Eine „umfangreiche Hochdruckzone“ liegt derzeit über Mitteleuropa und von Frankreich her gelangt „zunehmend heiße Luft“ nach Deutschland. Man muss die Wetterkarte und den Wetterbericht verstehen – aber auf die Hitzewelle dieser Tage sollten sich auch die Haßbergler einstellen.
Auch Sonnenanbeter und Freibadfans dürfen nicht vergessen, dass hohe Temperaturen den Organismus belasten, ganz abgesehen von der Sonnenbrandgefahr. Viele Menschen unterschätzten jetzt, wie viel Flüssigkeit sie verlieren, sagt Dr. Jürgen Reimann, der Leiter des Gesundheitsamts Haßberge. Sein Tipp lautet deshalb: Viel trinken, vor allem Wasser, keinen Alkohol und keine zuckerhaltigen Getränke. Zudem sei lockere Kleidung und körperliche Schonung angesagt. „Wer Sport treiben will, sollte das am Morgen oder in den Abendstunden tun“, rät der Mediziner. Er sorgt sich vor allem um ältere Menschen, deren Durstgefühl nicht mehr so stark ausgeprägt sei.
Das weiß auch Ulrike Rüth, die Leiterin des Seniorenwohnzentrums „Unteres Tor“ in Haßfurt. Ihr Personal hat jetzt ein besonderes Augenmerk darauf, dass die älteren Herrschaften ausreichend trinken. Nun gibt es zusätzliche Erfrischung in Form von Obst, insbesondere Wassermelonen, und Eis. Für den Kampf gegen Höllentemperaturen sind Standards gesetzt, etwa wann gelüftet wird und wann die Rollos herunterfahren. Gerade bei den demenzkranken Bewohnern gelte jetzt Wachsamkeit, wenn sie das Haus in der größten Mittagsglut verlassen wollten. Nicht immer komme man diesen Senioren mit Argumenten bei: „Da müssen wir Angebote im Haus schaffen, die einfach interessanter sind als hinauszugehen“, erklärt Heimleiterin Rüth.
Bei 30 Grad im Schatten nicht aus dem Haus, aus dem Schulhaus nämlich, dürfen die Schüler, zumindest nicht vorzeitig. „Hitzefrei gibt es ja seit einigen Jahren nicht mehr“, klärt Susanne Vodde, Rektorin der Mittelschule Haßfurt, alle älteren Semester auf, die diese Entwicklung nicht mitbekommen haben. Weil ein Teil der Schüler ganztags in der Schule bleibt, kann man den anderen Teil nicht einfach nach Hause schicken mit der Begründung, es sei zu warm. Rektorin Vodde bestreitet nicht, dass es jetzt teilweise unerträglich heiß in den Schulräumen ist. Ihr Rezept für die Hundstage: „Kein Sportunterricht mehr im Freien, früh die Klassenzimmer gut durchlüften, viel trinken und den Unterricht an die reduzierte Konzentrationsfähigkeit anpassen.“
Wenigstens bieten Altenheim und Schule noch Schatten, mag man denken, denn es gibt sie auch, die Zeitgenossen, die der prallen Sonne nicht entkommen. Bauarbeiter zum Beispiel. Bernd Riedlmeier, Chef von Newo-Bau in Horhausen, hat auf die Hitzewelle reagiert. In den kommenden Tagen werden seine Bautrupps eine halbe Stunde früher mit der Arbeit beginnen, um 6.30 Uhr nämlich, und zwei Stunden früher, um 15.00 Uhr, in den Feierabend gehen – um die schlimmste Mittagshitze zu vermeiden. Das bedeutet vorübergehend eine kürzere Arbeitszeit, und eigentlich herrsche an seinen Baustellen Zeitdruck, sagt Riedlmeier, der unter anderem im Kanal-, Rohrleitungs- und Straßenbau tätig ist. Aber die körperliche Belastung der Hitzeperiode werde sehr hoch, und da wolle er vermeiden, dass Arbeiter einen Hitzschlag bekommen. Bis auf Weiteres stellt er den Männern an Schaufel, Pickel, Rüttler oder Bagger zusätzliches Mineralwasser zur Verfügung; in Sachen Sicherheit gibt es keine klimabedingten Abstriche: Dort, wo Helmpflicht ist, darf der Helm nicht abgesetzt werden.
Das Haßfurter Erlebnisbad erwartet insbesondere am Wochenende einen Ansturm – mit bis zu 3500 Badegästen täglich. Mehr Aufsichtspersonal ist deshalb nicht vonnöten, erklärt Betriebsleiter Udo Greich. Mit drei Bademeistern sei man immer gut besetzt, auch für die Boomtage, „und am Samstag und Sonntag kommt noch die Wasserwacht dazu.“ Allerdings verlangen Traumwetter und Besucherandrang nach mehr helfenden Hände am Kiosk. „Die nötige Verpflegung kaufen wir natürlich rechtzeitig ein“, sagt Greich.
