
Neues Leben soll in das derzeit leer stehende Areal der ehemaligen Waldi-Schuhfabrik in der Haßfurter Siedlung zwischen Dr.-Ambundi-Straße, Langer Rain, Düsseldorfer Straße und Goethestraße einziehen. Jürgen Bühler wird mit seiner Firma Concept-Living dort Wohnraum schaffen.
Im Jahr 2013 hatte die Waldi-Schuhfabrik ihre Produktion endgültig in das Gewerbegebiet „Schlettach“ verlegt und das Areal an die Stadt Haßfurt verkauft. Für einige Teile des Geländes fand die Stadt seitdem bereits Abnehmer. Ein privater Käufer erwarb ein Mehrfamilienhaus, das er sanierte und anschließend weiter vermietete. Im ehemaligen Verwaltungsgebäude hat die Firma „Multitubo Systems“ heute ihren Sitz. Auch für die „Villa“ fand die Stadt einen privaten Käufer und eine westlich gelegene Baufläche ging an die Lebenshilfe Haßfurt, die dort ein Wohnheim errichtet hat.
Schwieriger gestaltete sich die Suche nach einer neuen Vermarktungsmöglichkeit für die Produktionshallen. Zwar vermietete die Stadt Teile der Hallen kurzfristig als Lagerhallen – beispielsweise an das Rote Kreuz – doch „eine gewerbliche Nutzung war aus rechtlichen Gründen nicht nachhaltig möglich“, erklärt Stadtkämmerer Wolfgang Hömer.
So entschied sich die Stadt im vergangenen Jahr, die leer stehenden Gebäude in einen Wohnpark umzuwandeln. Bei einer Ausschreibung legten viele Kaufinteressenten ihre Neuordnungskonzepte und Kaufgebote vor. Schließlich erhielt Jürgen Bühler, Geschäftsführer von Concept-Living in Haßfurt, den Zuschlag. Vergangene Woche erfolgte beim Notar die Unterschrift der Kaufverträge. Bühler will zusammen mit seinem Architekten Klaus Eiring einen Wohnpark mit unterschiedlichen Gebäudetypen errichten. „Es werden Doppelhäuser, Reihenhäuser und Mehrfamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen gebaut“, sagt der Architekt. Insgesamt sollen 50 Wohneinheiten entstehen, in denen bis zu 150 Personen Platz finden könnten. Das Gesamtkonzept zum Wohnpark „Am Rödersgraben“ soll der Öffentlichkeit in den nächsten Wochen vorgestellt werden.
„Die Nachfrage nach Wohnraum ist in Haßfurt sehr groß“, erzählt Robert Barth, Bauamtleiter der Stadt. Dies unterstreicht auch Michael Zösch, Berater des Immobilien-Centers der Sparkasse Ostunterfranken. Auch dies sei ein Grund für das Bebauungsprojekt gewesen. Das ehemalige Waldi-Areal befindet sich in „exzellenter Lage“, stimmt Bürgermeister Günther Werner zu. „Etliche Einkaufsmöglichkeiten sind in der Nähe: Krankenhaus, Apotheke, Friedhof und Schulzentrum sind zu Fuß erreichbar“, ergänzt Zösch. Die ruhige Lage des Geländes – obwohl mitten in der Stadt gelegen – fügt der Bürgermeister als weiteren Pluspunkt an. Die Wohnungspreise sollen sich an den Preisvorgaben von Bamberg und Schweinfurt anlehnen, sodass „bezahlbares Wohneigentum“ gesichert ist, sagt Michael Zösch.
Nachdem das Areal laut Vertrag zum 1. September den Eigentümer gewechselt hat, will dieser möglichst bald mit der Umgestaltung starten. „In den nächsten Wochen werden wir mit der Entkernung und dem Abriss der leer stehenden Produktionshallen beginnen“, sagt Bühler. Bodenproben haben keine Altlasten zutage gefördert, sodass diesen Plänen nichts im Wege steht. Bis Ende des Jahres 2016 soll der Altbestand komplett abgebrochen sein. Ein erster Gebäudekomplex im Süden des Grundstücks soll gleich im Anschluss an die Abbrucharbeiten entstehen. Dieser soll im Herbst 2017 vollendet sein und Platz für Wohn- und Büroräume bieten. „Der schnelle Baubeginn ist nur möglich, da das entstehende Gebäude konform mit dem existierenden Bebauungsplan aus den 1960er Jahren ist“, erklärte Eiring. Deshalb kann der Bauherr schon vor der Erstellung des neuen Flächennutzungsplans den Startschuss geben.
In fünf bis sechs Jahren soll der komplette Wohnpark mit begrünter Innenfläche und Spielplatz fertig sein. Aufzüge sollen für Barrierefreiheit sorgen. Um der Parkplatzknappheit in der Siedlung entgegenzuwirken, gehört außerdem eine Tiefgarage zum Konzept.
Auch die große Uhr, die an der ehemaligen Produktionshalle, in der bis zur Schließung im Jahr 2013 auf vier Ebenen etwa 700 Beschäftigte arbeiteten, angebracht war und als ein „Wahrzeichen der Waldi-Schuhfabrik“ angesehen wird, soll einen neuen Platz bekommen.
Darüber sind sich alle Beteiligten einig. Deshalb ließ Bühler die Uhr vergangene Woche abnehmen und gab sie zur Restauration. Die Uhr soll nach der Fertigstellung des Wohnkomplexes einen Ehrenplatz auf der Grünfläche erhalten. Sie soll an alte Zeiten erinnern, als auf dem Areal etwa 1400 Beschäftigte in den Produktionshallen der Schuhfabrik arbeiteten, sagt der Investor.
Waldi-Areal in der Siedlung
• 1945: Gründung der Waldi Schuhfabrik GmbH in Haßfurt durch Walter Tron
• 1986: Start der Marke „Finn-Comfort“– orthopädisch zurichtbare Schuhe mit auswechsel- und veränderbaren Fußbetten
• 2001: Bau einer größeren Produktionsstätte „Werk II“ im Gewerbegebiet Schlettach
• 2011: Stadt genehmigt Erweiterung und Verlagerung in der Walter-Tron-Straße im Gewerbegebiet Schlettach
• 2012: Spatenstich für Erweiterung „Werk II“ im neuen Gewerbegebiet
• 2013: Kompletter Umzug ins Gewerbegebiet und Schließung der Waldi-Fabrik in der Siedlung.