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BAMBERG
Ovationen für glanzvolle Selbstinszenierung
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 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:33 Uhr

„Ich würde nur aus dem gleichen Grund nach Bamberg ziehen, wie es die ganzen Studenten tun – wenn man mir ein Stipendium schenken würde.“ Provokant und durchaus plakativ präsentierte sich Harry Rowohlt seinem Publikum im ausverkauften Saal des E.T.A.-Hoffmann-Theaters. Egal ob er dabei in bester Stammtisch-Manier über Nichtraucher, Lokaljournalismus oder über den Hamburger SV schimpfte, gelang es Rowohlt, die Zuschauer mit jeder neuen Geschichte zu begeistern. Der gebürtige Hamburger, der sich vor allem als Übersetzer von Bestseller-Romanen, wie Frank McCourts „Die Asche meiner Mutter“ oder A. A. Milnes „Pu der Bär“ einen Namen machte, kombinierte ein Zusammenspiel aus Literatur und Comedy.

Fast vier Stunden bewies Rowohlt seine Bühnentauglichkeit, indem er seine Lesung immer wieder unterbrach, um als „Paganini der Abschweifung“ mit Kneipengeschichten die Stimmung zu lockern.

Eindrucksvoll gelang es Rowohlt mit geschliffenen Worten und Prahlereien über Trinkleistungen fast 400 Gäste bis spät in die Nacht zu belustigen und gleichzeitig die Schwierigkeit einer guten Buch-Übersetzung zu verdeutlichen.

Die literarische Reise umfasst dabei Autoren wie Robert Gernhardt, Andy Stanton, Faln Millner und endet in einer humoresken, aber deutlichen Kritik an Marcel Reich-Ranicki, der nur „überschätzte Mainstream-Langweiler-Autoren aus dem Deutschunterricht“ zu schätzen weiß.

Rowohlt versucht mit der Hochkultur zu brechen und stattdessen moderne Komik zu präsentieren. Beispielhaft steht dafür das absurde Einpersonenstück „Knolls Katzen“ von Jan Neumann. Der junge Autor gewann auf Rowohlts Empfehlung 2012 den „Kasseler Förderpreis für grotesken Humor“ und bildete zugleich den Höhepunkt von Harry Rowohlts Gastspiel. Mittels einer Zigarettenschachtel als Requisite bot Rowohlt in einer glanzvollen Leistung die Groteske des Stücks dar.

Mithilfe seines schauspielerischen Talents, mit dem er auch jeden Sonntag als Obdachloser Harry in der Lindenstraße zu sehen ist, gelang es Rowohlt, seine Lesung in eine glanzvolle Selbstinszenierung zu verwandeln, die in stehenden Ovationen für ihn endete.

 
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