Kräftig Zutaten kaufen auch die Eisdielen ein, denn bei tropischen Bedingungen verkaufen sie das Doppelte oder gar Dreifache der Eismenge wie an trüben Tagen. „Wir haben jetzt also gut zu tun“, freut sich Barbara Lazzarin von der gleichnamigen Eisdiele in der Haßfurter Hauptstraße. Der starke Temperaturanstieg sorgt auch für eine Verschiebung bei den Vorlieben der Kunden, weiß die Geschäftsfrau: „Wenn es kühl ist, ist vor allem Milcheis gefragt; und wenn es heiß ist, vor allem Fruchteis. – insbesondere Zitrone mit dem säuerlichen Geschmack.“
Aus dem Edeka-Frischemarkt Meyer in Haßfurt heißt es, dass man jetzt die Getränkevorräte aufstockt, insbesondere Mineralwasser. Auch Eiscafé oder andere Erfrischungen würden jetzt so präsentiert, dass sie der Kunde schnell findet. Wassermelonen, Ananas oder Nektarinen sind jetzt die Favoriten in der Obstabteilung. Und auch Salate haben Hochkonjunktur, denn – so gerne die Deutschen auch grillen, bei Temperaturen jenseits der 30 Grad macht das Feuer im Freien keinen rechten Spaß mehr – und das Steak liegt zu schwer im Magen.
Und dann passt der Bauch vielleicht auch nicht mehr in Badehose oder Bikini oder die luftige lockere Sommerkleidung, für die die Nachfrage jetzt nach oben geschnellt ist. „Aber wir haben noch Vorräte im hochsommerlichen Bereich und notfalls bestellen wir nach“, meint Franz-Josef Heimann, Inhaber der drei Insider-Läden „Women“, „Young“ und „Life Style“ in der Kreisstadt. Eine gewisse Herausforderung für den Geschäftsmann und seine Verkäufer ist, dass viele Kunden jetzt früh am Morgen oder spät am Abend kommen, weil sie vor dem heißen Tag ins Freibad oder in den häuslichen Schatten fliehen. „Tagsüber ist es dann oft wie leergefegt – aber das ist in Großstädten nicht anders“, sagt der Fachmann. Weil sich das Verhalten der Kunden nicht wirklich vorhersagen lässt, „arbeiten wir mit ganz normaler Besetzung weiter“, gibt Heimann an.
Mit ganz normaler Besetzung wollen auch das Rote Kreuz und die Polizei die Hitzewelle bewältigen. Die Erwartung, dass mindestens bis Mitte nächster Woche mehr Menschen als sonst schlappmachen dürften, führe nicht dazu, jetzt mehr Sanitäter in Bereitschaft zu halten, bestätigt Dieter Greger, Geschäftsführer des BRK-Kreisverbandes. Auch bei der letzten großen Hitzewelle 2003 sei das nicht nötig gewesen. Auch im Krankenhaus Haßfurt sieht man keine Notwendigkeit, „auf Verdacht“ Personal aufzustocken, um mögliche Hitzeopfer zu behandeln. Man sei generell durch den Bereitschaft- und Hintergrunddienst der Ärzte und des Pflegepersonals für schlimme Szenarien gerüstet, sagt Wilfried Neubauer vom Vorstand des Kommunalunternehmens Haßberg-Kliniken.
Haßfurts Polizeichef Kurt Förg spricht ungeachtet des Wetters von einer normalen Einsatzlage. Weil die Hitze manchen die Konzentration ein wenig raubt oder andere aggressiver als sonst macht, rechnen die Ordnungshüter mit mehr Unfällen, aber keinem gravierenden Anstieg. Eine Begleiterscheinung der langen warmen Sommerabende seien die Ruhestörungen, weil der eine Nachbar abends im Garten Party machen, der andere aber schlafen will. Dass gerade jetzt manch Nachtschwärmer seinen Riesendurst mit dem falschen Getränk lösche, mit Alkohol nämlich, sei auch kein Geheimnis. „Aber insgesamt stellt die Hitzewelle keine problematische Lage dar“, sagt Förg. Der Erste Polizeihauptkommissar ist zufrieden, dass jetzt kurze Ärmel ohne Krawatte als Dienstuniform angesagt sind. Die Hitze macht auch den Beamten zu schaffen, „aber die Streifen sitzen im klimatisierten Dienstfahrzeug, während ich in meinem Dienstzimmer schwitze“, klagt der Polizeichef nicht ganz ernst gemeint.
Und dann gibt es noch die, denen Wetter eh nichts ausmacht. „Wir sind Wallfahrer, wir laufen, ob die Sonne brennt oder ob es schneit“, sagt Marathon-Pilger und Diakon Manfred Griebel. Am Freitag bricht er zum x-ten Mal in diesem Jahr mit Gläubigen auf, diesmal geht es von Wülflingen nach Vierzehnheiligen. Die Hitze sei aber schon eine Herausforderung, bestreitet Griebel nicht. „Ich werde meinen Pilgern sehr eindringlich raten, viel Wasser zu trinken und eine Kopfbedeckung zu tragen“ Vor allem bei Frauen findet das nicht immer Gehör, weiß der Geistliche. Ein Hut ist nicht unbedingt modisch – und wer viel trinkt, muss alsbald, was als peinlich empfunden wird, austreten.