Eine Drogenrazzia im Anwesen eines mutmaßlichen Drogenbesitzers im Maintal am 23. Februar 2016 war völlig aus dem Ruder gelaufen (wir berichteten). Die Ermittler fanden bei dem 25-jährigen Auszubildenden, der noch im Haus der Eltern lebt, neben 108 Gramm Marihuana und elf Gramm Haschisch ein Damaszener-Messer, einen geladenen PTB-Revolver, eine Armbrust und ein geladenes Luftgewehr. Außerdem leistete der 25-Jährige nach Angabe der Beamten bei der Festnahme Widerstand und verletzte und beleidigte dabei die Polizisten.
Das Landgericht Bamberg verurteilte den nicht vorbestraften jungen Mann zu einer Bewährungsstrafe. Seine Eltern, die bei der Razzia anwesend waren, erhielten Strafbefehle über 1500 und 1000 Euro. Dem 65-jährigen Vater warf die Staatsanwaltschaft vor, zwei Polizeibeamte beleidigt zu haben. Außerdem habe er die Beamten bei der Festnahme des Sohnes behindert und Widerstand geleistet. Seine Frau soll laut Anklage einen Polizisten an den Haaren gezerrt haben, um ihn von ihrem Sohn herunterzureißen.
Über seinen Anwalt legte das Ehepaar Einspruch gegen die Strafbefehle ein, weshalb sie sich am Mittwoch zum ersten Mal in ihrem Leben am Amtsgericht verantworten mussten – ohne ihren erkrankten Verteidiger. Der Angeklagte verurteilte das Verfahren gegen ihn und seine Frau vehement. Die Aktion der Polizei sei „völlig überzogen“ gewesen. Sie seien anständige Menschen, über die die Polizei hergefallen sei wie „Berserker“. Seit dem Vorfall vor über zwei Jahren hätten sich Gerichts- und Anwaltskosten von über 20 000 Euro angehäuft.
Die „Rambo-Bande“ habe Kunstgegenstände seines Sohnes zerstört und ihm selbst bei der Festnahme den Arm verdreht, an dem er seit 25 Jahren Schmerzen habe. Die „Malefiz-Knechte“ hätten ihm dabei einen Wirbel gebrochen. Für die ärztliche Behandlung müsse er nun selbst aufkommen. Polizeistreifen würden vor seinem Haus patrouillieren und Polizeihubschrauber darüberfliegen. „Wollen die uns rausekeln?“, fragte er. Seine mitangeklagte 56-jährige Ehefrau wies die Vorwürfe weit von sich. Sie schwöre bei Gott, dass sie den Polizisten nicht an den Haaren gezerrt habe. Auch der Vorwurf, sie sei nicht kooperativ gewesen, sei falsch. Seit dem Vorfall habe sie körperliche Schmerzen und befinde sich in psychiatrischer Behandlung. Zudem sei die Familie durch die Kosten in Armut abgerutscht.
Die Vorsitzende Richterin Ilona Conver klärte die Angeklagten auf, dass der Einspruch durch den Rechtsanwalt auf die Rechtsfolgen, das heißt die Höhe des Strafmaßes, beschränkt wurde. Die Anklage selbst sei nicht in Frage gestellt worden. Trotzdem fragte Conver den Staatsanwalt, ob er eine Einstellung des Verfahrens mitmachen würde. Dies lehnte der Anklagevertreter ab. Es gebe dafür keinen Grund, da der Sachverhalt ja feststehe. Er forderte für die nicht vorbestrafte Angeklagte eine Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro, entsprechend ihrem Einkommen. Für den nicht berufstätigen, ebenfalls nicht vorbestraften Angeklagten hielt der Staatsanwalt eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro für angemessen. Die Richterin verhängte 1575 Euro für die Angeklagte und 300 Euro für ihren Mann.
Die Durchsuchung durch die Polizei sei rechtens gewesen, sagte Conver in der Urteilsbegründung. Auch die Polizeibeamten hätten sich in einer bedrohlichen Lage befunden, argumentierte sie.