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OBERAURACH
Naturschutzgebiet: Bund Naturschutz möchte Radweg stoppen
Andreas Kiraly, Vorsitzender der Ortsgruppe Eltmann-Steigerwald des Bund Naturschutzes, fürchtet, dass der Bau eines Radwegs den Bestand streng geschützter Arten im Naturschutzgebiet Tretzendorfer Weiher gefährdet. Deshalb reichte der BN Klage gegen das Vorhaben ein.
Foto: Elena Schirmer | Andreas Kiraly, Vorsitzender der Ortsgruppe Eltmann-Steigerwald des Bund Naturschutzes, fürchtet, dass der Bau eines Radwegs den Bestand streng geschützter Arten im Naturschutzgebiet Tretzendorfer Weiher gefährdet.
Elena Schirmer
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:51 Uhr

Der Bau des Radwegs durch das Naturschutzgebiet Tretzendorfer Weiher ist genehmigt. Die erforderlichen naturschutzrechtlichen Befreiungen von der Regierung von Unterfranken (RvU) liegen vor, doch ob es zur Umsetzung der Pläne kommt, ist weiter fraglich – Grund ist die eingereichte Klage seitens des Bund Naturschutzes (BN).

Die Gemeinde Oberaurach plant bereits seit Jahren einen Fahrradweg zwischen Tretzendorf und Unterschleichach, der den Oberen Aurach-Radweg komplementieren soll. Im August 2017 war es soweit und der Startschuss für das Vorhaben fiel: Der Gemeinderat Oberaurach stimmte dem Antrag für den Radweg durch das Naturschutzgebiet Tretzendorfer Weiher zu. Im weiteren Verlauf wägten die Beteiligten drei Trassenvarianten ab und trafen ihre Wahl: Der etwa 2,50 Meter breite Weg soll entlang der vorhandenen Staatsstraße 2276 führen. Hinzu kämen nochmals etwa 2,50 Meter für Seitenstreifen und Bankette.

Auf einer rund 3,1 Kilometer langen geteerten Fahrbahn könnten so Fußgänger und Fahrradfahrer das Nachbardorf bequem und sicher erreichen. Die aktuelle Berechnung der Gesamtkosten beläuft sich auf 2,4 Millionen Euro – davon erwartet die Gemeinde Zuschüsse von 1,8 Millionen Euro.

Thomas Sechser, Bürgermeister der Gemeinde Oberaurach, befürwortet den Bau und betont: „Die erforderlichen naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen liegen uns seit etwa zwei Monaten vor.“ Diese betreffen den Artenschutz, die Beeinträchtigung des Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) und geschützte Biotope innerhalb des Naturschutzgebiets.

„Das Naturschutzgebiet Tretzendorfer Weiher weist das bedeutendste Amphibien-Vorkommen Nordbayerns auf.“
Andreas Kiraly, Ortsvorsitzender des BN

Andreas Kiraly, Vorsitzender der Ortsgruppe Eltmann-Steigerwald des BN, spricht sich ausdrücklich gegen den Bau des Radwegs aus. Seine Hauptkritik an dem Vorhaben: „Es ist eine Alternative da. Die wird aber – für mich – mit Gründen abgewiesen, die zu dünn sind, um den neuen Weg zu rechtfertigen.“ Ein bestehender Schotterweg könne laut Kiraly mit anderskörnigem Kies verdichtet und damit die nötigen Eingriffe in das Naturschutzgebiet minimieren.

Laut dem Bescheid der Regierung entspricht jedoch ein solcher Radweg „nicht den Qualitätsvorstellungen für die Ziele der Gemeinde“. Unter anderem würde der Einsatz schwerer forstwirtschaftlicher Geräte den Belag stark beanspruchen, die Folge wären Spurrinnen und Schlaglöcher.

Zudem stelle die uneinsehbare Strecke, die durch einen Waldabschnitt des Naturparks Steigerwald führt, „einen Angstraum für Frauen“ dar. Im Antrag der Gemeinde steht zu lesen: „Auch wenn sich die Gemeinde des hohen naturschutzfachlichen Wertes dieses gewählten Trassenbereiches bewusst ist, überwiegt hier das öffentliche Interesse zum Schutz der Menschen.“

Seit dem Jahr 1993 ist der Talabschnitt zwischen Unterschleichach und Tretzendorf als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Der seit 2012 bestehende Erlebnispfad Tretzendorfer Weiher soll Familien dazu einladen, die Tier- und Pflanzenwelt vor Ort zu erkunden. Der nun genehmigte Radweg könnte den Lebensraum manch geschützter Art bedrohen, befürchten Mitglieder des BN.

