Knapp fünf Stunden dauerte der öffentlich Teil der Gemeinderatssitzung in der Oberthereser Sporthalle am Montag. Der Besucherandrang war sehr groß aufgrund des alleine zwei Stunden dauernden Tagesordnungspunktes "Vorstellung von Rückhaltemaßnahmen" bezüglich der immer wiederkehrenden Überschwemmungen in Obertheres. Knapp 40 Bürger - zum Teil selbst Betroffene - waren anwesend. Ihnen erteilte Bürgermeister Matthias Schneider auch das Wort, entgegen der normalen Gepflogenheiten in einer Gemeinderatssitzung.
Der von der bayernweiten Initiative "boden:ständig" beauftragte Helmut Döhler (Döhler Agrar, Untermerzbach) und Robert Vandré (Schmidt & Partner, Goldkronach) stellten dem Gremium mögliche Maßnahmen vor, die in Zukunft die Überschwemmungsgefahr in Obertheres mindern sollen. Auch Vertreter des Amtes für ländliche Entwicklung (AlE) Unterfranken waren anwesend.
Der Ort ist gleich an mehreren Stellen betroffen
Bereits im April diesen Jahres traf sich Bürgermeister Matthias Schneider zusammen mit den Fachleuten und Landwirten am Riedengraben, der hauptverantwortlich für das Hochwasser im Nordwesten von Obertheres ist. Auch der Nordosten der Ortschaft ist immer wieder betroffen von Wassermassen, die sich durch die Siedlung ihren Weg suchen.
Gut fünf Jahre nach dem letzten großen Unwettereignis im Jahre 2016 traf es Obertheres am 4. Juli diesen Jahres besonders schlimm. Zu knapp 50 Einsätzen musste jüngst die Feuerwehr Obertheres, unterstützt von zahlreichen Wehren aus der Nachbarschaft, ausrücken, um nach der Flutwelle noch zu retten was zu retten war beziehungsweise um noch schlimmere Schäden zu vermeiden. Bis zu eineinhalb Meter hoch standen die Keller unter Wasser, Technik und Heizungsanlagen wurden zerstört.
Stellvertretend auch für den anderen Bereich in Obertheres, der vom Hochwasser betroffen ist, zeigten die Fachleute in erster Linie bautechnische Maßnahmen auf. Im Konzept sind aber natürlich auch Veränderungen im landwirtschaftlichen Bereich angedacht. "Der Erosionsteufel hat hier seine wahre Freude", beschrieb Helmut Döhler im April vor Ort den Zustand der Böden im Bereich des Riedengrabens. Mit Muschelkalk und Keuper sei der Untergrund schon sehr erosionsfreudig.
Fehler bei der Flurbereinigung?
Auch seien in den 1970-er Jahren bei der Flurbereinigung einige Dinge gemacht worden, die aus heutiger Sicht kontraproduktiv waren. Wie auch an vielen anderen Orten gebe es dort in der Landwirtschaft einen hohen Sommerrungenanteil, also zum Beispiel den Anbau von Mais und Zuckerrüben. Die Böden blieben trocken, Regentropfen auf der Oberfläche hängen und versickerten nicht. Deshalb wäre es von Vorteil, den Anbau zu ändern und Erosionsschutzstreifen oder Hecken zu integrieren.
Nahe am Waldrand ist ein einfacher Damm mit eineinhalb Metern Höhe und 150 Metern Länge angedacht. Dieser könnte etwa neun Kubikmeter Wasser zurückhalten, so die beiden Experten Döhler und Vandré.
In der Nähe der Kreisstraße könnte bei der Brücke ein steiles Gelände rund drei Meter tiefer gelegt werden, das dann anschließend dauerbegrünt würde. Neben weiteren vorgestellten Maßnahmen wäre wohl ein Wall direkt am Ort, nördlich des Supermarktes, wohl am effektivsten, so Vandré.
Wie soll das Wasser abfließen?
Mit einer Länge von 460 Metern und einer Höhe von eineinhalb bis zwei Metern könnte dieser ein Volumen von fast 13 000 Kubikmetern haben. Den ersten Überlegungen nach könnte der Abfluss an der westlichen Seite des Walls angebracht werden, wobei noch abzuklären sei, an welcher Stelle dieser die ehemalige Bundesstraße 26 unterqueren könnte.
Aus den Reihen der Zuschauer kamen zahlreiche Wortmeldungen. "Unsere Nerven liegen blank. Fünf Jahre hat es gedauert bis zum heutigen Konzept. Wir haben keine Zeit mehr", sagte zum Beispiel eine Anliegerin, die gleichzeitig der Feuerwehr ihren Dank für ihre "fast übermenschliche" Leistung aussprach. "Seien Sie sicher, Sie werden in diesem Jahr noch etwas sehen", versprach Döhler in Bezug auf die geplanten Rückhaltemaßnahmen.
Bürgermeister will Lösung mit allen Beteiligten
Bürgermeister Matthias Schneider bezeichnete die vorgestellten Projekte als Grundlage, zu denen umgehend erste Schritte eingeleitet werden. "Wir wollen Lösungen mit allen Beteiligten", so das Gemeindeoberhaupt, das gleichzeitig versicherte, dass die Gemeinde alles in ihrer Kraft stehende tun werde.
So sollen sowohl im Westen als auch im Osten die Gräben ausgebaggert und gereinigt werden. Außerdem würden die betroffenen Pachtverträge für landwirtschaftliche Grundstücke gekündigt, die im Eigentum der Gemeinde sind. Alle gemeindlichen Flächen, die für den Hochwasserschutz relevant sind, sollen in den Bau von Rückhaltemaßnahmen mit eingebunden werden. Gespräche mit den Landwirten werden zeitnah geführt, so Schneider.