Herr K. ist deutlich von Demenz betroffen. Er spricht kaum, sucht nach Wörtern, die ihm nicht mehr einfallen wollen. Und dann geschieht das Erstaunliche: Während der ältere Mann mit Fingerfarben abstrakte Muster auf Papier bringt, fängt er an, fließend zu reden. „So viel hat er lange nicht erzählt“, ruft seine Ehefrau verblüfft aus.
Kimberly Banschbach schildert diese Szene. Erklärt, dass „die sinnliche Erfahrung mit Fingerfarben zu einer Verknüpfung von Wörtern im Gehirn“ geführt habe. Die 27-jährige Kunsttherapeutin, die in der Frankenalb-Klinik des Bezirks-Klinikums Mittelfranken arbeitet, kann noch mehr Erfolgsgeschichten aus einem Projekt wiedergeben, das die Alzheimer Gesellschaft Bamberg e.V. im Sommer ins Leben gerufen hat.
Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen kamen in Stadt und Landkreis Bamberg in den Genuss einer Kunsttherapie im vertrauten Zuhause. An sechs Montagen kam Kimberly Banschbach zu insgesamt zwölf Betroffenen und deren Ehepartnern oder erwachsenen Töchtern. Außer jeweils zwei Stunden Zeit brachte die Therapeutin einen Materialkoffer mit: gefüllt mit Pastellkreide, Buntstiften, Finger- und Acrylfarbenfarben, Papier und Leinwand.
Die Ergebnisse eines Gestaltungsprozesses aus Impulsen zu einem Thema und deren künstlerischer Umsetzung ist nun bis zum 29. Oktober im Stephanshof (bei der Stephanskirche) zu sehen: farbintensive Bilder in Hell und Dunkel, Momentaufnahmen von Tagesform und Befindlichkeit. Es sind berührende Dokumente, wie ein Mensch mit Demenz und ein Angehöriger ohne Beeinträchtigung gemeinsam etwas schaffen können: „Sie setzen sich miteinander in Beziehung“, sagt Banschbach über diese Therapieeinheit, in der zu zweit „Ressourcen und Stärken geweckt werden“.
Seelischen Prozess anregen
Das sei das eigentliche Ziel der Kunsttherapie und nicht, „Kunstwerke oder ein schönes Bild zu schaffen“. Vielmehr gehe es um den seelischen Prozess, der beim Malen angeregt werde und die Möglichkeit eröffne, sich durch das Gestalten mit sich selbst auseinander zu setzen“, erklärt Dr. med. Susanne Daiber. Als Vorstandsmitglied der Alzheimer Gesellschaft Bamberg hat die Chefärztin der geriatrischen Rehabilitation am Klinikum Bamberg dieses Projekt für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ins Leben gerufen. Während kreatives Malen Demente unterstütze, stärke und aktiviere, könnten die durch die Betreuung belasteten Angehörigen in diesem Prozess „Verlust, Loslassen, Trauer, Wut, Ärger, Frustration artikulieren“, ergänzt Kimberly Banschbach.
Nach den positiven Erfahrungen mit den ersten Teilnehmern bietet sie in Kooperation mit der Alzheimer Gesellschaft einen „dritten Durchlauf“ an: „Voraussetzung an der Teilnahme ist lediglich die Bereitschaft, sich darauf einzulassen.“ Vorkenntnisse oder künstlerisches Können seien nicht erforderlich.
Nach der Finissage im Stephanshof wird Kunsttherapeutin Banschbach die ausgestellten Bilder persönlich ihren Erschaffern zurück bringen. „Zum Aufhängen daheim“, lächelt sie und verweist auf die hochwertige Leinwand, auf der so manches Werk entstanden ist.
Die Alzheimer Gesellschaft Bamberg bietet mit Kunsttherapeutin Kimberly Banschbach weiterhin das Projekt „Kunst kann …“ für Menschen mit Demenz und deren Angehörige an. Die Kosten für die jeweils sechs Einheiten übernimmt die Alzheimer Gesellschaft, die jedoch dafür noch Sponsoren sucht.
Weitere Infos und Anmeldung über Tel.: (0951) 8680169, E-Mail: info@alzheimer-bamberg.de.