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Bamberg
Publikum aus aller Welt bei den Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen
Organisatorin Fiona von Colberg freut sich mit Matthias Wenzel über sein Lieblingsstück: das Flügelrelief des heiligen Abtes Maurus von Subiaco. Wenzel führt in der Karolinenstraße das älteste Antiquitätengeschäft Bambergs.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Organisatorin Fiona von Colberg freut sich mit Matthias Wenzel über sein Lieblingsstück: das Flügelrelief des heiligen Abtes Maurus von Subiaco.
Marion Krüger-Hundrup
 |  aktualisiert: 30.07.2022 02:38 Uhr

Es ist wohl ein Vorurteil, dass nur – sorry! – alte Geldsäcke Antiquitäten kaufen. "Auch junge Leute mit Freude an alten Sachen wollen besondere Stücke und sich von Ikea trennen", weiß Fiona Freifrau Loeffelholz von Colberg, Organisatorin und Sprecherin der Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen. Diese finden heuer zum 27. Mal vom 22. Juli bis 22. August statt – traditionell parallel zu den Bayreuther Wagner-Festspielen.

Beide Kulturevents locken ein Publikum aus aller Welt. Wer "Tristan und Isolde" gesehen hat, macht sich auf ins historische Barockzentrum unterhalb des Bamberger Doms, in dem sich die Galerien der Antiquitätenhändler in denkmalgeschützten Häusern wie Perlen auf eine Schnur reihen.

Gern wirft Fiona von Colberg die Bezeichnung "Eldorado des deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels" ein, wenn sie die Bedeutung Bambergs neben Standorten der großen Antiquitätenmessen wie Maastricht, London, Wien, Salzburg, München und Köln hervorheben will. Die Bamberger "Leistungsschau der Superlative" punkte zudem mit einem in der Szene ungewöhnlichen Faktum: "Die Händler empfehlen sich untereinander weiter, wenn der Kunde einen ausgefallenen Wunsch hat", so von Colberg.

Markus und Claudia Schmidt-Felderhoff präsentieren die Scagliola-Platte mit Messingintarsien einer Konsole. Sie haben ihr Ladengeschäft im selbst sanierten 'Haus zum roten Hahn' – mit eigener Restaurierungswerkstatt.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Markus und Claudia Schmidt-Felderhoff präsentieren die Scagliola-Platte mit Messingintarsien einer Konsole. Sie haben ihr Ladengeschäft im selbst sanierten "Haus zum roten Hahn" – mit eigener Restaurierungswerkstatt.

Die Geschäftsleute bestätigen ihre Worte: "Es ist wichtig, dass wir Händler eine Solidargemeinschaft sind", sagt etwa Julia Heiss, Inhaberin des Silber-Kontors gegenüber der Brauerei-Gaststätte Schlenkerla. Dabei weiß die Liebhaberin feinsten skandinavischen Silbers aus der Zeit der Art déco, dass "die Stadt als Weltkulturerbe unser größtes Zugpferd ist". Natürlich habe sie ihre Kunden und Kundinnen, die sich für außergewöhnliches Design und Silberschmuck begeistern lassen. Doch "die Masse, die an meinen Schaufenstern vorbeiströmt, sieht nichts mehr vor lauter Handy-Schauen", meint Julia Heiss nachdenklich.

Gleichwohl fühlt sie sich von den großen Kollegen wie Walter Senger, Christian Eduard Franke-Landwers oder Matthias Wenzel bestens vertreten. Diese seit Jahrzehnten etablierten Antiquitätenhändler führen selbst diese Sommerwochen als "mit Abstand wichtigste Zeit im Jahr" an: "Alle Händler sind angespannt, haben Eyecatcher gekauft, dekorieren mit Blumen und freuen sich auf die Wochen", erklärt Matthias Wenzel, der in der Karolinenstraße das älteste Antiquitätengeschäft Bambergs führt. Er ist zuversichtlich, dass seine "Eyecatcher" jetzt auch neue Besitzer finden, wie zum Beispiel ein Paar spätgotischer Leuchterengel, um 1500. Oder das nur vier Zentimeter schmale Flügelrelief eines Triptychons, das um 1500 im Umkreis des Nürnberger Bildhauers Adam Kraft entstanden ist. "Mein Lieblingsstück", lächelt Wenzel über diesen so fein geschnitzten heiligen Abt Maurus von Subiaco mit dem hundeartigen Höllengeschöpf zu Füßen. Dieser Benediktinerabt, der Rheuma, Schnupfen, Heiserkeit, ketzerische Besessenheit kurierte und den Teufel an die Kette legte, wird von Matthias Wenzel für 38.000 Euro angeboten.

Eine Rarität im Angebot: spätgotischer Leuchterengel um 1500.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Eine Rarität im Angebot: spätgotischer Leuchterengel um 1500.

Natürlich geht es in allen Galerien in der Altstadt auch entschieden preiswerter. Mit zweistelligen Beträgen können Kunsteinsteiger schon Preziosen erstehen. Sechsstellig wird es dagegen, wer sich in einen echten Lucas Cranach der Ältere, Starporträtist der Reformation, verguckt. Beim Rechnen hilft in gewohnter Weise Händler Walter Senger.

Eine Ausnahmeerscheinung unter den Galeristen ist das Ehepaar Markus und Claudia Schmidt-Felderhoff, die ihr Ladengeschäft im selbst sanierten "Haus zum roten Hahn" von 1340 haben. Ihre eigene Restaurierungswerkstatt ist nach eigenen Angaben stark nachgefragt, gerade in jetziger Corona-Zeit. "Wir bekommen viele Anfragen von Kollegen nach Expertisen", freut sich das Paar, das sich auf hochwertige Kunst von der Antike bis Klassizismus spezialisiert hat.

Ihre "Eyecatcher" für die Antiquitätenwochen: eine norditalienische Konsole, um 1770, mit aufwendiger Scagliola-Platte inklusive Messingintarsien und ein klassizistischer Bibliotheksschrank von 1790: "Er stammt aus einer Amtsstube in Thüringen, in der auch Theodor Storm gearbeitet hat", erzählt Claudia Schmidt-Felderhoff über dieses charmante Möbel, das für 14.500 Euro zu haben ist.

Doch nicht genug: Der Schrank beherbergt eine vollständige Bibliothek mit circa 250 Büchern des 16. bis 19. Jahrhunderts, hauptsächlich juristische und klerikale Literatur. Das Bücherkonvolut soll 15.000 Euro kosten.

Das Rahmenprogramm – darunter eine Kinderführung, kunsthistorische Vorträge oder Konzerte – finden unter www.bamberger-antiquitaeten.de.

 
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