Die „Textweber Bamberg“ sind Hobbyschriftsteller, die sich jeden Montag zum gemeinsamen Schreiben treffen. Große Literatur entsteht dabei nicht, aber pfiffige Kurzgeschichten sogar über eine Puffmutter.
Da ist die hintergründige Anja. Die aufrechte Christine. Der geheimnisvolle Erik. Der fantasievolle Ludwig oder die taffe Sabine und die weitgereiste Wiga. Sie und andere eint die Freude am Schreiben, am Weben von feinen und groben Lesestoffen: "Textweber Bamberg" nennen sich die Männer und Frauen unterschiedlichen Alters und Berufs. Jeden Montagabend treffen sie sich für etwa eine Stunde, und das seit nunmehr 16 Jahren.
"Die Textweber erwuchsen 2004 aus einem Volkshochschulkurs für Kreatives Schreiben", erzählt Renate Steinhorst, die die Schreibabende organisiert. Da die Fortsetzung dieses Kurses nicht mehr die geforderten zwölf Teilnehmer fand, suchten einige Autoren nach einer anderen Lösung. Denn "das gemeinsame Schreiben und Jonglieren mit Sprache hatte ihnen viel Spaß gemacht", blickt Steinhorst zurück.
30 Minuten schreiben
Zumindest die heute 75-Jährige hat das Schreiben einst zur Profession erhoben: Sie war Redakteurin und PR-Referentin und hat neben einer biografischen Erzählung auch Bamberg-Stadtführer sowie einen Weltkulturerbe-Bildband verfasst.
Kreatives Schreiben funktioniert bei den Textwebern so: Abwechselnd schlägt einer aus der Gruppe ein Thema vor, zu dem alle 30 Minuten lang schreiben, was ihnen spontan einfällt. Renate Steinhorst nennt einige Themen wie "Fundstücke", "Wenn Träume davonfliegen", "Das Missverständnis" oder sogar "Die Puffmutter". Anschließend werden die Kurzgeschichten vorgelesen.
"Wir sind offen für Lob und Tadel", sagt Martin Meyer, der 2008 zu den Textwebern stieß und seitdem bei der Stange bleibt. Der Austausch nach der Schreibphase mache mindestens genauso viel Spaß, ergänzt Meyer. Wie auch die öffentlichen Lesungen, bei denen die Textweber einige ihrer besten Texte vorstellen: "Keine große Literatur", wie Renate Steinhorst und Martin Meyer einräumen, jedoch ein buntes Kaleidoskop an Geschichten, Formulierungen und Wortspielen.
Fast ein Krimi, aber ohne Mord
Martin Meyer ist sicher eine Ausnahme unter den Textwebern. Denn er hat seine schriftstellerische Begabung zum Beruf gemacht. War der studierte Jurist in Bamberg als Staatsanwalt und Richter tätig, schreibt er seit seinem Ausscheiden aus dem Justizdienst Romane, Kurzgeschichten und Gedichte.
Sein neues, druckfrisches Werk heißt "Der falsche Karl Valentin" und ist ein historischer Roman "in Krimi-Nähe ohne Mord", wie Meyer erklärt, dafür mit Identitätsraub und Hochstapelei. Anekdotischer Anlass war für den Autoren der gemeinsame Geburtstag 4. Juni: "Karl Valentin wurde 1882 geboren, ich 1967." Und außerdem, so Meyer, sei er Musiker wie Valentin, der mehrere Instrumente beherrschte.
Bei den Textwebern hat Martin Meyer einmal einen Brief an den Komiker Karl Valentin geschrieben und vorgelesen. Nachdenkliche Heiterkeit schenkten ihm die Zuhörer. Diese weben nun weiter ihre Lesestoffe im Laden "Mode macht Mut" in der Luitpoldstraße. Spinnen Fäden, verschlingen sie zu reißfesten Geweben. Und kommen gern zu Lesungen auch für kleine Kreise.