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OSTHEIM/LENDERSHAUSEN
Rinderzucht: Die sanften Blonden von der Aurach
Die Blonden aus Aquitanien: Die Rinderrasse wird auch in den Haßbergen gezüchtet.
Foto: Alois Wohlfahrt | Die Blonden aus Aquitanien: Die Rinderrasse wird auch in den Haßbergen gezüchtet.
Von unserem Redaktionsmitglied Alois Wohlfahrt
 |  aktualisiert: 20.01.2016 18:30 Uhr

Nein, aus der Ruhe kann „Proselpine“ wirklich nichts bringen. Gemächlich schiebt sie das Heu ins Maul, das ihr Dr. Georg Eller, Gerd Heinrich und José Leguizamón anbieten. Im Schatten betrachtet, schaut die Kuh-Dame auf dem ersten Blick kaum anders aus, als ihre Artgenossinnen. Spätestens aber dann, wenn sie in der Sonne ihre wahre Größe auf der Weide zeigt, wird deutlich, dass sie in der Region ein eher ungewöhnliches Exemplar ist. Größer, massiger und vor allem: Viel heller als die gewohnten Rassen, stapfen „Proselpine“ und ihre Artgenossinnen bei Ostheim über die Wiese. Und dieses Erscheinungsbild war es auch, warum der Lendershäuser Gerd Heinrich und Georg Eller und der aus Kolumbien stammende Kollege von Eller, José Leguizamón, von ihnen begeistert sind. Seit rund sechs Jahren züchten sie die Rinderrasse, deren Namen verrät, wo die Wurzeln liegen: „Blonde d' Aquitaine“, in Frankreich.

Ihre helle Farbe hat den „Blonden aus Aquitanien“ im Südwesten Frankreichs den Namen gegeben. Heinrich hatte sie auf einer Schau gesehen und war von der Rasse sofort angetan. Eigentlich, so sagt er lachend, sind sie ja eine fränkische Rasse, „denn Aquitanien gehörte ja auch einmal zum Frankenreich“. Ob es daran liegt, dass sie sich auch weit entfernt von ihrer ursprünglichen Heimat wohlfühlen? Ein Grund dürfte auf jeden Fall auch ihr Gemüt sein. Denn auch wenn sie eine wuchtige Erscheinung sind, „sie sind sanft und umgänglich“, berichten Eller, Heinrich von einem wichtigen Wesensmerkmal ihrer zusammen rund 70 Tiere, die in Lendershausen und an der Aurachsmühle stehen.

Und dieses Merkmal hatte ihren Alltag in früher in Frankreich bestimmt: Aus drei alten Landrassen wurden die „Blonde d' Aquitaine“ gezüchtet – als Zugtiere für den Einsatz unter anderem in Weinbergen. Da war es auch von Nutzen, dass die Hörner nicht wie bei vielen anderen Artgenossen nach oben oder zur Seite standen, sondern nach unten gerundet sind – „so wurden die Weinstöcke nicht verletzt“, berichtet Eller.

Als Zugtier im Dienst, das braucht natürlich Körper-Masse. Und da haben die „Blonden“ besonders viel zu bieten. Nicht nur, dass die Kühe mit bis zu 1200 Kilogramm und Stiere mit bis zu 1600 Kilogramm viele andere Rassen beim Gewicht hinter sich lassen. Trotz Größe ist die Rasse ziemlich leichtkalbig. Die frisch geborenen Kälber wiegen um die 40 Kilogramm. Auch der Fleischanteil der „Blonden“ ist um einiges höher, als etwa beim Gelbvieh und den restlichen Fleischrassen, berichten die Eller und Heinrich.

Aber nicht nur das Verhältnis von Fleisch zu Körpergewicht ist für Heinrich, Eller und dessen Kollegen José Leguizamón der Grund, warum sie verstärkt in die Haltung der sanften Blonden einsteigen wollen. Es sind auch die inneren Werte des Fleisches der Tiere. Das Fleisch ist stark marmoriert, „es ist das, was die Kunden wollen“, ist sich Eller sicher. Das Fleisch soll über Metzger der Region oder direkt an die Verbraucher vermarktet werden, so die Pläne.

Ihr Zuchtbetrieb hat inzwischen auch schon einen Namen „Blonde d' Aurach“, nennen sie sich. Bei der Hessenmühle sollen die meisten Tiere eine neue Heimat finden. Dazu wird dort, wie berichtet, ein neuer Stall, ein sogenannter Offen-Stall gebaut. 80 bis 100 Muttertiere sollen dort gehalten werden. Die Tiere lieben eher kühlere Temperaturen, so Eller, nur vor Zugluft müsse man sie schützen. Insbesondere die Kälber. Diese sind es auch, für die die Milch der „Blonden“ ausschließlich bestimmt ist. Rund neun Monate bleiben die Kälber bei den Mutterkühen. Eller und seine Kollegen betreiben Mutterkuhhaltung. Und setzen auf Nachhaltigkeit bei der Fleischerzeugung, gerade angesichts der Diskussionen, die immer wieder beim Thema Tierhaltung geführt werden. Zudem wollen sie sich auch unter der Marke „Blonde d' Aurach“ als Zuchtbetrieb weiter einen Namen machen, unter anderem Zuchttiere verkaufen, denn in Unterfranken gibt es zwar einige Halter dieser Rinderrasse, aber lediglich insgesamt drei Zuchtbetriebe, so Heinrich.

Heinrich ist Landwirtschaftsmeister, arbeitet im Hauptberuf als Arbeitstherapeut. Warum Eller sich als Tierarzt, als Rinderhalter betätigt? Er stammt aus einem klassischen Landwirtschaftsbetrieb, ist mit den Tieren aufgewachsen und „meine persönliche Liebe gehörte schon immer den Kühen“, sagt Eller. Ein paar wenige Tiere hatte er schon immer, doch irgendwann kam der Gedanke auf, mehr zu machen. Und außerdem, sagt Eller schmunzelnd: „Ich hab schon so viel für fremde Tiere gemacht“, da freue er sich auch, für seine eigenen etwas tun zu können.

 
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