Für eine sichere Stromversorgung kommt es auch auf die Instandhaltung der Leitungen an. In Haßfurt (Lkr. Haßberge) haben Bayernwerk, Siemens Energy und Schleswig-Holstein Netz nun erstmals die Verwendung einer neuen Technologie demonstriert, die die Wartung von Hochspannungsleitungen deutlich erleichtern könnte. Dafür soll künftig eine Drohne zum Einsatz kommen, die mit einem Multisensor ausgerüstet ist.
Bäume und Vogelnester können Probleme machen
An Hochspannungsleitungen können Bäume, die zu nah an den Leitungen wachsen, Vogelnester oder auch abgeplatzte Teile von Isolatoren zu Problemen führen. Bislang waren zahlreiche Helikopterflüge nötig, um Schäden festzustellen. Teilweise wurden die Leitungen auch vom Boden aus mit Ferngläsern beobachtet. Doch diese Methode ist langwierig, aufwendig und nicht besonders präzise.
Der Elektro- und Energietechnikhersteller Siemens Energy hat deshalb ein Multisensor-System mit Laser-Sensoren, ultrahochauflösenden Kameras, UV-Kamera und Thermosensoren entwickelt. Es kann an einem Fluggerät montiert werden, das dann an den Hochspannungsleitungen entlangfliegt. Während des Flugs sammelt das System Daten und macht Aufnahmen aus verschiedenen Perspektiven.
Besser für die Umwelt: Drohnen sollen Helikopter ersetzen
Bisher kommen dafür Helikopter zum Einsatz, an denen die Geräte montiert werden. Doch das soll sich ändern: "Mit den richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen könnten wir durch den Einsatz der Langstreckendrohnen die Umweltbilanz der Flüge noch einmal wesentlich verbessern", sagt Tino Link von Siemens Energy. Als weiteren Vorteil nennen die Verantwortlichen die geringere Lärmbelästigung, außerdem könnten die Drohnen präziser fliegen.
Doch die Genehmigungsprozesse stehen noch aus. Und eben das ist die Besonderheit der Drohnenvorführung in Haßfurt: Erstmals gab es eine Genehmigung, zu Demonstrationszwecken mit einer Langstreckendrohne mit Wankelmotor so weit zu fliegen, dass sie sich aus dem Sichtfeld entfernte. Wobei der Pilot am Boden ohnehin nur die Aufgabe hat, einzugreifen, falls irgendetwas schief läuft, denn die Drohne fliegt vollautomatisch einen programmierten Weg ab. Die Reichweite liegt bei bis zu 200 Kilometern.
Die Drohne ermöglicht die Kontrolle von bis zu 500 Kilometern Leitung pro Woche
Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter anderer Energieunternehmen gehörten zu den Besucherinnen und Besuchern der Demonstration am Haßfurter Modellflugplatz. Gleichzeitig flogen eine Drohne und ein Helikopter die Leitung ab, die von Haßfurt aus nach Norden führt. Auf einer Leinwand konnten die beiden Flüge live verfolgt werden.
Mit bis zu 30 Stundenkilometern kann die Drohne fliegen. Wäre sie schneller, würden die Kameraaufnahmen der Leitungen unscharf werden. Damit lassen sich pro Woche bis zu 500 Kilometer Leitungsnetz kontrollieren, sagt Projektmanager Christian Walter von Bayernwerk. Nach Schätzung der Entwickler und der Energiekonzerne wäre eine solche Befliegung alle zwei bis vier Jahre nötig.
Künstliche Intelligenz hilft bei der Auswertung der Daten
Bei der Auswertung der Daten kommt Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Denn alleine von einem kurzen Leitungsabschnitt kommen mehrere Millionen Bilder zusammen, die ein Mensch gar nicht alle anschauen könnte.
Deshalb ist das Computerprogramm zur Auswertung darauf programmiert, auf den Bildern Probleme zu erkennen und den Mitarbeitenden nur die Stellen anzuzeigen, die sie sich genauer anschauen sollten. Dabei kommt ein "virtueller Zwilling" zum Einsatz, also ein Computermodell der Stromleitungen. "Die Erkenntnisse werden schon am PC gewonnen", sagt Christian Walter. "Man muss also nur noch rausfahren, wenn es was zu tun gibt."