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HAßFURT
Polizei bedroht und „Sieg Heil“ gerufen: Bewährungsstrafe
Manfred Wagner
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:47 Uhr

Am Ende war es neben dem umfassenden und vorbehaltlosen Geständnis vor allem die positive Rückmeldung von seinem Bewährungshelfer, die dem 34-Jährigen den Gang hinter Gitter ersparte. Der vielfach Vorbestrafte mit Knasterfahrung saß diesmal wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte auf der Anklagebank. Verurteilt wurde der im Landkreis Bad Kissingen wohnende Produktionshelfer zu elf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Mehrere Flaschen Bier geleert

Die Straftat ereignete sich einen Tag vor Heiligabend vergangenen Jahres. Der Gewohnheitstrinker hatte tagsüber seinen Durst nach eigener Angabe mit zehn kleinen Flaschen Bier gelöscht, als er abends bei seiner Freundin auftauchte. Dort ging es munter weiter: In kurzer Zeit trank der Mann weitere fünf bis sechs Flaschen Bier.

In der Wohnung seiner Freundin befand sich zu diesem Zeitpunkt seine jüngere Schwester. Mit dieser bekam er sich kräftig in die Wolle. Weshalb, daran kann sich der Trinker heute nicht mehr erinnern. Jedenfalls gab es abends kurz vor neun Uhr ein dermaßen lautes Geschrei und Gepolter, dass ein Nachbar die Polizei alarmierte. Kurz darauf traf ein Streifenwagen am Tatort im Maintal ein. Die zwei Polizisten klingelten an der Haustür und als geöffnet wurde, war der sichtlich Angetrunkene außer Rand und Band. Mit freiem Oberkörper, so erinnerte sich einer der damals diensthabenden Beamten, sei er mit einer Bierflasche in der Hand aufs Bett gesprungen und habe den Ordnungshütern gedroht. „Wenn Ihr reinkommt, zieh' ich Euch mit dem Baseballschläger und der Eisenstange eins über!“, schrie er. Die beiden Uniformierten nahmen diese Bedrohung ernst, verließen den Raum und forderten über Funk Verstärkung an. Mit einem frenetisch ausgerufenen „Sieg Heil“ feierte der 34-Jährige seinen vermeintlichen Triumph. Erst als acht Polizeibeamte vor Ort waren, gab er langsam klein bei. In gefesseltem Zustand transportierten ihn die Ordnungshüter zur Haßfurter Polizeidienststelle. Eine dort entnommene Blutprobe enthielt 0,9 Promille. Laut ärztlichem Untersuchungsbericht zeigte der Beschuldigte keine großen Ausfallerscheinungen. Der Körper des sogenannten Spiegeltrinkers sei an die ständige Alkoholisierung gewöhnt.

Seine damalige Freundin, die zwei Kinder von ihm hat, bestätigte im Zeugenstand, dass der Gelegenheitsarbeiter sehr oft zur Flasche greift. Sein Zustand an dem besagten Abend sei „eigentlich normal“ gewesen, meinte sie. „Es geht bei ihm noch viel schlimmer“, berichtete sie. Inzwischen habe sie sich von ihm getrennt.

Angeklagter gesteht

„Es ist alles wahr“, sagte der Angeklagte sichtlich zerknirscht. Bereitwillig schilderte er alles, woran er sich jetzt noch erinnert. „Ich hab im Alkoholrausch – auf Deutsch gesagt – Scheiße gebaut“, gestand er. Laut Vorstrafenregister hat der Angeklagte schon siebenmal wegen Körperverletzung vor dem Kadi gestanden. Zweimal wurde er eingesperrt. Die letzte Verurteilung erfolgte am 21. Februar dieses Jahres für eine schon länger zurückliegende Sache. Was sein Bewährungshelfer ausführte, gab den Ausschlag für eine Bewährungsstrafe. Der Pädagoge betreut seinen Schützling seit Anfang dieses Jahres. Zu den vereinbarten Terminen erscheine dieser zuverlässig und pünktlich, zumeist in Begleitung seiner neuen Lebenspartnerin. Diese übe offenbar einen positiven Einfluss auf ihn aus. Der Betreuer erklärte, dass der Angeschuldigte regelmäßig an einem Anti-Gewalt-Trainingskurs teilnimmt, zur Suchtberatung geht und seinen Alkoholkonsum drastisch reduziert hat.

Bewährungsauflagen

Sich auf diese Worte beziehend, zeigte sich Pflichtverteidiger Norbert Reiter überzeugt, dass sein Mandant „zukünftig ein besseres Mitglied der Gesellschaft“ sein wird. Er hielt eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten für ausreichend. Der Staatsanwalt hingegen forderte mit Blick auf die einschlägigen Vorstrafen und die rasche Rückfallgeschwindigkeit eine einjährige Haftstrafe „ohne“.

In ihrer Urteilsbegründung betonte Amtsrichterin Ilona Conver, dass die Frage der Bewährung „spitz auf Knopf“ gewesen sei. Die „vorsichtig optimistisch positive Sozialprognose“ habe letztendlich den Ausschlag gegeben. Neben der Bewährungsstrafe muss der Verurteilte zahlreiche Auflagen erfüllen: Erstens muss er 300 Euro an die Stiftung der Deutschen Polizeigewerkschaft zahlen, zweitens weiterhin mit dem Bewährungshelfer zusammenarbeiten, drittens regelmäßig zur Suchtberatung gehen und viertens weiterhin den Anti-Gewalt-Trainingskurs absolvieren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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