Bürgermeister Sechser räumt ein: „Das ist eine schwierige Situation mit dem Naturschutzgebiet.“ Seit bereits 30 Jahren sei ein Radweg zwischen Tretzendorf und Unterschleichach geplant. Damals hätten die Gemeinde Oberaurach und die Regierung von Unterfranken vereinbart, das Vorhaben eines Naturschutzgebiets zu unterstützen – unter der Bedingung, dass dem Bau eines Fahrradwegs nichts im Wege steht.

Im weiteren Verlauf der Gespräche stellte sich jedoch heraus, dass für ein solches Vorhaben – entgegen schriftlicher Vereinbarungen – höhere Ausnahmegenehmigungen bei der Regierung beantragt werden mussten. Diese liegen nun vor, bestätigt auch der Bürgermeister – vorausgesetzt ein landschaftspflegerischer Begleitplan wird eingehalten: „Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen“ müssen nach dem Bescheid der Regierung sichergestellt werden.

Andreas Kiraly äußert seine Bedenken: „Das Naturschutzgebiet Tretzendorfer Weiher weist das bedeutendste Amphibien-Vorkommen Nordbayerns auf.“ Streng geschützte Arten leben laut Kiraly in dem Gebiet – der Ameisenbläuling, eine geschützte Schmetterlingsart, sei beispielsweise an bestimmte Wiesenflächen geknüpft, welche es im FFH-Gebiet „Buchenwälder und Wiesentäler im Nordsteigerwald“ gebe. Ein nach dem Umsetzen der Nester angesetztes Monitoring – darunter versteht man das Beobachten und Dokumentieren einer Art – könne lediglich feststellen, inwiefern die Maßnahmen greifen.

Die Mitglieder des BN reichten nun Klage gegen die von der Regierung ausgesprochene Baugenehmigung ein und streben ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an. Die Bauarbeiten sowie die damit verbundenen Ausgleichsmaßnahmen und umfangreichen Erdbewegungen seien „nicht verhältnismäßig“, betont Kiraly. Etwa 1,5 Hektar geteerte Strecke kämen laut dem BN-Ortsvorsitzenden zusammen – zudem müsse die Kleine Aurach verlegt und teilweise ein Höhenunterschied von etwa vier Meter ausgeglichen werden. Aktuell wird die Klageschrift noch geprüft. Damit liegt das Bauvorhaben vorerst auf Eis.

Zusätzlich zum Fahrradweg plant die Gemeinde eine Abwasserdruckleitung, die im Zuge der Bauarbeiten unter der Trasse verlegt werden soll. Ziel ist es, das Klärwerk in Unterschleichach stillzulegen und Ober-, Unter- und Neuschleichach an die Abwasserentsorgungsanlage in Kirchaich anzuschließen.

Der Antrag auf die benötigten wasserrechtlichen Genehmigungen ist bereits im Jahr 2016 an das Wasserwirtschaftsamt in Bad Kissingen gestellt worden – die Befreiungen stehen noch aus.

Geht es nach dem BN, soll die Gemeinde einen bestehenden Weg (im Bild) zum Radweg ausbauen.
Foto: Elena Schirmer | Geht es nach dem BN, soll die Gemeinde einen bestehenden Weg (im Bild) zum Radweg ausbauen.
Der parallel zur Straße geplante Radweg soll die existierenden Amphibientunnel nicht beeinträchtigen.
Foto: Elena Schirmer | Der parallel zur Straße geplante Radweg soll die existierenden Amphibientunnel nicht beeinträchtigen.
 
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  • G. F.
    Da steht wieder mal das Wohl eines Lurches über dem des Menschen.... Warum behandelt man nicht beide Lebewesen gleich?
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  • A. D.
    Das heißt also: möchten Lurche zur eigenen Bequemlichkeit in ihrer Freizeit durch ein Wohngebiet, so muss sich der Mensch mit Vertreibung und Zwangsumsiedelung aus seinem Lebensraum abfinden?
    Weil...nicht dass am Ende noch in der lokalen Lurchzeitung stehen muss "da wird mal wieder das Wohl eines Menschen über dem des Lurches gestellt!"
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