentable Versorgungsbereiche wie die Geburtshilfe, blieben auf der Strecke, wie auch die Entwicklung in Haßfurt zeige.
Das Vergütungssystem der Fallpauschalen biete Anreize zur Spezialisierung und begünstige lukrative Eingriffe, so dass es in städtischen Gebieten zum Beispiel überreichlich kardiologische oder orthopädische Abteilungen gebe. Ob und wo es ein Krankenhaus mit welchen Abteilungen gebe, sollte demokratisch aufgrund des Bedarfs entschieden und nicht dem Markt überlassen werden. Nach Überzeugung von Weinberg setzen sich die Krankenhäuser, die am meisten am Personal knausern, wirtschaftlich durch. Auch Bereiche wie Notaufnahmen, Intensivstationen, Palliativstationen, Geburtshilfe, Neugeborenenstationen oder Geriatrie müssten außerhalb der Fallpauschalen finanziert werden. Um tatsächlich eine bessere Qualität zu erreichen, sei die Politik in der Pflicht. Der erste Schritt, die Qualität eines Krankenhauses zu verbessern, muss deshalb mehr Personal sein. Allerdings fänden Vorschläge dieser Art im Bundestag keine Mehrheit, wie sich beim Antrag der Linkspartei, mit dem die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus verbessert werden sollten, gezeigt habe. MdB Weinberg kritisierte das Einfrieren der Arbeitsgeberbeiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung, wodurch die Zusatzbeiträge allein die Versicherten zahlen müssten.
In der anschließenden Diskussion mahnte Kreisrätin Sabine Schmidt (Sand) eine verlässliche Krankenhauspolitik an. Allerdings sei ihr auch klar, dass das auf kommunaler Ebene allein nicht zu schaffen sei. Ohne Unterstützung durch die Bundespolitik könne die Misere nicht beseitigt werden, von der jetzigen Regierung erwarte sie aber keine Wende zur Besserung.
Vorstandsmitglied Thomas Dietzel ergänzte, dass eine erfolgreiche Gesundheitspolitik nicht den Profit, sondern den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen habe. So müsse mit der Logik des Wettbewerbs Schluss gemacht werden. Er stelle sich eine Krankenhausversorgung vor, die Patienten diene und den Beschäftigten anständig bezahlte Arbeitsplätze ermögliche. Eine angemessen finanzierte und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sei nötig. Dazu müssten die Länder in die Lage versetzt werden, eine flächendeckende, angemessene Krankenhausinfrastruktur zu sichern. In der aktuellen Situation könnten die Haßbergkliniken ohne Hilfe ihr Defizit kaum vollständig beseitigen, auch eine Anhebung der Kreisumlage und Einsparungen in anderen Haushaltsbereichen seien nicht ausreichend, aber wohl vorstellbar.
Sabine Schmidt schloss mit der Feststellung, dass nur eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die Bürger mit Beiträgen auf alle Einkommensarten und ohne Beitragsbemessungsgrenze einzahlen, eine stabile und gerechte Grundlage zur Finanzierung der laufenden Betriebs- und Behandlungskosten einschließlich einer guten Entlohnung der Beschäftigten schaffen könne. Dies durchzusetzen ist ein Anliegen der Linken, wie Harald Weinberg ergänzte, wozu die Wähler ihren Beitrag leisten müssten, denn mit den aktuellen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag sei es nicht möglich, diese Ziele zu erreichen.