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Prappach
Prappach: Ein Eigenheim aus dem Baukasten
Im Eilzugtempo entsteht im Haßfurter Stadtteil ein Wohnhaus. Warum sich Alexander Derra und Lebensgefährtin Lisa für ein Modulhaus entschieden haben.
Ein Haus am Drahtseil: Gerade einmal fünf Arbeiter brauchte es, um das Modulhaus von Alexander Derra auf die Fundamente zu stellen.
Foto: Matthias Lewin | Ein Haus am Drahtseil: Gerade einmal fünf Arbeiter brauchte es, um das Modulhaus von Alexander Derra auf die Fundamente zu stellen.
Matthias Lewin
 |  aktualisiert: 09.02.2024 18:46 Uhr

Am Ende ging es ruckzuck. In der Nacht rückten die Tieflader an, schlängelten sich durch die enge Zaunstraße in Prappach und warteten ein paar Stunden aufs Tageslicht. Am Morgen ging es dann los: Ein Kran hievte zwei Bausteine eines Modulhauses an die richtige Stelle, und schon am Abend könnten Alexander Derra und seine Lebensgefährtin Lisa in ihr neues Eigenheim einziehen. Etliche Schaulustige aus dem Haßfurter Stadtteil ließen sich diesen besonderen "Hausbau" natürlich nicht entgehen.

Das Paar aus Prappach hat sich für ein Modulhaus aus zwei Bauteilen entschieden. "Über mehrere Monate täglich auf der Baustelle, darauf hatten wir keine Lust", erklärt der 30-Jährige. Darum kam ein traditionelles Haus nicht in Frage. Sie ließen sich ihr Haus schlüsselfertig in einer Fabrik bauen. Die steht im Landkreis Roth bei der Balazs Komforthaus GmbH aus Windsbach. Dort wird das Haus nach den Vorstellungen des Käufers in einer Fertigungsstraße komplett vormontiert – je nach Wunsch auch komplett möbliert. Bei Alexander Derra ist allerdings nur das Bad komplett ausgestattet, alle anderen Zimmer richtet das Paar selbst ein.

"Über mehrere Monate täglich auf der Baustelle, darauf hatten wir keine Lust."
Alexander Derra, Modulhaus-Inhaber

Das Modulhaus selbst steht auf Betonfundamenten, die bei Derra aufgrund der Hanglage allerdings etwas größer ausfallen. In der Regel genügen Punktfundamente, in Prappach hat der Fußballtrainer der heimischen SG zwölf kräftige Betonsäulen im Hangrundstück verankert, auf denen die zwei je rund 20 Tonnen schweren Hauselemente gesetzt werden. 75 Quadratmeter Wohnfläche, aufgeteilt in drei Zimmer sowie Küche, Bad und Diele stehen Derra und seiner Lebensgefährtin dann zur Verfügung. Später soll noch ein Balkon angebracht werden – und eventuell auch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Immerhin arbeitet Alexander Derra beim Haßfurter Stadtwerk. Bis die eigene Stromerzeugung aber kommt, erhält das Flachdach eine Begrünung.

In wenigen Wochen am Platz

Ein normaler Hausbau zieht sich in der Regel über viele Monate hin. Entwurf, Planung, Genehmigung nehmen viel Zeit in Anspruch. Es dauert, bis die ersten Handwerker am Bauplatz in Aktion treten können. Selbst ein Fertighaus braucht mehrere Tage, bis es bezugsfertig ist. Beim "Cube" (Würfel), wie die Module auch genannt werden, ist das anders, meint Firmenchef Dieter Balazs, der seit über 25 Jahren Häuser in Holzbauweise anbietet. Ein Modulhaus kann schon in wenigen Wochen an seinem Platz stehen.

Die Firma verwendet für ihre Hausmodule überwiegend natürliche Materialien, setzt dabei auf Nachhaltigkeit und Effizienz. Die 24 Zentimeter dicken Außenwände übersteigen sogar die behördlich vorgeschriebenen Energieeinsparverordnung, dadurch erfüllen die Module die Anforderung an ein Niedrigenergiegebäude.

Das erste Modul steht schon, Wohn- und Schlafzimmer werden mit einem Schwerlastkran an die richtige Position gehoben.
Foto: Matthias Lewin | Das erste Modul steht schon, Wohn- und Schlafzimmer werden mit einem Schwerlastkran an die richtige Position gehoben.

"Das ist bundesweit das massivste Wohnmodul", erklärt Dieter Balazs, alle anderen Anbieter würden mit Holzrahmenbau arbeiten. Die mittelfränkische Firma verwendet hingegen OSB-Holzwerkstoffplatten der Marke Magnumboard. Diese bestehen aus Kiefernholzstreifen, die mit hohem Druck und Hitze zu einer extrem belastbaren Holztafel verbunden werden. 

Innovativ ist auch die Heizung des Gebäudes. Derra hat sich für eine strombetriebene Infrarotheizung entschieden. Bei dieser Form des Heizens kommen Infrarotstrahlen zum Einsatz. Diese können mit Sonnenstrahlen verglichen werden, die modern gestalteten "Heizkörper" sind an der Raumdecke montiert. Die Erwärmung durch die Infrarotheizung funktioniert im Gegensatz zu herkömmlichen Heizungen, die die Luft erwärmen, über das Anwärmen der angestrahlten Fläche. Die Wärmestrahlung wirkt dabei auf feste und flüssige Körper, nicht aber auf die Raumluft. Die im Raum befindlichen festen Körper nehmen die Wärmestrahlung auf und geben diese anschließend wieder ab. Diese Heizform spart auch einen sonst üblichen Heizungskeller – den gibt es bei den Derras nämlich nicht.

Neuland für die Bauverwaltung

Für die Bauverwaltung im Haßfurter Rathaus war das "Projekt Modulhaus" allerdings Neuland, wie Derra schmunzelnd erzählt, auch wenn der "Absatz zunimmt", wie Dieter Balazs feststellt. Der zuständige Sachbearbeiter der Kreisstadt musste sich jedenfalls selbst erst einmal informieren, dann aber ging auch der Verwaltungsakt recht schnell über die Bühne, und nur wenige Wochen später rückten die Tieflader an. Den Aufbau und die Montage der beiden Module übernahm lediglich eine Handvoll Mitarbeiter der Firma Balazs. Schon nach gut einer Stunde konnte Alexander Derra sein Haus das erste Mal betreten, am Mittag stand das Haus fertig an seinem Platz. Rund 170 000 Euro muss er für die beiden Module auf den Tisch legen, dazu kommen noch mal etwa 15 000 Euro für das Fundament.

Zuvor wurden die beiden Hauselemente miteinander verknüpft, der Baustein mit Wohn-, Schlaf- und Badezimmer mit dem, in dem sich Küche, Eingangsbereich sowie ein weiteres Zimmer befinden, verschraubt. Später können relativ einfach weitere Module folgen, selbst ein Dachgeschoss ist unkompliziert möglich. Platz genug hätte Alexander Derra dafür auf jeden Fall, sein Grundstück umfasst 1200 Quadratmeter. Und wenn das doch einmal zu klein werden sollte, kann das ganze Haus problemlos auch wieder verladen und an einem anderen Standort aufgebaut werden.

Der Kran steht bereit, die beiden Module sind noch auf den Tiefladern. Rund zwei Stunden später steht das Haus auf den Fundamenten.
Foto: Matthias Lewin | Der Kran steht bereit, die beiden Module sind noch auf den Tiefladern. Rund zwei Stunden später steht das Haus auf den Fundamenten.
 
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