Mindestens zwei Prozent der Mitteleuropäer leiden an Neurodermitis „eher fünf Prozent, wenn man genau hinschaut“, sagt Dr. Boris Bauer aus Haßfurt, der im Rahmen des VdK-Gesundheitsforums zu dem Thema referierte. Er zeigte auf, wie Neurodermitis und Allergien zusammenhängen, welche Therapien und Vorbeugungsmöglichkeiten es gibt.
Grundsätzlich, so machte Dr. Bauer deutlich, ist Neurodermitis in den Genen angelegt – wer die Veranlagung nicht hat, bei dem wird die Hauterkrankung auch nicht ausbrechen. Bei den genetisch Vorbelasteten gibt es allerdings auch Möglichkeiten, dass das Krankheitsbild milder oder schlimmer ausfällt.
Oftmals treffen Neurodermitis und Allergien zusammen Wenn die Haut ein Ekzem entwickelt, gelte es zunächst, ganz genau hinzuschauen, denn nicht alles, was in der Ellenbeuge beginnt, juckt und nässt, ist Neurodermitis. Viele Menschen litten unter Arbeitsstoffen, mit denen sie im Beruf umgehen müssen – ob der Handwerker im Beton kniet oder der Fabrikarbeiter mit Schleifmitteln in Kontakt kommt, oft aber ist auch Nickel der Auslöser. Der lauert überall. Vor allem in Geldmünzen, aber auch am Handy würden die zulässigen Grenzwerte oft massiv überschritten, erklärte der Hautarzt. Oftmals treffen Neurodermitis und Allergien aber zusammen, weil die Allergie die schlummernde Neurodermitis „triggert“, also anstößt.
Ganz wesentlich für die Ausprägung ist die Hautbarriere, also der natürlich Schutz der Haut. Diese Hautbarriere ist durch Neurodermitis enorm geschwächt, weil die Hautfette fehlen. Die Haut wird rissig und Entzündungserreger können eindringen. Allererste Priorität habe daher die Hautpflege. „Eincremen, und zwar großzügig und täglich“, wiederholte Dr. Bauer mehrfach. Baden und Duschen sind gut, weil die Haut dabei Wasser aufnimmt, aber Duschgel oder Seife sollten nur ganz am Ende und nur, wo nötig, eingesetzt werden, weil sie wieder Fette lösen „und dann innerhalb von drei Minuten wieder eincremen“, so der Dermatologe.
Viel habe sich in den vergangenen Jahren in der Forschung getan, erzählte er. So habe man auch grundsätzlich neue Erkenntnisse zu den Auslösemechanismen von Allergien gewonnen. Während früher die Meinung vorherrschte, Allergene eher zu meiden, konnte er den anwesenden Eltern und Großeltern nur empfehlen, im Umfeld von Kleinkindern nicht zu desinfizieren. „Lassen Sie die Kinder Dinge in den Mund stecken, die Natur hat das so vorgesehen.“ Stoffe, die über die Mundschleimhaut in den Körper gelangen, werden nämlich vom Immunsystem als grundsätzlich gewollt und positiv angesehen – der Körper wird darauf nicht allergisch reagieren. Toleranz werde über die Mundschleimhaut aufgebaut, so Dr. Bauer. Das bestätigten Studien zu Erdnuss-Allergien in Israel und den USA.
Erdnuss-Allergie
In Israel kaut praktisch jedes Kleinkind anstelle auf Schnullern auf Riesen-Erdnussflips, Bambas genannt. In Israel ist die Erdnuss-Allergie, die ja sehr dramatisch verläuft, kein Problem – in den USA hingegen schon. Versuchsreihen zeigten, dass der frühe Konsum der Kinder wohl Einfluss darauf hat.
Dr. Bauers abschließender Ratschlag: „Lasst die Kinder in den Dreck. Hunde wirken protektiv, sind gut für das Immunsystem“. Wer allergisch ist oder Neurodermitis-veranlagt, sollte Triggerfaktoren vermeiden, Duftstoffe meiden, Teppichboden entfernen, gegebenenfalls milbendichte Bettwäsche verwenden – je nachdem, unter welchen „Triggern“ er leidet.
Schließlich gibt es für viele Allergien die Möglichkeit der Hyposensibilisierung. „Und die Neurodermitis beginnt und endet außen auf der Haut“, wies Dr. Bauer nochmals auf die Hautpflege hin. Ohne Risse in der Haut, minimieren sich die Schübe. Es gebe sehr gute Cremes und eine sehr effektive Hilfe böte grüner Tee als Umschlag. Allerdings zerfalle der Wirkstoff sehr schnell, deshalb lasse er sich nur schwer in Cremes packen.
Die stellvertretende VdK-Vorsitzende Elfriede Kerker, die das Gesundheitsforum organisiert, dankte Dr. Bauer für den informativen Vortrag und die Beantwortung von Fragen.
Das Gesundheitsforum wird fortgesetzt am Mittwoch, 16. Mai, dann referiert Dr. Winfried Schorb zum Thema „Herzschwäche – Herzinsuffizienz“.